Monopol
Experte: Pfandsystem könnte auf Kosten der Konsumenten gehen
Christian Abl, als Managing Director der Reclay Group für den Bereich Recycling zuständig, über Verwirrung rund um das neue Pfandsystem, das seit 1. Jänner 2025 in Österreich eingeführt ist und das Problem des Monopols in diesem Bereich, sowie über Unsicherheiten beim Recyclen von Alttextilien.
ÖSTEREICH. Das neue Pfandsystem in Österreich sorgt für Unsicherheiten. MeinBezirk hat nachgefragt, woran das liegt. Abl von der privaten Reclay Group, zuständig insbesondere für Sekundärrohstoffe und innovative Technologien, nennt als Hauptgrund vor allem die Übergangsfristen und die nicht gekennzeichneten Gebinde. Abl:
"Die Hauptunsicherheit besteht darin, dass Konsument*innen nicht wissen, welche Gebinde pfandpflichtig sind. Dies liegt an Übergangsfristen, da noch viele alte Gebinde im Handel sind, die zwar laut Gesetz künftig pfandpflichtig sind, aber noch nicht entsprechend gekennzeichnet wurden. Diese Gebinde können nicht zurückgegeben werden."
Besonders verwirrend seien Spezialfälle wie 'Dreh und Trink'-Flaschen, die aufgrund einer speziellen Verpackungsdefinition nicht ins Pfandsystem aufgenommen wurden.
Zu wenig Wettbewerb beim Pfandsystem
Aktuell fallen nur 20 Prozent der Verpackungen – also nur Flaschen und Dosen – unter das neue Pfandsystem. Andere Verpackungen wie Getränkekartons, Joghurtbecher oder Bohnendosen werden weiterhin über die Gelbe Tonne gesammelt. Abl: "Die Hoffnung ist, dass das Pfandsystem langfristig dazu führt, dass mehr Platz für andere Materialien in der Gelben Tonne geschaffen wird." Ein Wettbewerb im Pfandsystem fehle, was zu einem Monopol führe, das Innovationen hemmt und die Kosten für Konsument*innen steigen lassen könnte. Abl: "Ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern hätte die Preise tendenziell senken können, was nun nicht der Fall ist."
Zudem sei das Sammelsystem nicht besonders innovativ. Unter Einbeziehung von digitalen Scann-Möglichkeiten und öffentlichen Rückgabeautomaten hätte das Projekt mehr Erfolg, glaubt der Experte.
Unsicherheit auch zum "Gelben Sack/Gelben Tonne"
Ab 2025 ist die Verpackungssammlung in Österreich einheitlich, doch die Umstellung läuft langsamer als erwartet, besonders in Wien, wo das Sammelsystem laut Abl "ineffizient" ist. Der Rest des Landes habe bereits auf das „Hohl-System“ umgestellt, nur in Wien sei weiterhin das „Bring-System“ in Gebrauch. Diese Ineffizienz beeinträchtige die gesamte Sammelmenge des Landes.
Recycling von Alttextilien
Seit Jänner 2025 ist durch eine EU-Verordnung auch für Textilabfälle diegetrennte Sammlung vorgesehen ist. Österreich hat diese Regelung in die nationale Abfallgesetzgebung übernommen. In der Praxis bedeutet dies jedoch keine Änderung. Die Umsetzung könnte bis Ende des Jahrzehnts dauern.
Abl: „Eine Umstellung der Alttextiliensammlung in Österreich wird voraussichtlich noch auf sich warten lassen. Derzeit existieren lediglich karitative Rücknahmesysteme für gut erhaltene Gebrauchtkleidung und Schuhe. Eine umfassende getrennte Sammlung und Verwertung aller Textilien ist frühestens ab 2028 realisierbar, da die Hersteller ab diesem Zeitpunkt verpflichtet sind, ausreichende Recyclingkapazitäten aufzubauen und zu finanzieren." Mehr zu Textilien-Recycling hier.
Aufholbedarf für Österreich
Trotz früherer Fortschritte bleibt Österreich bei Recyclingmaßnahmen hinter anderen EU-Staaten zurück, bedauert der Experte. Dem widerspricht eine Studie des Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) im Auftrag der Abfallwirtschaft Österreich: Bei Haushaltsabfällen etwa erreicht Österreich demnach mit 62 Prozent die zweithöchste Recyclingquote in Europa.
Die Kapazitäten für Recycling wurden nicht ausreichend ausgebaut, und die Fokussierung auf Flaschen habe andere Verpackungen vernachlässigt, ist Abl weiter überzeugt. Die Nutzung von Sekundärrohstoffen könnte mit der neuen EU-Verordnung zur Plastikverpackungsabfall-Regulierung (PPVR) ab 2030 zunehmen, glaubt Abl. Aktuell sei der Einsatz jedoch gering, da Primärrohstoffe günstiger sind.
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