Ursprung von Namen
Adalbert Stifter Institut stellt Ortsnamenbuch des Landes OÖ fertig

- Der „Verein zur Erforschung von Sprache und Name in Österreich“ (VESNA) verlieh Univ. Prof. Dr. Peter Anreiter, Innsbruck, die Ehrenmitgliedschaft. Überreicht wurde diese seltene Auszeichnung von Stephan Gaisbauer, Vorstandsmitglied von VESNA in Beisein von Karl Hohensinner, ebenfalls Vorstandsmitglied von Vesna.
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Am Ortsnamenbuch Oberösterreich wird weitergearbeitet und fertiggestellt! Nach dem Ableben des ehemaligen Herausgebers Peter Wiesinger liegt die Bearbeitung der noch fehlenden Bände in Händen des Leiters des OÖ Spracharchivs im Adalbert Stifter Instituts des Landes OÖ, Stephan Gaisbauer, und bei Historiker und Namenforscher Karl Hohensinner.
KALS, LINZ, GREIN. Das hochkarätige Kalser Namenkundliche Symposium wurde heuer zum 36. Mal in der Großglockner-Gemeinde abgehalten. Mit dabei aus Oberösterreich Stephan Gaisbauer und Karl Hohensinner vom Adalbert Stifter-Institut Linz. Zum Auftakt konnte die Kalser Bürgermeisterin Erika Rogl neben den Referenten das engagierte Organisationskomitee mit Peter Anreiter (Innsbruck), Marieluise Haslinger (Innsbruck) begrüßen. Stephan Gaisbauer referierte über „Alte Etymologien-neue Quellen. Über den Fortschritt beim Ortsnamenbuch Oberösterreich. Karl Hohensinner sprach zum Thema „Gemeinsame Familiennamen-Areale: Österreich-Tschechien“.
„Ortsnamenbuch des Landes Oberösterreich“
Das „Ortsnamenbuch des Landes Oberösterreich“ wurde in den 1980er-Jahren vom Wiener Germanistikprofessor Peter Wiesinger begründet. Die auf elf Bände geplante Buchreihe sollte das „Historische Ortsnamenlexikon“ von Konrad Schiffmann ersetzen, das vor allem sprachwissenschaftlich nicht mehr auf dem aktuellen Stand ist. Das Ortsnamenbuch soll die rund 16.000 Ortsnamen aller Gemeinden Oberösterreichs und ihrer Ortsteile in ihrer Entstehung und Bedeutung erklären.
Acht Bände erschienen
In den Jahren 1989 bis 2006 sind acht Bände zu den Bezirken des Innviertels (Braunau, Ried und Schärding), des Traunviertels (Gmunden, Kirchdorf, Steyr), des südlichen Hausruckviertels (Vöcklabruck) und des unteren Mühlviertels (Freistadt, Perg und Urfahr-Umgebung) erschienen. Danach wurde die Finanzierung des Werkes durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eingestellt.
Rohrbach, Wels, Linz, Linz-Land und Übersichtsband fehlen
Seit knapp zehn Jahren bemüht sich das Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich um die Fertigstellung des Werkes. So ist 2017 ein Band zu den Ortsnamen der Bezirke Grieskirchen und Eferding erschienen. Der Band zum Bezirk Rohrbach ist in Vorbereitung. Zwei weitere Bände zu Linz (Stadt und Land) und zu Wels (Stadt und Land) sind in Arbeit. Nach dem Ableben des ehemaligen Herausgebers Peter Wiesinger liegt die Bearbeitung der noch fehlenden Bände beim Historiker und Namenforscher Dr. Karl Hohensinner und beim Germanisten Mag. Stephan Gaisbauer.
Die Bände zu den fehlenden Bezirken Linz und Wels werden in den nächsten fünf Jahren erscheinen. Den Abschluss bildet ein Übersichtsband mit allgemeinen Erklärungen, Registern und Landkarten zu Namentypen. Parallel dazu wird an einer digitalen Aufbereitung gearbeitet, in welcher georeferenzierte Informationen zu allen Ortsnamen Oberösterreichs geboten werden sollen.
Beispiel für Herkunft von Namen
Woldrich und Mörxbauer
(Auszug aus Referat Karl Hohensinner)
"Die Familiennamen Woldrich und Mörxbauer stammen aus dem Böhmerwald", informierte Karl Hohensinner. Diese Familiennamen gibt es in Österreich, Tschechien und Deutschland.
Mörxbauer
Familiennamen haben oft Varianten. Zu Mörxbauer gibt es die Varianten Mörixbauer und Merxbauer. Zu Woldrich die Varianten Woldřich, Voldřich und Oldřich.
