Disziplinarverfahren gegen Arzt
Mediziner brachte HPV-Impfung mit Unfruchtbarkeit in Zusammenhang

Wissenschaftler warnen auf Twitter vor den "Ratschlägen" des Pöndorfer Arztes Michael Spitzbart, der sich selbst zu den "führenden Gesundheitsexperten Europas" zählt.   | Foto: Screenshot X
  • Wissenschaftler warnen auf Twitter vor den "Ratschlägen" des Pöndorfer Arztes Michael Spitzbart, der sich selbst zu den "führenden Gesundheitsexperten Europas" zählt.
  • Foto: Screenshot X
  • hochgeladen von Online-Redaktion Oberösterreich

"Wir haben ein Disziplinarverfahren eingeleitet", zeigt sich Oberösterreichs Ärztekammer-Präsident Peter Niedermoser im Gespräch mit MeinBezirk fassungslos über das, was laut Eigenbeschreibung  "einer der führenden Gesundheitsexperten Europas", Michael Spitzbart, über Soziale Medien verbreitet. Spitzbart betreibt in Pöndorf im Bezirk Vöcklabruck eine Praxis für "Präventiv- und Orthokularmedizin". 

PÖNDORF, BEZIRK VÖCKLABRUCK. Der aus der ORF-Reihe "Science Busters" bekannte Molekularbiologe Martin Moder hatte die Ärztekammer Oberösterreich darauf aufmerksam gemacht, was Spitzbart auf seinem X-Profil (vormals Twitter) veröffentlicht. Spitzbart hatte dort vor der HPV-Impfung gewarnt und in den Raum gestellt, dass diese zu Unfruchtbarkeit führen könne. Nach der Meldung bei der Ärztekammer sei das Posting zur HPV-Impfung von allen Social Media-Profilen Spitzbarts verschwunden, so Moder. Er hat es aber vorab gesichert.

In der Beantwortung einer MeinBezirk Oberösterreich-Anfrage per Mail nimmt Spitzbart zum Vorwurf der Desinformation durch seine Postings Stellung: "Die Kritik von Herrn Moder und Herrn Aigner nehme ich zur Kenntnis. (...) Ein wissenschaftlicher Diskurs ist nur dann sinnvoll, wenn unterschiedliche Meinungen respektvoll nebeneinanderstehen dürfen. Ich möchte jedoch betonen, dass diese Debatte nicht auf eine öffentliche Bühne oder in ein administratives Verfahren getragen werden sollte. Stattdessen plädiere ich dafür, solche Themen in einem privaten fachlichen und schriftlichen Austausch zu erörtern, wo sie sachlich und differenziert betrachtet werden können."

"Keine Haare am Sack aber im Puff drängeln"

Die eigene Forderung nach einem "privaten, fachlichen und schriftlichen Austausch" und einem "respektvollen" Gegenüberstellen von Meinungen konterkariert Spitzbart aber durch ein von ihm auf der Plattform X gepostetes Video. In dem macht er sich über einen namentlich nicht genannten Jungmediziner lustig, der Kritik an Spitzbarts Aussagen zum Nutzen von Vitamin D geübt und ihm geschrieben habe, dass es wissenschaftliche Studien für den Beleg eines solchen Nutzens brauche:

"Er wollte mir dann Medizin erklären. Ich habe mir gedacht, habe mir nur ganz leise gedacht, würde ich nie laut sagen. Ich habe mir gedacht: Keine Haare am Sack aber im Puff drängeln. Hat noch nicht mal Staatsexamen, aber will mir erzählen, wie Medizin geht."

In seiner Stellungnahme gegenüber MeinBezirk begründet Spitzbart das Löschen des Postings zur HPV-Impfung folgendermaßen: "In einer Zeit, in der jede abweichende Meinung sofort durch einen öffentlichen Sturm in den sozialen Medien begleitet wird, habe ich mich bewusst entschieden, die Diskussion aus dem medialen Brennglas herauszunehmen."
Kritik übt Spitzbart an der oberösterreichischen Ärztekammer: "Wenn allerdings eine kritische Auseinandersetzung direkt in die Einleitung von Disziplinarverfahren mündet, wirft das Fragen zur Meinungsfreiheit und zur Offenheit des wissenschaftlichen Diskurses auf." Da er sich zudem seit Anfang des Jahres im Ruhestand befinde, "ist es fraglich, ob die Ärztekammer überhaupt noch zuständig ist, bzw. sich dafür interessiert".

"Arzt und Medizinjournalist"

Spitzbart legt gegenüber MeinBezirk Oberösterreich Wert darauf, festzuhalten: "Neben meiner ärztlichen Tätigkeit bin ich seit vielen Jahren auch als Medizinjournalist aktiv. In dieser Rolle liegt es mir am Herzen, komplexe gesundheitliche Themen kritisch zu hinterfragen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese journalistische Arbeit ist explizit durch die Pressefreiheit geschützt und dient dem Ziel, eine differenzierte Meinungsbildung zu fördern."

