St. Martin testet Nacht ohne Glockenschlag

- Pfarrer Reinhard Bell vor zwei Glocken im Kirchturm. Er zeigt dabei auf den Hammer, der fürs Glockenschlagen verantwortlich ist.
- hochgeladen von Alfred Hofer
Pfarrer Reinhard Bell: „Ich kann jene Menschen verstehen, die das Glockenschlagen stört.“
ST. MARTIN (alho). Die Nacht von Donnerstag, 20. auf Freitag, 21. November verlief ungewöhnlich leise am Marktplatz: Es fehlte das regelmäßige Glockenschlagen. Pfarrer Reinhard Bell möchte in einer Probephase herausfinden, ob den Leuten in seiner Pfarre etwas fehlt: „Bei uns in der Pfarre gab es keinen Streit, aber ich habe Personen gefragt, die daneben wohnen", sagt Bell. "Viele Leute sagen, sie hören das Glockenschlagen schon gar nicht mehr, sie haben sich daran gewöhnt. Es gibt vereinzelt aber auch Menschen, die es stört.“ Auf die Idee seines Tests ist er vor kurzem gekommen. Auslöser war die Berichte in den Zeitungen, über eine Anzeige von Anwohnern gegen das Glockenschlagen des Linzer Doms in der Nacht. Im Wiener Stephansdom hat man das Glockenschlagen nachts bereits vor längerer Zeit abgestellt. Pfarrer Bell gefällt in den Diskussion zum Thema das Argument, "die Kirche war schon früher da" nicht.
Sorgen ernst nehmen
Bell – dessen Name auf Deutsch Glocke heißt sagt: „Ich liebe das Glockenschlagen, kann aber Menschen verstehen, die das stört. Zum Beispiel jene, die einen leichten Schlaf haben. Als Kirche sollten wir ehrliche und berechtigte Sorgen ernst nehmen."
Er will nicht, dass das Glockenschlagen ideologisiert wird. "Wenn das Schlagen nicht dem Wohl oder Heil des Menschen dient, kann es auch Veränderungen geben. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, die eine gewisse Toleranz von allen verlangt“, sagt Bell. Er verweist aber auch auf die heilsame und beruhigende Wirklung von Klangschalen und Gongs: „Ich verstehe aber eine junge Familie mit Baby, oder wenn jemand nicht mehr schlafen kann, da er sich durch den nächtlichen Glockenschlag gestört fühlt", betont Reinhard Bell. Er erwartet im Gegenzug von Menschen, die der Kirche fernstehen und anderen Religionen angehören, das Glockenschlagen zu respektieren. Aber: "Gesundheit soll nicht gegen Religionsfreiheit ausgespielt werden. Beides sind wichtige Werte unserer Gesellschaft“, sagt Bell.
Die Frage, ob die Glocken in der Nacht schlagen sollen oder nicht, stellt sich in der Stadt Rohrbach nicht: Die Kirchenuhr ist kaputt und wartet auf Reparatur. Die Glocke schlägt daher derzeit nicht. Stadtpfarrer Alfred Höfler: „Ich finde, es ist Gewohnheit, aber für mich ist das Glockenschlagen kein Dogma. Bei entsprechenden Wünschen oder Beschwerden würden wir im Pfarrgemeinderat darüber diskutieren."
Zur Sache:
Beim Glockenschlagen schlägt ein Hammer außen auf die Glocke. Zu jeder Viertelstunde schlägt dieser auf eine kleinere Glocke und zur vollen Stunde auf eine größere.
Beim Glockenläuten bewegt sich die Glocke durch einen Motorantrieb und ein frei hängender Klöppel schlägt im Inneren an die Glocke.
In der katholischen Kirche gibt es in der Regel täglich das dreimalige Glockenläuten am Morgen, um die Mittagszeit und am Abend (der Engel des Herrn oder Angelus).
Die Christen sind dabei eingeladen innezuhalten, zu beten und sich an die Erlösung durch Jesus Christus zu erinnern.
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