Sterblichkeit von Covid-19 nach Land – der Vergleich macht Sie unsicher
Wer kennt noch den alten Werbeslogan von Siemens „Der Vergleich macht Sie sicher“? Vergleiche haben in Zeiten von SARS-Cov-2 Saison. Politiker teilen gerne Tabellen, die ihr Land auf Platz 1 oder 2 zeigt. Vor allem Sterblichkeitsraten und -zahlen sollen beweisen, wie gut man selbst ist und wie schlecht die anderen, insbesondere Schweden.
Aber man kennt auch die alte Weisheit von „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ Derzeit kursieren im Zusammenhang mit dem Coronavirus vor allen Daten und Grafiken mit „bestätigten Fällen“, oft auch noch falscher als „Erkrankungen“ bezeichnet. Warum diesen Statistiken nicht zu trauen ist, ist hier dargelegt.
Ähnliches passiert bei den Sterblichkeitszahlen. Es wird ein Ausschnitt genommen eingeengt auf mit oder an Covid-19 Verstorbene. Dabei erhält man damit kein klares Bild von der Situation eines Landes oder einer Region. Denn wegen verschobener Operationen und Behandlung anderer Krankheiten kommt es ebenfalls zu Todesfällen, die aber unbeachtet bleiben.
Doch in einer Gesamtbetrachtung der Todesfälle offenbart sich das komplette Bild, wie es Twitter User @DaFeid grafisch dargestellt hat.
In der Grafik oben sieht man die Todesfälle pro Million Einwohner vom 1. Jänner bis 7. Juni zusammengestellt aus den Daten des europäischen Statistikamtes eurostat. Und da sieht man, dass die gesamten Todesfälle pro Monat in Deutschland am höchsten sind, obwohl sie bei den reinen Covid-19 Todesfällen weit besser abschneiden als Spanien, Belgien, UK, Niederlande, Frankreich und Schweden.
Schweden hat auch weniger Todesfälle als seine Nachbarn Finnland und Dänemark, die immer gerne als Vergleich zu Schweden herangezogen werden. Das ist auch in der zweiten Grafik unten erkennbar, wo die kumulierten Todesfälle pro Million Einwohner von 1. Jänner 2020 bis 7. Juni aufgetragen sind. Die Zahlen in Schweden (grau) liegen unter denen von Finnland (orange) und Dänemark (blau), die beide einen Lockdown hatten, aber über denen von Norwegen (gelb).
Im dritten Chart unten sieht man, dass in einigen Ländern es zu einem Anstieg der Todesfälle pro Million Einwohner erst einige Zeit nach dem Lockdown kam, der ziemlich in allen Ländern (mit Ausnahme von Schweden) um Mitte März (Woche 11, 12 oder 13) erfolgte. Deutliche Wölbungen der Kurven nach oben zeigen Spanien (grau), Belgien (blau), UK (dunkelgrau), Frankreich (gelb) und Niederlande (hellblau). Die Kurve von Deutschland verläuft so ziemlich gerade, aber die meiste Zeit und ach am Ende wieder am weitesten oben, also die höchste Sterberate pro Million Einwohner. Schweden dagegen hat nur eine leichte Delle nach oben und insgesamt die tiefste Kurve, also die geringste Sterblichkeit pro Million von den verglichenen Ländern.
Sehr spannend ist auch der Vergleich der Gesamtsterblichkeit im vierten Chart unten zwischen dem Jahr 2018, wo eine etwas stärkere Grippewelle war, und dem Jahr 2020 jeweils bis zur Woche 23. Hier sieht man 6 Länder, bei denen die kumulierte Sterblichkeit der ersten 23 Wochen 2018 über denen von 2020 liegt, nämlich Ungarn, Deutschland, Finnland, Dänemark, Slowakei und Norwegen. Bei 4 Ländern gibt es fast keinen Unterschied, nämlich bei Schweiz, Österreich, Schweden und Portugal. 2020 etwas höhere Zahlen als 2018 haben 4 Länder nämlich Frankreich, Niederlande, UK und Spanien. In Summe, die beiden Balken ganz rechts, sind die Zahlen nahezu identisch.
Aus den Daten ist zumindest eines klar zu entnehmen: Nimmt man nur einen Teil der Todesfälle, so bekommt man kein deutliches Bild der Vorgänge in diesem Jahr. Wir erinnern uns an die Berichte in den Wochen unmittelbar folgend auf den Lockdown, dass es weniger Schlaganfälle und Herzinfarkte gegeben habe. Tatsächlich haben sich weniger Patienten in Spitäler zu gehen getraut, einerseits aus Angst vor Ansteckung und andererseits um diese nicht zu belasten. Bekannt ist zum Beispiel aus Italien, dass die Übersterblichkeit im Februar und März nur zu 52% auf Todesfälle in Verbindung mit einer Coronavirus Infektion stehen. Ähnliches wurde für die USA gezeigt.
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