Der Familienname Mörxbauer stammt vom Hofnamen Mörixhof ab. An dessen Stelle befindet sich heute der Segelbothafen Marina Lipno am Moldaustausee. Der Mörixhof ist von Adalbert Stifter in der Erzählung der Waldgänger verewigt. Der Hof wurde vor 500 Jahren nach einem Mann namens Merax benannt (Meraxenhof).
Es bildete sich eine nördliche Variante des Namens "Merxbauer", derzeit 176 Personen in Tschechien, Mörixbauer etwa 150 Personen in Österreich, Mörxbauer sehr selten in Österreich und etwa 100 Personen namens Mörixbauer in Deutschland, deren Vorfahren aus der Tschechoslowakei stammen.
Woldrich
Der Familienname Woldrich ist eine Form des Heiligennamens Ulrich. Im Mittelalter war der Name bei Adeligen in Böhmen sehr beliebt. Auf Deutsch damals Udalrich. Woraus tschechisch Oldřich entstand. Der Name verbreitete sich im Böhmerwald als Familienname. Woldrich ist in Tschechien, Österreich und Deutschland verbreitet. Wobei etwa 300 Personen in Österreich Woldrich heißen. In Tschechien heißen 11 Personen Woldrich, 26 Woldřich, 951 Personen Voldřich. Die größte Dichte von Woldrich (mit Varianten) ist im Bezirk Winterberg im westlichen Böhmerwald. Die Form mit W oder V ist die böhmische Variante, die mährische Variante lautet Oldřich und ist sehr selten. Die deutsche Variante des Familiennamens, also Ulrich, tragen in Tschechien hingegen 2078 Personen, in Österreich sind es etwa gleich viel.
Ehrenmitgliedschaft für Univ. Prof. Dr. Peter Anreiter
Der „Verein zur Erforschung von Sprache und Name in Österreich“ (VESNA) verlieh Univ. Prof. Dr. Peter Anreiter, Innsbruck, die Ehrenmitgliedschaft. Überreicht wurde diese seltene Auszeichnung von Stephan Gaisbauer, Vorstandsmitglied von VESNA in Beisein von Karl Hohensinner, ebenfalls Vorstandsmitglied von Vesna. Peter Anreiter erhielt diese hohe Auszeichnung für seinen jahrzehntelangen und intensiven Einsatz für die Namenforschung in Österreich, die er durch seine Forschungen, Veranstaltungen, Vorträge, Publikationen usw. wesentlich mitgestaltet und vorangetrieben hat.
Die Vorträge im Überblick
1. Georg Anker (1): Von den Namen im pannonischen Raum
2. Georg Anker (2): Buchpräsentation
3. Peter Anreiter: Aus dem Kalser Namenschatz extrahierbare romanische Basis-appellativa (ausgewählte Beispiele)
4. Hubert Bergmann: Onomastische Aspekte der slowenischen Zuwanderung in kroatische Gemeinden Westungarns und Niederösterreichs im 17. Jahrhundert
5. Harald Bichlmeier (1): Das Etymologische Wörterbuch des Althochdeutschen, Band 8: Vorstellung des Bandes mit Ausblick auf die Namenkunde
6. Harald Bichlmeier (2): Wendersreuth in der Oberpfalz und Zwentendorf in Niederösterreich ‒ zu Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten im Vorderglied
7. Wolfram Euler: Die Sprachenvielfalt im Lys-Hochtal südlich des Monte-Rosa-Gebietes
8. Stephan Gaisbauer: Alte Etymologien ‒ neue Quellen. Über den Fortschritt im Ortsnamenbuch
9. Karl Hohensinner: Gemeinsame Familiennamen-Areale: Österreich ‒ Tschechien
10. Georg Holzer: Betrachtungen zum Namen der Stadt Scheibbs
11. Judith Jambor: Gute Berge ‒ böse Berge Bergnamen aus menschlicher Sicht
12. Wolfgang Janka: Vorstellung neuer Ergebnisse aus dem Projekt Die Ortsnamen des Regierungsbezirk Oberpfalz
13. Emanuel Klotz: Realproben zu slawischen Flurnamen in Osttirol
14. Andrea Krapf: Von „bange“ zu „teem“ ‒ Begriffe für Regen in englischen Dialekten
15. Stefan Schaffner: Zur Etymologie des Althochdeutschen
16. Harald Stadler: Slawische Flurnamen in Osttirol und archäologischer Befund
17. Florian Steindl: Tschechische Exonyme slavischer Ortsnamen des niederösterreichi¬schen Wald- und Weinviertels
18. Helmut Weinberger: Registerband zu Herbert Bräuers Slavische Sprachwissenschaft: Fragen und (mögliche) Antworten
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