Konflikte
Biber – ein großer Förderer, aber auch Störenfried

Biber sorgen für Artenreichtum in der Natur. | Foto: graphicphoto_panthermedia
5Bilder
  • Biber sorgen für Artenreichtum in der Natur.
  • Foto: graphicphoto_panthermedia
  • hochgeladen von Veronika Mair

Biber finden im Bezirk Urfahr-Umgebung wertvollen Lebensraum – sie sorgen dadurch aber immer häufiger für Konflikte.

URFAHR-UMGEBUNG. Mehr als 100 Jahre galt der Biber als ausgestorben in Europa. Seit der Wiederansiedlung in den 1970er-Jahren ist er streng geschützt. Denn durch seine Baukunst – von beeindruckenden Biberburgen bis hin zu kunstvoll errichteten Dämmen – schafft der Nager als tierischer „Landschaftsarchitekt“ Lebensräume für zahlreiche Arten. Er trägt zudem maßgeblich zur Wiederherstellung natürlicher Flusslandschaften bei. Zur Population in Urfahr-Umgebung gibt es wenig offizielle Daten. "Ich selbst kenne etwa zwanzig Reviere im Bezirk, aber da fehlen einige", sagt Fabian Holzinger vom BeaverLab-Team. Bei der letzten OÖ-Kartierung, bei der auch Holzinger mitgearbeitet hat, versuchte man, eine Gesamtschätzung für das Bundesland abzubilden. Das Ergebnis: 2.200 Tiere auf einem Gewässernetz von mehr als 12.000 Kilometern. "Das sind gar nicht so viele. Die Population wird von Menschen oft maßlos überschätzt", so Holzinger.

Boden brach unter Traktor weg

Mit der Ausbreitung der Tiere kommt es aber immer häufiger zu Konflikten. Die Probleme treffen etwa die Landwirte im Bezirk. Bei fünf Feldern von Herbert Lehner aus Walding ist der Biber aktiv. Abgenagte Bäume seien hier das kleinere Thema. "Er frisst auf großen Flächen Zuckerrüben, Mais und Getreide", erzählt der Landwirt. Die erhaltene Entschädigung decke die Ernteeinbußen keineswegs. Vor zwei Jahren kam es zudem zu einer sehr gefährlichen Situation: Lehner brach mit dem Traktor in einen Biberbau ein, der unter der Wiese gegraben und daher nicht sichtbar war. Er zog sich dabei eine Platzwunde zu, als er durch das plötzliche Absacken mit dem Kopf gegen die Kabine der Maschine stieß. "Natürlich hat der Biber seine Berechtigung, aber die Tiere werden momentan einfach zu viel", so Lehner.

Herbert Lehner brach mit dem Traktor in einem Biberbau ein. | Foto: MeinBezirk/Veronika Mair
  • Herbert Lehner brach mit dem Traktor in einem Biberbau ein.
  • Foto: MeinBezirk/Veronika Mair
  • hochgeladen von Veronika Mair

Lockerung des Schutzstatus erwünscht

Auch im Teich von Alois Hinterhölzl in Zwettl wohnt eine Biberfamilie. Seine Laubbäume in der Nähe haben die Nager bereits abgeholzt. "Sie sind mir dadurch nicht wirklich sympathisch", so der Zwettler. Bezirksbauernobmann Peter Preuer aus Oberneukirchen wünscht sich eine Lockerung des Schutzstatus: "Davon wird schon lange gesprochen. Daher versteht keiner, warum nichts passiert. Es gibt mittlerweile wieder genug Biber." Schutzmaßnahmen, wie etwa Bäume einzuzäunen, würden nicht viel Erfolg bringen. "Das Tier gräbt sich unten durch oder nagt den Zaun ab." Eine Entschädigung zu erhalten, wäre für die Landwirte enorm kompliziert und aufwendig. "Und ist meistens sehr gering in Relation zum Schaden", so Preuer.

Eine Biberrutsche bei der Rodl in Walding. | Foto: Veronika Mair
  • Eine Biberrutsche bei der Rodl in Walding.
  • Foto: Veronika Mair
  • hochgeladen von Veronika Mair

Verletzter Biber musste lange leiden

Auch vor öffentlichen Flächen macht der Nager nicht Halt. In Feldkirchen hat er sich etwa bei den Flutern neben den Badeseen angesiedelt. Für Bürgermeister David Allerstorfer ein heikles Thema. Denn: "Es ist gefährlich, wenn er die Straße untergräbt und diese dann nachgibt, wenn ein Auto fährt." Im vergangenen Sommer kam es im Pesenbachtal zu einem traurigen Vorfall. Wanderer entdeckten einen schwer verletzten Biber und meldeten dies dem Ortschef. "Erst nach langem Hin und Her mit dem Naturschutz durfte der Jagdleiter das Tier erlösen", so Allerstorfer.

