Bestattung Wolfsberg
Wie Muslime im Lavanttal um ihre Verstorbenen trauern

- Haci Yavru ist Spezialist für muslimische Beisetzungen bei der Bestattung Wolfsberg.
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Wie in allen Weltreligionen hat auch im Islam bestimmte Regeln, die es im Todesfall einzuhalten gilt. Haci Yavru fungiert bei der Bestattung Wolfsberg als Spezialist für muslimische Beisetzungen und erklärt die wesentlichen Unterschiede zu bekannten katholischen Beerdigungsformen.
LAVANTTAL. Menschen muslimischen Glaubens bilden in der Stadtgemeinde Wolfsberg mit einem Anteil von rund fünf Prozent die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft nach den Katholiken (84,5 Prozent) bzw. die drittgrößte, wenn man Menschen ohne Bekenntnis (7,1 Prozent) miteinberechnet. Diese Aufteilung spiegelt sich auch in der Auftragslage der Bestattung der Wolfsberger Stadtwerke wider: „Zu 85 Prozent organisieren wir römisch-katholische Bestattungen, aber es kommt immer wieder vor, dass sich Hinterbliebene eine Beisetzung nach muslimischen Regeln wünschen“, sagt Abteilungsleiter Thomas Groß.

- Das Bestattungszentrum Wolfsberg in seiner heutigen Form eröffnete nach einem Großumbau 2014 seine Pforten.
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Mit sechs Jahren nach Österreich
Für diesen Fall steht in Person von Haci Yavru ein Experte zur Verfügung. Yavru kam im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern von der Türkei nach Österreich und ist in Weitensfeld aufgewachsen. 2003 siedelte er von St. Veit nach Wolfsberg. „Aus sportlichen Gründen“, wie er erzählt. „Ich wechselte als aktiver Fußballspieler von St. Veit zum ATSV Wolfsberg. Seitdem lebe ich in Wolfsberg.“ Seine nicht alltägliche Berufswahl führt er auf vergangene Todesfälle in seiner eigenen Familie zurück: „Da kam ich das erste Mal mit dem Beruf des Bestatters in Kontakt und dachte mir, dass das sicherlich eine interessante Aufgabe wäre“, berichtet Yavru.
Islamischer Pfarrer notwendig
Warum es für muslimische Bestattungen bei den Stadtwerken einen eigenen Mann braucht? „Das liegt an den Gepflogenheiten bei einem Todesfall in einer Familie islamischen Glaubens. Die Hygienevorsorge, also das Waschen des Körpers, und das dazugehörige Gebetsritual darf nämlich nur durch einen Bestatter muslimischen Glaubens in Begleitung eines Hoca, also eines islamischen Pfarrers, erfolgen“, erklärt Yavru. „Im Lavanttal können wir dafür auf einen türkischen und einen bosnischen Hoca zurückgreifen.“
Sarg ist vorgeschrieben
Nach der Waschung des Verstorbenen wird der Körper in weiße Leintücher eingewickelt, die sogenannten Kefen – drei für den Mann, fünf für die Frau. „Diese Leintücher hat normalerweise jeder Muslime bereits zuhause vorbereitet“, so Yavru. Die Beisetzung des Verstorbenen darf spätestens 72 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgen, nach österreichischem Gesetz jedoch frühestens 48 Stunden danach. In muslimischen Ländern wird der in Tücher eingewickelte Leichnam in einem Sarg zur Grabsätte getragen, dann jedoch wieder herausgehoben und in das Grab gelegt. Da in Österreich eine Sargpflicht herrscht, bestatten Muslime in Österreich ihre Toten ebenso wie alle anderen Glaubensgemeinschaften im Sarg.
Blick nach Mekka
Strenggläubige Muslime achten darauf, dass der Verstorbene so positioniert wird, dass der Kopf nach Südwesten in Richtung Mekka blickt. Dies ist in Wolfsberg aufgrund der Lage der Friedhöfe aber nicht so ohne Weiteres möglich. „Muslimische Friedhöfe, wo dies gewährleistet wird, gibt es in der Nähe nur in Klagenfurt und Graz“, erklärt Christian Schimik, Geschäftsführer der Wolfsberger Stadtwerke. Man arbeite aber bereits an einer Lösung, um dies auch in Wolfsberg zu ermöglichen. Aber nicht alle muslimischen Hinterbliebenen bestehen bei ihren Verstorbenen auf die Blickrichtung nach Mekka. Vielen ist es wichtiger, dass ihre verblichenen Angehörigen ihre letzte Ruhe in der Nähe finden. Dann ist eine Beisetzung natürlich auch auf den Friedhöfen im Lavanttal möglich.
Kurzes Begräbnisritual
Die Beerdigung selbst ist eine recht unspektakuläre Sache. Der Hoca spricht vor dem engsten Familienkreis ein Beerdigungsgebet auf arabischer Sprache, und nach zehn bis 15 Minuten gehen die Angehörigen wieder ihrer Wege. Ein Totenmahl gibt es nicht, jedoch werden an einem Basar bei den Hinterbliebenen zuhause oder in einer Moschee Kaffee, Wasser und dem Süßgebäck Halva ausgegeben. Auch ein Fest in Gedenken an die Verstorbenen findet im Islam nicht statt. „Es gibt aber personenbezogene Gedenkfeiern“, so Yavru.
Professionelle Distanz
Seinen Beruf übt der 39-jährige gerne aus. Die ständige Konfrontation mit dem Tod lässt ihn zwar nicht kalt, er kann es sich als Familienvater jedoch nicht erlauben, die Arbeit mit nach Hause zu nehmen: „Mit drei Kindern hat man auch gar nicht die Zeit, sich über die belastenden Seiten dieses Berufs Gedanken zu machen. Man muss eine gewisse professionelle Distanz wahren", so Yavru.
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