Sicherheit
Freiwillige Perfektionstrainings für junge Mopedlenker
Mopeds gehören zu den gefährlichsten Verkehrsmitteln. Um den Jugendlichen mehr Fahrpraxis zu ermöglichen, bieten Land OÖ und AUVA ab sofort Moped-Perfektionstrainings an. Entwickelt wurden diese gemeinsam mit den Experten der Fahrschule Pichler aus Neufelden.
OÖ, NEUFELDEN. "Die Statistik ist erschütternd", sagt Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner. Ab einem Alter von 15 Jahren schnellen die Unfallzahlen in die Höhe. Ausschlaggebend für die hohe Verunglückungsrate sind Mopeds. Sie gehören zu den gefährlichsten Verkehrsmitteln und sind "24- bis 25-Mal gefährlicher als das Radfahren", so Steinkellner. 2019 ereigneten sich 759 Mopedunfälle bei denen 857 Mopedlenker verunglückten. Sechs junge Menschen verloren dabei ihr Leben. Die Statistik zeigt, dass ein großer Teil der Mopedunfälle Alleinunfälle sind, also im unmittelbaren Einflussbereich der Lenker selbst liegen. Die Gefahren sind neben der Witterung und den Fahrbahnverhältnissen auch Ablenkungen, Risikofreude, überhöhte Geschwindigkeit oder aufgestaute Emotionen. Das Land OÖ startet daher gemeinsam mit der AUVA eine neue Verkehrssicherheitskampagne.
"Fahr sicher heit und morgen"
Unter dem Motto "Fahr sicher heit und morgen" werden Moped-Perfektionstrainings angeboten. Damit sollen sowohl die praktische Ausbildung als auch die Bewusstseinsbildung gefördert werden. "Der Fokus liegt auf der Fahrpraxis im Straßenverkehr. Unter Anleitung speziell geschulter Trainer kann in sicherem Umfeld das Fahrverhalten verbessert werden", sagt Steinkellner. Vorbild für das Perfektionstraining junger Mopedlenker ist die Mehrphasenausbildung beim Führerschein der Klasse B. Auch hier können die Jugendlichen nach der Führerscheinausbildung die Kenntnisse festigen und Fahrpraxis sammeln.
Fahrpraxis wird verdoppelt
Aktuell sind für die Führerscheinklasse AM zwei Praxisstunden im öffentlichen Verkehr zu absolvieren. Mit dem neuen Perfektionstraining wird die Zeit an Fahrpraxis verdoppelt. Die Initiative wird auch von den Fahrschulen begrüßt, so Joachim Steininger, Fachverbandsobmann der Fahrschulen in der Wirtschaftskammer OÖ. Erste Pilottrainings fanden in der Fahrschule Pichler in Neufelden statt. „In der Fahrschule erleben wir hautnah, welche Gefahren im Straßenverkehr für unsere Führerscheinneulinge lauern", sagt Herbert Pichler. Der Fahrschul-Inhaber tritt daher schon länger dafür ein, dass Jugendliche ein Maximum an Fahrpraxis mit geschulten Trainern erhalten. Mit dem Praxiswissen der Fahrschule und den Ergebnissen der ersten Trainings wurde das neue Format entwickelt und auf die Zielgruppe der jungen Mopedlenker maßgeschneidert.
Fahren in der Gruppe als Schwerpunkt
In Neufelden haben die ersten zehn Jugendlichen das Training erfolgreich absolviert. "Einer der Schwerpunkte im Training ist das Fahren in der Gruppe. Wir sehen sehr häufig, dass Abstände falsch eingeschätzt werden und Zusammenstöße dadurch vorprogrammiert sind. Wichtig aus unserer Erfahrung und den Pilottrainings heraus sind auch das richtige Einordnen beim Linksabbiegen und die richtige Blicktechnik. Vielfach wird die Abfolge aus Schauen, Blinken und Einordnen zu spät eingeleitet, was ein erhebliches Unfallrisiko nach sich zieht. Auch das Verhalten im Kreuzungsbereich an Stopptafeln wird geübt. Es lässt sich beobachten, dass bei Fahrten in der Gruppe meist nur der Vorderste ordnungsgemäß hält und die Verkehrslage beurteilt", sagt Pichler. Er empfiehlt daher, den Termin für das Perfektionstraining im Idealfall gleich beim Abholen des Führerscheins zu vereinbaren.
