Wohnbedarfsstudie Tirol
Bis 2033 werden rund 35.000 Wohnungen benötigt

- Leistbares Wohnen in Tirol im Fokus: die Wohnbedarfsstudie
- Foto: Land Tirol
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Das Land Tirol hat die Wohnbedarfsstudie Tirol 2024-2033 präsentiert. Fünf Handlungsempfehlungen in den Bereichen Bauland, Leerstand, Planung, Priorisierung und neue Wohnformen sollen den künftigen leistbaren Wohnungsmarkt leiten. Für rund 75.000 Wohnungen in Tirol keine Haupt- oder Nebenwohnsitzmeldungen vor. Die Opposition übt erwartungsgemäß Kritik und spricht bei der 77.000 Euro teuren Studie von einer Lachnummer.
INNSBRUCK. Welche Herausforderungen und gesellschaftlichen Trends haben Auswirkungen auf den Wohnungssektor in Tirol? Wie sieht der aktuelle und zukünftige Wohnbedarf in den Tiroler Bezirken aus? Wie viele Wohnungen müssen in den kommenden Jahren gebaut werden, um bedarfsgerecht zu handeln? Diesen und weitere Fragen widmet sich die Wohnbedarfsstudie Tirol 2024-2033“ – eine Forschungskooperation von Land Tirol und Universität Innsbruck.
Insgesamt gibt es derzeit rund 440.000 Wohneinheiten in Tirol. Die Studienergebnisse zeigen unter anderem, dass in Tirol bis 2033 zusätzlich rund 35.000 Wohnungen (knapp 3.900 pro Jahr) benötigt werden, um den Wohnbedarf – unter anderem im Hinblick auf das prognostizierte Bevölkerungswachstum – zu decken. Außerdem liegen für rund 75.000 Wohnungen in Tirol keine Haupt- oder Nebenwohnsitzmeldungen vor, wobei ein Teil dieser Wohnungen touristisch, beispielsweise Ferienwohnungen, genutzt wird.
Zudem sind darin auch jene Wohnungen enthalten, die nicht als Wohnung genutzt werden – beispielsweise Einliegerwohnungen oder Büros, die im Gebäude- und Wohnregister (GWR) als Wohnung gemeldet sind – und Wohnungen, die temporär leer stehen – etwa zur Sanierung – sowie Eingaben im GWR, die nicht mehr aktuell sind.

- Christian Obermayr, Universität Innsbruck, und LHStv Georg Dornauer präsentierten die Studie.
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Handlungsempfehlungen
Um dem leistbaren Wohnungsmarkt der Zukunft zu begegnen, wurden fünf Handlungsempfehlung definiert – darunter die Mobilisierung von Bauland und Leerstand, die regional abgestimmte Erfassung von Wohnbedarf sowie die Förderung neuer Wohnformen und die Weiterentwicklung des geförderten Wohnbaus. „Die Ergebnisse dieser umfassenden Studie unterstreichen die Notwendigkeit, weitere innovative Lösungen für leistbares Wohnen in Tirol zu entwickeln und neue Wohnformen zu fördern. Neben dem Neubau ist es essenziell, ungenutzten bzw. leerstehenden Wohnraum zu aktivieren und mit Leben zu füllen sowie Gemeinden durch effektive Raumordnungsinstrumente zu unterstützen. Mengenmäßig gibt es grundsätzlich ausreichend Wohnungen in Tirol, doch sind nicht alle Wohnungen für die Wohnungssuchenden tatsächlich zugänglich. Das muss sich ändern – für alle Bevölkerungsgruppen und leistbar“, betont Wohnbaureferent LHStv. Georg Dornauer.
- Bauland mobilisieren: Raumordnungsinstrumente wie die Vertragsraumordnungen und Nachverdichtungen sollten stärker genutzt werden, um Bauland effizient zu mobilisieren.
- Leerstand aktivieren: Es braucht eine landesweite Leerstandsdatenbank, um ungenutzten Wohnraum zu identifizieren. Fördermaßnahmen könnten dazu beitragen, leerstehende oder unbewohnbare Wohnungen wieder bewohnbar zu machen.
- Wohnbedarfsplanung: Eine gemeinsame Definition und regionale Erfassung des Wohnbedarfs sowie eine abgestimmte Vergabe ist entscheidend, um Bedürfnisse unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen wie unter anderem Studierende, zugewanderte Menschen oder Familien besser abzudecken.
- Leistbaren Wohnbau priorisieren: Gemeinden sollten Zielwerte für leistbaren Wohnraum festlegen und die Leistbarkeit im Neubau muss kontinuierlich überwacht werden. Raumordnungsinstrumente zur Sicherung leistbaren Wohnens sind stärker zu nutzen.
- Neue Wohnformen und Vision Zukunft Wohnen 2035: Die Förderung innovativer Wohntypologien wie z.B. Mehrgenerationenwohnen oder inklusives Wohnen ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft. Eine Vision zum zukünftigen Wohnen in Tirol sollte entwickelt werden.
Wohnungsbestand
Der Wohnungsbestand liegt in Tirol bei aktuell rund 440.000 Einheiten. Tirol wird bis 2033 ein zusätzlicher Bedarf von rund 3.900 neuen Wohnungen pro Jahr prognostiziert. Diese Entwicklung resultiert aus dem Bevölkerungswachstum, der Zunahme kleinerer Haushaltsgrößen und veränderten Wohnbedürfnissen. Mit 22,6 Prozent liegt der Anteil an Wohnungen ohne Hauptwohnsitzmeldung (knapp 100.000 Wohnungen; davon rund 24.000 mit zumindest einer Nebenwohnsitzmeldung) in Tirol deutlich über dem Bundesdurchschnitt (18,2 Prozent).
„Es gibt vielfältige Ursachen für Wohneinheiten ohne Wohnsitzmeldung. Bei einem Teil dieser Objekte handelt es sich um Leerstand, dazu braucht es genauere Daten. Fakt ist, dass die Zahl der Wohnungen ohne Wohnsitzmeldung von 2014 bis 2023 in allen Bezirken Tirols deutlich zugenommen hat. Diese Entwicklung ist bedenklich. Investitions- und Spekulationstätigkeit sind vermutlich eine wesentliche Ursache“, erklärt der Leiter der Wohnbedarfsstudie Christian Obermayr.

