Rumänien, Bulgarien
Schengen-Erweiterung nach langem Streit beschlossen

- Seit dem EU-Beitritt im Jahr 2007 wollten Rumänien und Bulgarien dem Schengen-Raum beitreten.
- Foto: ZOOM.Tirol
- hochgeladen von Lucia Königer
Bulgarien und Rumänien werden künftig vollwertige Mitglieder des Schengen-Raums und erhalten damit die Möglichkeit zur freien Bewegung innerhalb der EU. Wie erwartet stimmten die EU-Innenminister bei ihrem Treffen am Donnerstagvormittag der Aufnahme der beiden Länder zu. Österreich hatte nach jahrelangem Widerstand schließlich sein Veto zurückgezogen, was nun auch von den heimischen Parteien, bis auf die FPÖ, positiv aufgenommen wurde. Was der Beitritt bedeutet.
ÖSTERREICH. Nachdem auch die Niederlande ihre Blockade aufgegeben hatten, war Österreich das letzte EU-Land, das den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum Schengen-Raum verhinderte. Dies hatte zu Spannungen in den bilateralen Beziehungen geführt, da Österreich in beiden Ländern wirtschaftlich stark involviert ist. Im vergangenen Jahr hatte Rumänien sogar vorübergehend seinen Botschafter aus Wien zurückgerufen, und auch wirtschaftliche Sanktionen standen im Raum.
Blockade zur Verhinderung illegaler Migration
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verteidigte das österreichische Veto mit der Begründung, dass man zwei Jahre benötigt habe, um an den Außengrenzen konkrete Maßnahmen umzusetzen. Diese Zeit sei „richtig und wichtig“ gewesen. Dank der Zusammenarbeit mit Bulgarien und Rumänien konnte die Zahl illegaler Grenzübertritte deutlich gesenkt werden – von 80.000 auf 4.500. Karner betonte, dass das Veto keinesfalls gegen die beiden Länder gerichtet war, sondern notwendig war, um Österreichs Sicherheit angesichts illegaler Migration zu gewährleisten.
Erster Schritt: „Air Schengen“
Bereits im März dieses Jahres war ein erster Schritt in Richtung einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten und Rumänien sowie Bulgarien vollzogen worden. Damals fielen die Grenzkontrollen an den Luft- und Seegrenzen der beiden Länder. Im November folgte eine Vereinbarung zwischen den Innenministern von Österreich, Rumänien, Bulgarien und Ungarn über ein neues Grenzschutzpaket, das auch den Einsatz von Grenzschutzbeamten an der bulgarisch-türkischen Grenze vorsieht.
Binnengrenzkontrollen bleiben vorerst bestehen
Trotz des Beitritts von Bulgarien und Rumänien zum Schengen-Raum werden in einigen Regionen weiterhin Binnengrenzkontrollen durchgeführt, unter anderem an der Grenze zwischen Ungarn und Rumänien sowie zwischen Bulgarien und Rumänien. Innenminister Karner erklärte, dass diese Kontrollen notwendig seien, um die Sicherheit zu gewährleisten und den Kampf gegen Schlepperkriminalität zu intensivieren.

- "Nach 'Schengen Air' steht für Rumänien und Bulgarien auch ein 'Schengen Land' offen", kündigte Karner an.
- Foto: Unsplash
- hochgeladen von Christina Michalka
Brunner: „Historischer Tag“
Magnus Brunner (ÖVP), der als Ex-Finanzminister das österreichische Veto mitgetragen hatte, bezeichnete den Tag als „historisch“ und freute sich, dass Rumänien und Bulgarien nun dem Schengen-Raum beitreten würden. Er betonte jedoch, dass der Außengrenzschutz weiterhin höchste Priorität habe, um zu verhindern, dass wieder Grenzkontrollen innerhalb der EU notwendig werden.
Politische Reaktionen
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) begrüßte den Beschluss und nannte ihn eine „wichtige Voraussetzung“ für die erfolgreiche Umsetzung des EU-Flüchtlings- und Migrationspakts. Auch die Erleichterungen für Tausende von Pflegekräften, die in Österreich arbeiten, wurden hervorgehoben. Der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl sprach von einem „historischen Moment“ und hob hervor, dass mit der Erweiterung des Schengen-Raums ein noch größerer Raum der Freiheit geschaffen werde. Helmut Brandstätter (NEOS) wies auf die negativen Auswirkungen des österreichischen Vetos hin und bezeichnete es als einen „Schaden für Österreichs Wirtschaftsstandort und sein Ansehen in der EU“. SPÖ-Abgeordneter Hannes Heide kritisierte die ÖVP und bezeichnete die langjährige Blockade als „riskantes Spiel mit dem Feuer“.
"Fauler Tauschhandel"
Die FPÖ hingegen, vertreten durch EU-Abgeordnete Petra Steger, kritisierte den Beitritt scharf und sprach von einem „Kniefall“ der ÖVP vor der EU. Sie spricht von „Verrat an den Interessen der Österreicher“. Steger warf der ÖVP vor, ihre Position gegenüber der EU zu opfern und einen „faulen Tauschhandel“ eingegangen zu sein, um die Ernennung von Magnus Brunner als EU-Migrationskommissar zu sichern. Sie warnte, dass die Entscheidung die illegale Migration weiter anheizen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik untergraben werde. Die FPÖ lehnt die Schengen-Erweiterung ab, solange die EU ihre Migrationspolitik nicht unter Kontrolle hat.
Rumänien: „Voll und ganz bereit für den Schengen-Beitritt“
Rumäniens Innenminister Marian-Catalin Predoiu erklärte vor dem Treffen der EU-Innenminister, dass sein Land bestens auf den Schengen-Beitritt vorbereitet sei und ein „starker Partner“ werden werde. Der rumänische Grenzschutz sei einer der besten in Europa, und man habe intensiv an der Erfüllung der Schengen-Kriterien gearbeitet. „Die rumänischen Bürger haben diesen Moment verdient“, sagte Predoiu.
Was der Beitritt Rumäniens und Bulgariens bedeutet
Durch den Beitritt der beiden Länder in Südosteuropa gibt es nun eine Landverbindung der Schengen-Mitglieder von Zentraleuropa bis nach Griechenland. Dies soll das Reisen sowie die wirtschaftlichen Beziehungen erleichtern. Die EU-Kommission kündigte im Frühjahr bereits eine polizeiliche Zusammenarbeit unter anderem im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalität an. Mit Rumänien und Bulgarien gehören nun zwei weitere Länder mit EU-Außengrenzen dazu.
Was ist der Schengen-Raum?
Der Schengen-Raum ermöglicht es Menschen, in Europa zu reisen, ohne dabei an den Grenzen kontrolliert zu werden. Insgesamt 29 Länder gehören dazu, darunter EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Frankreich, aber auch Nicht-EU-Länder wie die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. Ursprünglich ging es im Schengen-Abkommen nur um den freien Personenverkehr. Doch mit der Zeit wurde das Abkommen erweitert. Heute regelt es etwa auch die Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden, damit Verbrechen grenzübergreifend besser bekämpft werden können.
Auch interessant:





Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.