Buwog-Prozess
Karl-Heinz Grasser muss für vier Jahre ins Gefängnis

Grasser wird in der Causa Buwog der Untreue schuldig gesprochen, ebenso der Geschenkannahme. Er muss vier Jahre in Haft. | Foto: HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com
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Am Dienstag hat der Oberste Gerichtshof (OGH) die Urteile in der Causa Buwog teilweise aufgehoben und ans Erstgericht zurückverwiesen. Die Strafen wurden reduziert: Ex-Minister Karl-Heinz Grasser wurde wegen Untreue und Geschenkannahme durch Beamte statt acht zu vier Jahre Haft verurteilt. Grasser: "Ich weiß, dass es ein Fehlurteil ist". Auch bei den anderen wurden die Haftstrafen reduziert. Die Verurteilten müssen 5 Millionen Euro Schadensersatz zahlen. Damit wurde teilweise ein Schlussstrich unter den größten Korruptionsfall der Zweiten Republik gezogen. 

ÖSTERREICH. Bereits seit 16 Jahren zieht sich die juristische Aufarbeitung der Buwog-Privatisierung, der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower und der Telekom-Affäre. Die Verteidigung der Angeklagten kritisierte die lange Verfahrensdauer und den Anschein der Befangenheit der Erstrichterin.

Der OGH verkündete am Dienstag seine Entscheidung in der Causa Buwog & Co. über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sechs weiteren nicht rechtskräftig Verurteilten.

Das Urteil des Erstgerichts gegen Grasser wurde vom Obersten Gerichtshof teilweise aufgehoben, seine Strafe reduziert. Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger bekommt drei Jahre Zusatzstrafe, zum Teil bedingt, Walter Meischberger 3,5 Jahre unbedingte Freiheitsstrafe. Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics bekommt 12 Monate.

Die Strafe des einstigen Trauzeugen Grassers und Mitangeklagten Walter Meischberger wird auf 3,5 Jahre reduziert (beides unbedingt). | Foto: HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com
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Grasser: "Ich weiß, dass es ein Fehlurteil ist" 

Senatspräsidentin Christa Hetlinger begründete die Entscheidung damit, dass im Urteil des Erstgerichts nicht alle Feststellungen getroffen worden seien, die für einen Schuldspruch erforderlich gewesen wären. Der OGH bestätigt Verfahrensmängel beim Erstgericht, so seien etwa Verjährungen nicht gewürdigt worden. Aus diesem Grund wurde etwa die Urkundenfälschung bei Grasser aufgehoben.

Grasser, der nun vier Jahre ins Gefängnis muss, nahm den Urteilsspruch stoisch entgegen. Auch Meischberger und die übrigen Angeklagten (Hochegger fehlte im Gerichtssaal) blieben unbewegt. Beim Verlassen des Saales sagte Grasser: "Ich weiß, dass es ein Fehlurteil ist". Er sei in seinen Menschenrechten und in seinem Leben verletzt worden und werde daher den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anrufen. Dieses Rechtsmittel habe keine aufschiebende Wirkung, das sei ihm bewusst. Vorher müsse er die Haft antreten. 

"Kein unfaires Verfahren"

Die damalige Erstrichterin Marion Hohenecker sei im Zuge des Prozesses nicht befangen gewesen, die Besetzung entspreche dem Gesetz. Trotzdem könne Hetlinger den Beschwerden der Verteidigung "vollinhaltlich zustimmen" im Bezug auf unangemessene Äußerungen von Tweets des Ehemannes Hoheneckers, der selbst Richter ist. Ein "solches Verhalten eines Richter ist inakzeptabel", dennoch stehe sein Verhalten nicht auf dem Prüfstand. Fest stehe aber, sein Verhalten habe disziplinarrechtliche Maßnahmen zu Folge gehabt. Grundsätzlich sieht der Senat kein "unfaires Verfahren". 

Grassers Verurteilung in Beweismittelfälschung wurde gekippt. Sonst wurden alle Buwog- und Terminal-Tower-Urteile bestätigt. | Foto: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
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Feststellungsdefizit könnte Hochegger helfen

Bei der Causa Telekom/Valora wurde Hochegger eine Beitragstäterschaft zur Untreue angelastet, deren Tathandlungen wurden aber nur so beschrieben, dass sie Zahlungen in eine "schwarze Kassa" geleistet hätten. Hier werden die Schuldsprüche aufgehoben aufgrund von Mängeln im schriftlichen Urteil. Damit könnte Hochegger die Haft erspart bleiben.

Am Freitag äußerte sich bereits die Generalprokuratur zu dem Fall. Das beratende Gremium des Obersten Gerichtshofs empfahl, das erstinstanzliche Urteil in weiten Teilen zu bestätigen. Erwartungsgemäß stellten sich die Vertreter der Generalprokuratur hinter Richterin Marion Hohenecker. Diese Unterstützung wurde auch durch die lobenden Worte von Grasser und Meischberger in ihren Schlussplädoyers deutlich, in denen sie ihre Prozessführung würdigten. „Sie leitete die Hauptverhandlung ruhig, besonnen und gründlich“, so die Vertreterin der Generalprokuratur. 

Bei der Privatisierung der Bundeswohngesellschaften Buwog und bei der Einmietung der Finanz in den „Terminal Tower“ in Linz seien hohe Provisionszahlungen geflossen. | Foto: Buwog/Stephan Huger
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Wie geht es weiter?

Grassers Anwälte haben bei einer Bestätigung der Schuldsprüche und Strafhöhe bereits einen möglichen Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angekündigt, eine strafaufschiebende Wirkung hätte das aber nicht. Grasser hätte 30 Tage Zeit, seine Haft anzutreten. Dies könnte er wohl in Innsbruck tun müssen, da er in Tirol seinen Hauptwohnsitz hat. 

Hintergrund der Causa

Grasser und weiteren Angeklagten wurde im Buwog-Prozess vorgeworfen, bei der Privatisierung der Bundeswohnungen 2004 und der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower illegal mitkassiert zu haben. In der Buwog-Causa ging es um 58.000 Wohnungen österreichweit, die um 961 Mio. Euro privatisiert wurden. Im Zuge einer Hausdurchsuchung beim Bestbieter Immofinanz wurden Provisionszahlungen in Höhe von knapp zehn Millionen Euro an den Lobbyisten Peter Hochegger entdeckt. Es wird vermutet, dass diese Gelder über ein komplexes Netzwerk internationaler Firmen zwischen Grasser und weiteren Beteiligten aufgeteilt wurden. Die Ermittlungen zur Buwog-Causa starteten 2009, erst 2016 gab es eine Anklage, 2020 fielen die Urteile. Acht Jahre fasste Grasser am Wiener Straflandesgericht aus. Die Angeklagten blitzen dann 2023 beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ab. Bei den Anträgen ging es um eine vermeintliche Befangenheit von Richtern und die Hemmung von Verjährungsfristen. 

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