- Die Handlungsfelder für das Land Tirol
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Kriterien berücksichtigen
Eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass der Wohnungsbedarf in Tirol je nach Region stark variiert. Urbane Gebiete wie Innsbruck stehen vor Herausforderungen wie steigenden Mieten und begrenztem Wohnraum, während ländliche Regionen teils mit Leerstand kämpfen. „Wohnpolitische Strategien müssen demnach auf die jeweiligen regionalen Gegebenheiten zugeschnitten werden. Neben quantitativen Aspekten sollten auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden“, so Obermayr. Gesellschaftliche Veränderungsprozesse spiegeln sich in den Anforderungen an ein zukünftiges Wohnen ebenso wie die Wohnbedürfnisse von spezifischen Bevölkerungsgruppen. Neue Wohnformen wie inklusives Wohnen oder Mehrgenerationenwohnen könnten hierbei Abhilfe schaffen. „Ein breiter gesellschaftlicher und politischer Prozess für eine Vision Zukunft Wohnen in Tirol 2035 sollte unbedingt angeregt werden. Denn nur wenn klar ist, wie wir in Zukunft wohnen wollen, können zielgerichtete wohnpolitische Strategien und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden,“ so Obermayr.
Geförderter Wohnbau
Die Wohnbedarfsstudie weist auf die Bedeutung des geförderten Wohnbaus als Schlüsselinstrument hin, um leistbaren Wohnraum zu sichern. Mit der Wohnbauförderung verfügt das Land Tirol über ein wirksames Mittel, um leistbaren, nachhaltigen und qualitätsvollen Wohnraum bereitstellen zu können. „Die Wohnbauförderung wird laufend weiterentwickelt. So sind erst Anfang September erneut Optimierungen in Kraft getreten. Dadurch können noch mehr Menschen von den Förderungen profitieren. Gleichzeitig wird umweltbewusstes und nachhaltiges Bauen noch mehr gefördert“, betont Otto Flatscher, Vorstand der Abteilung Wohnbauförderung des Landes.
„Die Tiroler Landesregierung arbeitet im Rahmen der Leerstandsabgabe und -erhebung an der Mobilisierung von Leerstand. Zudem wird im Zuge der Dorferneuerung die Sanierung von altem Baubestand und die Nachverdichtung seit Jahrzehnten forciert und zahlreiche Projekte umgesetzt. Mit der Wohnbauförderung werden Tirolerinnen und Tiroler darüber hinaus gezielt finanziell unterstützt“, weißt LHStv Dornauer abschließend auf wichtige Initiativen des Landes zur Schaffung von leistbarem und nachhaltigem Wohnraum hin.

- LHStv. Dornauer: „Die Ergebnisse dieser umfassenden Studie unterstreichen die Notwendigkeit, weitere innovative Lösungen für leistbares Wohnen in Tirol zu entwickeln und neue Wohnformen zu fördern."
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Reaktionen
„Es hätte mich auch gewundert, wenn LHStv. Georg Dornauer zum Abschied noch etwas mit Inhalt und Substanz präsentiert hätte. Die von ihm vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen sind längst jedem bekannt, dafür hätte es weder eine teure Studie und schon gar keinen medialen ‚Trommelwirbel‘ gebraucht“, meint NEOS LA Susanna Riedlsperger. Offen bleibt für sie nach wie vor, was denn nun die konkreten weiteren Schritte sein werden.
Kritik der Tiroler FPÖ
„Die Studie spricht die Probleme an, bietet aber keine klaren Lösungen zur Verbesserung der Preise. Besonders betroffen sind Gruppen wie Studierende, junge Erwerbstätige und Familien, ohne dass konkrete Maßnahmen zur Unterstützung genannt werden“, so LA Andreas Gang. Die Empfehlungen zur Nutzung leerstehender Wohnungen und zum Bau von gefördertem Wohnraum bleiben unklar. Es ist dringend notwendig, dass die Landesregierung klare Schritte unternimmt, um leistbares Wohnen für die Menschen in Tirol zu sichern. Das Land muss Akzente setzen und darf diese nicht an die Gemeinden abgeben.
Alibi-Studie
„Die Ergebnisse der Wohnbedarfsstudie des Landes sind eine teure Farce. 77.000 Euro Steuergeld wurden verbrannt, um Ergebnisse zu präsentieren, die längst jedem klar sind: Tirol braucht leistbaren Wohnraum. Statt neuer Erkenntnisse bietet diese Studie nur Selbstverständlichkeiten. Sie ist wirklich nicht mehr wert, als das Papier, auf dem sie steht“, kritisiert die Wohnungssprecherin der Tiroler Grünen LA Zeliha Arslan. Die Grünen werfen der Landesregierung vor, keine zukunftsweisenden Schritte gesetzt zu haben. Zudem fehlen in der Studie jegliche zukunftsgerichtete Ansätze. „Wo bleibt die Stadt der kurzen Wege? In 10 bis 15 Jahren werden die Menschen anders wohnen“, betont Arslan.
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