Ausstellung
"Vom Gauhaus zum Landhaus" – Ein Blick in die Vergangenheit

Das Landhaus zeigt sich heute nicht viel verändert zu damals. Jetzt ist es der Sitz der Tiroler Landesregierung. | Foto: Land Tirol
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  • Das Landhaus zeigt sich heute nicht viel verändert zu damals. Jetzt ist es der Sitz der Tiroler Landesregierung.
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Nach der Machtübernahme der NSDAP in Tirol benötigte man ein Gebäude, in dem die NS-Regierung des Gaues Tirol-Vorarlberg und die Gauleitung untergebracht werden sollten. Das Gauhaus (heute Landhaus) wurde 1938/39 nach den Plänen der in Innsbruck ansässigen Architekten Walter und Ewald Guth erbaut. Sie haben damals den hierfür ausgeschriebenen Wettbewerb für sich entscheiden können.

INNSBRUCK. Die Ausstellung "Vom Gauhaus zum Landhaus" im Tiroler Landhaus in Innsbruck kann noch bis zum 4. Mai 2024 kostenfrei besucht werden. Rundherum finden Vorträge, Diskussionen, Lesungen und ein Theaterstück statt. Für alle, die noch mehr über die Geschichte dieses Hauses in Erfahrung bringen wollen, gibt es auch Führungen, die angeboten werden. Ich habe solch eine Führung besucht.

Eine Reise in vergangene Krisenzeiten

Die Führung mit dem Titel "Idee des auffliegenden Adlers" geführt von der Ausstellungskuratorin Hilde Strobl begann vor dem Gebäude. Sie zeigte uns eine Skizze des ersten Entwurfs der Architekten Gauth. Bis heute hat sich das Landhaus nicht stark verändert. Ein kleiner, aber feiner Unterschied: Die erste Skizze zeigte nur vier Fensterreihen, während das fertige Gauhaus fünf Fensterreihen hatte. Der Gauleiter Franz Hofer wollte unbedingt eine Etage mehr, da das Haus ansonsten zu wenig Räume für die Angestellten gehabt hätte. Schon zu Beginn der Führung wurde klar, warum es Sinn macht, diese Ausstellung im Rahmen einer Führung zu besuchen. Man entdeckt so viel mehr und bekommt Hintergrundinformationen, die einem sonst verborgen bleiben. Nach einer kurzen Runde ums Landhaus ging es hinein zu den Ausstellungsräumen.

Das war der ursprüngliche Entwurf der Architekten Walther und Ewald Guth für das Gauhaus in Innsbruck, den sie einreichten, um bei dem ausgerufenen Wettbewerb teilzunehmen.  | Foto: Archiv für Bau.Kunst.Geschichte Innsbruck
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Ehemalige Räume der Gauleitung

Innerhalb des Gebäudes kann man sich drei verschiedene Räume ansehen. Es sind drei ehemalige Zimmer der ansässigen Gauleitung. Dort bekommt man anhand von Fotos und Videos alter Tage ein Gefühl vom Bau des Hauses und dem Alltag im regionalen NS-Machtzentrum. Das Besondere dabei: Mit Kopfhörern, die man am Anfang bekommt, kann man sich vier Täterbiografien und zwölf Geschichten von alten Bediensteten des Hauses anhören. Erzählt werden sie von aktuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landhauses. Dadurch ist es möglich, Einblicke in die Verwaltungsstrukturen zu bekommen und den Nationalsozialismus als System zu begreifen. Was mich besonders schockierte, war die Tatsache, dass innerhalb dieser Räume noch viele Nazi-Symbole zu finden sind. Auch wenn man nach Kriegsende alle Hakenkreuze entfernen ließ, sind heute noch einige Zeichen zu erkennen, die auf diese Zeit verweisen. Wenn man einen genauen Blick auf die Decke in Raum drei wirft, sind NS-Symbole im Holz zu erkennen. Dieser Raum war das Arbeitszimmer des Gauleiters. Dank der Führung der Kuratorin werden einem diese Symbole sichtbar. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass man so manche Beweise der Nazi-Zeit nicht ausgelöscht hat. So wird ein Bewusstsein für diese schreckliche Zeit geschaffen und eine kritische Auseinandersetzung ermöglicht. Dadurch wird dieser lange verschwiegene Täterort sichtbar gemacht.

