Tschninäun, Ream und Häfn
Rohrbacher Dialekt ist so vielfältig wie die Menschen, die hier leben

- Franz Gumpenberger ist ehemaliger Richter und Radiomoderator.
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Tschninäun, Ream und Häfn: Der heimische Dialekt ist so vielfältig wie die Menschen, die hier leben.
BEZIRK ROHRBACH. Wer viel tschniäut, arbeitet hart. Ein Ream, also ein Gürtel, sorgt dafür, dass die Hose sitzt, während einem beim Rean die Tränen kommen. Das Häfn ist das Gefängnis – hier kann es sich aber auch um einen Kochtopf oder die weibliche Brust handeln. Der heimische Dialekt ist so vielfältig wie die Menschen, die hier leben.
Einem, dem die Rohrbacher Mundart sehr am Herzen liegt, ist Franz Gumpenberger: "Der Dialekt hat eine gewisse Melodie, eine gewisse Lautmalerei, die in der Schriftsprache gar nicht so herüberkommt. Dadurch ist es möglich, vieles wohlklingender auszudrücken." Der Dialekt sei laut dem 81-Jährigen zudem ein Türöffner: "So kann man gleich einordnen, woher jemand kommt. Das Gegenüber verrät dadurch nämlich auch einen Teil seiner Identität."
Nähe zu Hörern geschaffen
Bei seiner Tätigkeit als Moderator bei Radio Oberösterreich legte er großen Wert darauf, nicht nach der Schrift zu sprechen. Nicht nur das: Selbst von der Redaktion wurde es gewünscht, dass er sich in seiner "Muttersprache" ausdrückt. "Guadn Abeind beinand", so begrüßte er die Zuhörer gerne zu seinen Sendungen. Seine Erdverbundenheit machte ihn bei vielen sympathisch. Gleichzeitig schuf er mit der Aussprache im Dialekt eine gewisse Nähe zu seinen Hörern. "Da habe ich mich auf einer gewissen Ebene befunden, die das Publikum angesprochen hat. Es wirkte authentisch und die Menschen konnten sich damit identifizieren", erzählt Gumpenberger.
Sich nicht genieren
Selbst als Richter war dem heute 81-Jährigen der Dialekt sehr wichtig. "Im Gerichtssaal habe ich oft erlebt, wie sich manche krampfhaft bemüht haben, nach der Schrift zu sprechen. Ich habe ihnen dann gesagt, sie sollen einfach so reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das hat einiges erleichtert und sie haben sich dann oft auch etwas wohler und gefühlt." Gumpenberger betont in diesem Zusammenhang, dass sich niemand, der im Dialekt spricht, genieren darf. "Nur weil man anders redet, heißt das nicht, dass man besser oder schlechter, intelligenter oder dümmer ist."

- Werner Pfleger und Ingrid Laic haben beim Juiwegga Dudn mitgearbeitet.
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Diese Meinung teilen auch Werner Pfleger und Ingrid Laic, die gemeinsam mit Edda Seidl-Reiter – welche 2022 verstorben ist – den "Juiwegga Dudn" veröffentlicht haben. "Der Dialekt ist lange Zeit als etwas Negatives angesehen worden. Aber das hat sich Gott sei Dank geändert. Das Selbstbewusstsein für die Mundart ist seit der Erscheinung des Juiwegga Dudns ganz wesentlich gestiegen", ist Laic überzeugt. Elf Jahre lang hat Edda Seidl-Reiter Dialektbegriffe gesammelt, aufgeschrieben und dann übersetzt. Auf den Markt kam dieses spezielle Wörterbuch dann im Jahr 2002 – darin eingebunden auch eine CD mit Tonaufnahmen. "Es soll ja jeder wissen, wie man die Wörter richtig ausspricht", sagt Werner Pfleger.
Zwo, zwe oder zwoa?
"Der Dialekt ist Teil unserer Kultur und eine wahre Bereicherung. Man könnte es auch als Code oder Geheimsprache bezeichnen, da es nicht jeder versteht. Wir Mühlviertler sind Sprachtalente, denn man muss genau heraushören, was gemeint ist", erzählt Laic. Zu beachten sind dabei auch die diakritischen Zeichen, also Punkte, Striche, Häckchen, Bögen oder Kreise, die einem Buchstaben übergesetzt werden und somit Einfluss auf die Aussprache eines Wortes nehmen. "Wenn man etwas nicht korrekt betont, kann ganz schnell ein anderes Wort entstehen und der Verlauf der Unterhaltung in eine ganz andere Richtung gehen", schmunzelt Laic.
Zudem gibt es Begriffe, die geschlechtsgebunden sind. Während mit "zwo" zwei Frauen gemeint sind, handelt es sich bei "zwe" um zwei Männer. Wer von "zwoa" redet, kann sowohl Männlein als auch Weiblein meinen. Das alles wird im "Juiwegga Dudn" geklärt. Der Juiwegga Dudn ist mittlerweile leider vergriffen. Ingrid Laic und Werner Pfleger haben jedoch geplant, das Werk in Form eines E-Papers zur Verfügung zu stellen. Auch eine Erweiterung des speziellen Wörterbuches soll es geben.



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