Teilnahme ist 2021 gratis
Angeboten werden sollen die Moped-Perfektionstrainings künftig direkt über die Fahrschulen und Fahrtrainingszentren in ganz Oberösterreich. "Wir sind derzeit dabei, das Programm auszurollen und hoffen, dass viele Fahrschulen teilnehmen", so Steininger. Jene Fahrschulen, die die Moped-Perfektionstrainings anbieten, werden künftig auf auva.at/perfektionstraining zu finden sein. Für den bestmöglichen Erfolg wird in Kleingruppen trainiert. "Dabei setzen wir auf altersgerechte Bewusstseinsbildung, auf Wissensvermittlung und Selbstreflexion kombiniert mit dem notwendigen Praxistraining. Gerade bei jungen Menschen ist das Thema Risikokompetenz, das richtige Einschätzen von Gefahren und des eigenen Vermögens damit umzugehen von entscheidender Bedeutung", sagt Marina Pree-Candido, Direktorin der AUVA-Landesstelle Linz. Mit finanzieller Unterstützung von AUVA und Land OÖ können Jugendliche das Training zu vergünstigten Preisen absolvieren. "Im Aktionsjahr 2021 ist die Teilnahme sogar kostenlos möglich“, kündigt Erhard Prugger, Vorsitzender der AUVA-Landesstelle Linz, an.
"Moped-Tuning ist lebensgefährlich"
Neben dem Praxistraining auf der Straße wird auch die Verkehrstüchtigkeit der Mopeds gemeinsam unter die Lupe genommen. Die jungen Mopedlenker bekommen eine Checkliste an die Hand, mit der sie künftig selbst vor Fahrtantritt die Sicherheit ihres Mopeds überprüfen können. Wie wichtig das ist, zeigen die Daten der technischen Prüfstelle des Landes OÖ. Im Vorjahr wurden bei zwei Dritteln der überprüften Mopeds Mängel festgestellt. Ein großes Problem ist das Moped-Tuning, bei denen die Fahrzeuge so umgebaut werden, dass sie mehr Leistung bringen und schneller fahren. Im Jahr 2020 wurden im Bereich der Landespolizeidirektion Oberösterreich insgesamt 466 Mopedlenker aus dem Verkehr gezogen, deren Mopeds die 45 km/h-Grenze überschritten haben. "Moped-Tuning ist nicht nur strafbar, es ist lebensgefährlich. Im Jahr 2019 kamen auf Oberösterreichs Straßen sechs Mopedlenker ums Leben. Die nicht angepasste Geschwindigkeit zählt zu den Hauptursachen bei Unfällen", warnt Klaus Scherleitner, Leiter der Landesverkehrsabteilung OÖ. Wird man dabei erwischt, kommt es nicht nur zur Kennzeichenabnahme und zu Geldstrafen, sondern es kann auch Auswirkungen auf den Erwerb der Führerscheinklasse B bzw. der vorgezogenen Lenkerberechtigung geben.
Freiwillige Prüfung als Pilotprojekt
Zusätzlich zur Sicherheitskampagne "Fahr sicher heit und morgen" wird in Oberösterreich derzeit auch ein Pilotprojekt umgesetzt: eine freiwillige Führerscheinprüfung für Mopedfahrer. Zur Erlangung eines Moped-Führerscheins gibt es in Österreich derzeit keine praktische Nachweispflicht gegenüber einem externen Prüfer. Eine Studie zeige laut Peter Aumayr, Leiter der Abteilung Verkehr des Landes Oberösterreich, jedoch, dass "58 Prozent der Kandidaten bei einer Prüfung durchgefallen wären". Im Rahmen des Pilotprojekts sollen nun "potentielle Defizite im Rahmen der praktischen Prüfung untersucht und transparent offengelegt“ werden, erklärt WKO-Fachverbandsobmann Joachim Steininger. Das Projekt ist bis zum aktuellen Zeitpunkt in Österreich noch einzigartig. Die Teilnahme der Fahrschüler findet auf freiwilliger Basis statt. Mittels Anreizsystemen, wie etwa Gutscheinen für die L17-Ausbildung, soll aber eine rege, freiwillige Teilnahme erfolgen. Über die Ergebnisse dieses Pilotprojekts sowie ableitbare Maßnahmen wird nach vorliegenden Ergebnissen und erfolgten Analysen transparent berichtet werden.
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