Im Rahmen der Ausstellung kann man sich im ehemaligen Gauleiterzimmer die Geschichten verschiedenster Mitarbeiter aus dem damaligen Gauhaus anhören. | Foto: Die Fotografen
  • Im Rahmen der Ausstellung kann man sich im ehemaligen Gauleiterzimmer die Geschichten verschiedenster Mitarbeiter aus dem damaligen Gauhaus anhören.
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Geschichten von beteiligten Menschen

Am besten haben mir die Geschichten gefallen. Nach der Führung blieb Zeit, sich mit den Kopfhörern auf eine Reise in die Vergangenheit zu machen. Unter anderem wurde von einer Südtirolerin berichtet, die damals im Gauhaus angestellt war. Bei einem Bombenangriff auf das Gebäude fiel die Frau dem Krieg zum Opfer. Durch diese Erzählung wurde mir bewusst, wie gefährlich es war, dort zu arbeiten und in dieser Zeit zu leben. Die Angestellten wurden außerdem auf Schritt und Tritt beobachtet. Auch im Gauhaus wurden andere Meinungen nicht gedulded und strengstens bestraft. Das zeigt auch eine andere Geschichte. Der Hausmeister des Gauhauses wurde mit der Zeit von Gauleiter Hofer befördert. Er hatte die Aufgabe, alle Angestellten zu überwachen und jegliche Fehltritte sofort zu melden. Keiner war innerhalb des Hauses sicher. Eine Einschränkung, die man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann. Im Raum davor, dem ehemaligen Sitzungszimmers von Franz Hofer, steht ein riesiges Gemälde. Das Bild mit dem Titel "Claudia de Medici und Kanzler Biener auf dem Tiroler Landtag“ von Karl Anrather zierte schon im Jahre 1938 die Räumlichkeiten des Hotel Tyrol, in dem Adolf Hitler bei Tirol-Besuchen untergebracht war. Noch ein Highlight der Ausstellung findet am 9. November statt. Marion Fischer, Überlebende des Holocausts, spricht um 19:00 Uhr über ihre Erfahrungen dieser schrecklichen Zeit. Die gebürtige Burgenländerin wurde 1938 zur Flucht gezwungen, wuchs in Lagern des faschistischen Italien auf und entkam knapp der Deportation ins KZ Auschwitz. Vier Jahre lang wurde sie mit ihrer Familie in der Schweiz geduldet, dann nach Meran abgeschoben. Seit 1951 lebt Marion Fischer in Tirol.

Vieles verschwieg man

Was mich am meisten überraschte, war in Raum zwei zu finden. Dort werden die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit thematisiert und Forschungsergebnisse der letzten drei Jahrzehnte in Form von Publikationen vorgestellt. Kuratorin Strobl verriet nämlich, dass bis in die 1980er Jahre die Auseinandersetzung mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus in Österreich kaum vorhanden war. Auch die Tiroler Landesregierung trug jahrzehntelang nichts zur Untersuchung dieser Zeit bei. Umso besser, dass man sich dazu entschlossen hat, mit der Ausstellung auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Ausstellung hat mir vor allem in dieser Hinsicht sehr gefallen. Sie hält nichts geheim, sondern klärt auf. Man bekommt ein Bewusstsein für die Zeit des Nationalsozialismus und es wird einem klar, dass dieser schlimme Abschnitt der Menschheitsgeschichte auch vor der eigenen Heimat keinen Halt gemacht hat.

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