Alfred Kollar
Preisrallye am Bau lässt OSG über Auftragsstopp nachdenken
Alfred Kollar, Obmann der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG), spricht im Interview über explodierende Baustoffpreise, Lieferengpässe und nicht mehr verwirklichbare Bauvorhaben.
MEINBEZIRK.AT: Die Baubranche kämpft mit massiv ansteigenden Preisen und Materialengpässen. Wie können Sie die Situation aus Sicht der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft beschreiben?
KOLLAR: Wir sind damit konfrontiert, dass viele Lieferanten für ihre Produkte fast schon wöchentlich die Preise erhöhen. Manche bieten nur noch zu Tagespreisen an, mancherorts gibt es angeblich sogar schon Stundenpreise.
Woran liegt das?
Die Preisexplosion lässt sich aus meiner Sicht schon lange nicht mehr alleine mit Corona und dem Ukraine-Krieg argumentieren. Seitens der Industrie gibt es offensichtlich bewusste Lieferengpässe und ein bewusstes Hinauftreiben der Preise.
Wer sind die Profiteure in dieser Situation?
Meiner Meinung nach sind es in erster Linie die Produzenten und Lieferanten, die scheinbar trotz allem volle Lager haben und trotzdem Lieferungen verzögern und verknappen.
Wie wirkt sich das in der Praxis aus?
Manche Baumaterialien werden verspätet oder nur noch in Kontingenten geliefert. Nachgelagerte Firmen wie Elektro oder Sanitär müssen zu ihren ursprünglichen Angebotspreisen stehen, obwohl sie vielleicht erst in einem Jahr auf der Baustelle arbeiten.
Bei welchen Baustoffen gibt es die größten Engpässe?
Stahl, Ziegel, Vollwärmeschutz, Haustechnik, Fliesen - praktisch überall. Bei Fliesen gibt es zumindest die Erklärung, dass derzeit die Ukraine als Produzent von Kaolin ausfällt, dem Grundstoff für die Fliesenerzeugung.
Kann die OSG alle ihre Bauprojekte verwirklichen?
Wir haben aktuell im Burgenland 160 Baustellen, die werden wir alle plangemäß abschließen. Vorgesehen war, dass wir heuer bis zu 50 weitere beginnen, aber es werden nicht einmal die Hälfte werden. Teilweise werden wir in Richtung Auftragsstopp gehen.
Wird es für die Mieter teurer?
Wir sind derzeit damit konfrontiert, dass bei einem durchschnittlichen OSG-Bau zwischen Baubeginn und Fertigstellung in knapp über einem Jahr die Preise um 15 bis 20 Prozent steigen. Um das für die Mieter auszugleichen, setzen wir daher Eigenmittel ein.
Wie wirkt sich die Preisrallye auf die Nachfrage aus?
Ein Bauwerber, der daran denkt, ein normales Einfamilienhaus zu errichten, muss mittlerweile mit Kosten von rund 600.000 Euro rechnen. Solche Bauwerber ziehen sich derzeit zurück, wir als OSG haben dafür massenhaftes Interesse an Reihenhäusern. 300 sind in Bau, 180 in Vorbereitung.
Wodurch kann sich die Entwicklung entspannen?
Aufhalten lässt sie sich meiner Meinung nach nur, wenn der Markt die Situation reguliert, wenn die Nachfrage nachlässt und wenn die Erzeuger einsehen, dass sie ihr Spiel nicht ewig spielen können.
Soll die öffentliche Hand mit höheren Förderungen dagegensteuern?
Da bin ich klar dagegen. Davon würden nur die Falschen profitieren.
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