Population regelt sich

Warum ein illegales Töten der Nager kontraproduktiv ist, erklärt Fabian Holzinger von BeaverLab: "Biber sind territorial und besiedeln entlang eines Gewässers ein für die kleine Familie – im Durchschnitt 5, 6 Tiere – ausreichend großes Revier, in dem sie meist ihr ganzes Leben verbringen. Lediglich ein bis drei Junge werden pro Jahr geboren und verbringen mindestens zwei Jahre bei den Eltern, bevor sie sich ein eigenes Revier suchen." Sind dann alle möglichen Lebensräume besiedelt, geht die Reproduktionsrate zurück und es bildet sich ein Populationsplateau. "Im Mühlviertel konnte die letzten zehn Jahre gut beobachtet werden, wie sich Biber von der Donau aus bis zur europäischen Wasserscheide ausbreiteten, woraufhin die Population stagniert", so Holzinger. Wird durch ein Entnehmen eines Tiers ein Revier frei, würde dieses bald wieder besiedelt und die Reproduktionsrate dadurch künstlich hochgehalten werden.

Konflikte häufen sich durch Eingreifen

Durch das Eingreifen in den Lebensraum der Biber würden die Konflikte laut Holzinger mehr, statt weniger. Denn die sesshaften, auf Sicherheit bedachten Tiere müssen wieder von vorn anfangen – zerstörte Biberdämme aufbauen, neues Baumaterial und damit mehr Fällungen, etc. "Die Bedürfnisse von Bibern sind im Grunde uns Menschen sehr ähnlich: Sie sind sesshaft, wollen ein sicheres Zuhause, keine Dürre und kein Hochwasser und bauen hierfür ihre eigene Infrastruktur", so Holzinger.

Biber schafft Artenreichtum

Durch ihre Bauten tragen die Biber laut Naturschutzbund Oberösterreich einen ganz wesentlichen Beitrag zur Renaturierung bei: Wasserlebensräume werden vielfältiger und dynamischer, er reaktiviert "alte" Feuchtgebiete und schafft neue, der Strukturreichtum an und in Gewässern steigt und das Totholz nimmt zu. Durch seine rege Bautätigkeit beeinflusst der Nager die Lebensräume anderer Tierarten der Auen. Wo er das Gewässer gestaltet, verbessert er die Lebensbedingungen unter anderem für Schwarzstorch und Eisvogel sowie viele Amphibien- und Libellenarten. Auch MeinBezirk-Leserin Ulrike Plakolm bestätigt das: "Ich bin seit vielen Jahren bei der kleinen Rodl unterwegs. 2020 habe ich dort erstmals einen Eisvogel beobachten können – also erst, seitdem der Biber dort wieder anzutreffen ist und dementsprechend dichte Dämme geschaffen hat."

Ein wertvoller Verbündeter

Kaum ein anderes Tier ist laut Naturschutzbund als „Leitart“ für eine intakte Auenlandschaft besser geeignet. „Wenn der Biber mehr Platz zum Leben bekommt, ist er einer der wertvollsten Verbündeten im Kampf gegen den Artenschwund, bei der Gewässerrenaturierung und beim Hochwasserschutz. Wir sollten die Fähigkeiten des tierischen Landschaftsarchitekten nutzen – er kann es mitunter sogar besser und billiger als so manche menschliche Maßnahme“, so Naturschutzbund-Expertin Carolina Trcka-Rojas.

Biber sorgen für Artenreichtum in der Natur. | Foto: graphicphoto_panthermedia
Entlang der Rodl in Walding. | Foto: Veronika Mair
Herbert Lehner brach mit dem Traktor in einem Biberbau ein. | Foto: MeinBezirk/Veronika Mair
Eine Biberrutsche bei der Rodl in Walding. | Foto: Veronika Mair
Ein Durchgang zur Rodl in Walding. | Foto: Veronika Mair

Anzeige
Foto: IV
Video

Industriellenvereinigung
Wirtschaftsliberalismus, weil weniger mehr bringt!

Weniger ist mehr – und bringt jedem mehr! Vor allem, wenn es um die Einmischung des Staates geht. Wirtschaftsliberalismus reduziert die Rolle des Staates in der Wirtschaft und setzt auf freien Wettbewerb. Wie gut es funktioniert, zeigen Länder wie die Schweiz, Australien oder Kanada. Weniger Staat hilft der WirtschaftIn Österreich und Europa erleben wir einen „Trend zur Staatsintervention“ mit hohen Steuern, Überregulierung und Subventionen mit der Gießkanne. Für die Menschen lohnt sich...

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Urfahr-Umgebung auf MeinBezirk.at/Urfahr-Umgebung

Neuigkeiten aus Urfahr-Umgebung als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk Urfahr-Umgebung auf Facebook: MeinBezirk Urfahr-Umgebung

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Veranstaltungs-Tipps, Partyfotos und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.