"Das ist kein Spaß, das ist gefährlich"

Die Kritik an Spitzbarts Postings durch Wissenschaftler und Mediziner zielt aber darauf ab, dass es nicht um Meinungen gehe, sondern um wissenschaftliche Fakten. Spitzbart lehne Impfungen "gegen jede wissenschaftliche Evidenz" ab, so der Physiker, Autor und Wissenschaftserklärer Florian Aigner auf seinem X-Profil. Er hält in Bezug auf ein anderes Posting des Pöndorfer Arztes fest: "Vor solchen Leuten kann man gar nicht laut genug warnen: Hier macht sich ein Arzt(!) über medizinische Forschung lustig. Das ist, als würde ein Automechaniker nicht an die Gesetze der Physik glauben. Das ist kein Spaß, das ist gefährlich."

"Shedding" und Warnung vor Mammographien

Wer Spitzbarts Profil auf X durchschaut, stößt auf weitere Behauptungen, die nicht nur unter Mediziniern für harsche Kritik sorgen: So sei etwa laut Spitzbart sogar das sogenannte "Shedding" nachgewiesen: Durch die Corona-Impfung mit "Messenger RNA-infizierte Zellen" könnten über Körperflüssigkeiten weitergegeben werden und so auch die Immunsysteme anderer Menschen schwächen. Oder: "Nach der Injektion wurden die Immunschwachen immunschwächer, die Herzkranken herzkränker und die Krebskranken krebskränker", so Spitzbart in einem Posting. Auch von Mammographien rät Spitzbart wegen angeblich zu vieler "falsch-positiver" Befunde und anschließender unnötiger Behandlungen sowie wegen der "Strahlenbelastung" ab. Er empfieht stattdessen das Abtasten der Brust und bei Verdacht Ultraschall und eine Magnetresonanztomographie.

Nahrungsergänzung statt Impfung

Spitzbart würde sich nicht "gegen hundert verschiedene Krankheiten" impfen lassen und sich stattdessen "um mein gutes Immunsystem kümmern." Passend dazu empfiehlt der Arzt in einem weiteren Posting Nahrungsergänzungsmittel auch für Kinder – und sogar eine konkrete Marke, weil er an der Entwicklung von deren Produkten mitgewirkt habe und nachweisen könne, "dass sie im Blut ankommen". Auf seinem X-Profil erklärt der Arzt unter anderem auch, warum der künftige US-Präsident Donald Trump der Richtige an der Spitze der USA ist.

Anzeige
Foto: Genussland
4

Genussland-Jubiläum
20 Jahre Genussland Oberösterreich – Willkommen im Genussland!

Seit 20 Jahren ist das Genussland Oberösterreich ein Symbol für Regionalität, Qualität und nachhaltigen Genuss. Mit der Jubiläumskampagne „Welcome to Genussland“ wird dieses beeindruckende Kapitel nun gefeiert und gleichzeitig der Blick in die Zukunft gerichtet. Die Initiative setzt darauf, Menschen für die kulinarischen Schätze Oberösterreichs zu begeistern – und das auf moderne, kreative Art. Regionalität als PionierleistungBereits 2004 setzte das Genussland auf die heute zentralen Themen...

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Robert Nagele (BILLA Vorstand) im Gespräch mit Eva Kimmes (Unternehmenskooperationen und Veranstaltungen des Österreichischen Roten Kreuz) und Manfred Kumer (Leiter der Abteilung Philanthropie und Unternehmenskooperationen im Österreichischen Roten Kreuz) | Foto: BILLA AG / Robert Harson
Video 2

Zeichen gegen Armut
BILLA-Spendenaktion „Eine Spende, die satt macht“

Der Startschuss ist gefallen für die österreichweite BILLA-Spendenaktion „Eine Spende, die satt macht“. Zum dritten Mal setzt BILLA damit ein kraftvolles Zeichen im Kampf gegen Armut. Die Spendengelder kommen Menschen, die von Armut betroffen sind, zugute, indem sie für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln sowie Hygieneprodukten verwendet werden.  ÖSTERREICH. Armut in Österreich ist eine Herausforderung, die uns alle betrifft. Über 1,3 Millionen Menschen in Österreich seien von Armut...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Oberösterreich auf MeinBezirk.at/Oberösterreich

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk Oberösterreich auf Facebook: MeinBezirk Oberösterreich

MeinBezirk Oberösterreich auf Instagram: @meinbezirk.oberoesterreich

Jetzt gleich unseren WhatsApp Kanal MeinBezirk Oberösterreich abonnieren!

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Veranstaltungs-Tipps, die besten Partyfotos und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


In unseren Gesundheits-Videos erklären österreichische Expert:innen
das Wichtigste über Krankheiten, Diagnose, Therapie & Vorbeugung
und beantworten die häufigsten Fragen.

MeinMed.at

Gesund, weil richtig informiert.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.