Verkehrsdiskussion in Tirol
Läuft beim Transitverkehr etwas falsch?

- Was tun beim Transit? Visualisierung der Luegtunnellösung ohne Luegbrücke.
- Foto: Visualisierung DI LA Achhorner
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Tirol und seine Überlegungen zur Verbesserung der Verkehrssituation bewegen die Bevölkerung. Die Belastungen durch den Transit- als auch den Individualverkehr sind seit Jahren ein breit diskutiertes Thema. Mit der Sanierung der Luegbrücke, dem Fernpassprojekt oder der Slot-System-Lösung gibt es neue Aspekte für eine breite Diskussion. LH Mattle betont: "Das Nachtfahrverbot bleibt."
INNSBRUCK. LA Evelyn Achhorner, Verkehrssprecherin der FPÖ, hinterfragt die Verkehrspolitik der Tiroler Landesregierung: "Egal ob es das Fernpasspaket, die Luegbrücke oder das Slotsystem durch Tirol ist, man kommuniziert nicht. Man redet weder mit der Bevölkerung, noch mit der Wirtschaft, der Industrie noch mit den Frächtern." LA Achhorner plädiert seit Längerem für eine Luegtunnel-Lösung. Mit kritischen Fragen zur Entwicklung im Transitverkehr steht die Landtagsabgeordnete aber nicht alleine.
Brenner-Transit: Transportwirtschaft wehrt sich
"Die Tiroler Transportunternehmen haben in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Güterverkehr effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Dazu gehören die Optimierung von Transportwegen, Investitionen in modernste und emissionsarme Fahrzeugflotten sowie die Förderung von multimodalen Transportlösungen, die eine Kombination von Straße und Schiene ermöglichen", erklären die WK-Vertreter in einer Aussendung. Vor diesem Hintergrund verwehrt sich die Branche gegen den Vorwurf, dass es ihr am Willen für eine stärkere Verlagerung auf die Schiene fehle. "Die Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene wird von der Transportwirtschaft grundsätzlich unterstützt. Allerdings gibt es wesentliche Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen.
Die derzeitige Schieneninfrastruktur ist vielerorts nicht ausreichend, um die hohen Anforderungen der Wirtschaft zu erfüllen. Kapazitäts- und Persolnalengpässe, unzureichende Nachtverbindungen und ein Mangel an einheitlichen Systemen erschweren die Umstellung auf die Schiene. Und auch die zahlreichen Baumaßnahmen auf der Schiene sorgen dafür, dass es an der benötigten Verlässlichkeit und Planbarkeit von Lieferungen fehlt.
Hier bräuchte es dringend eine bessere Abstimmung auch über die Landesgrenzen hinweg. Vergleiche mit anderen Ländern – insbesondere dem Drittland Schweiz hinken aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen", betont die Obfrau der Sparte Transport und Verkehr, Rebecca Kirchbaumer.

- Das Nachtfahrverbot bleibt, hält LH Mattle fest.
- Foto: zeitungsfoto.at
- hochgeladen von Lucia Königer
Lösungen statt Schuldzuweisungen
Die heimische Transportwirtschaft appelliert deshalb von Schuldzuweisungen abzusehen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Spartenobfrau Kirchbaumer: "Die Wirtschaft will Teil der Lösung für eine zukunftsfitten Verkehrsentwicklung sein. Allerdings zeigt die Realität auch, dass die Überbelastung des Brennerkorridors nicht alleine auf das Transportwesen zurückzuführen ist. 2023 waren 2,40 Millionen Lkw am Brenner unterwegs - also etwas weniger als im Jahr davor. Dagegen stehen 12 Millionen Pkw. Diese Tatsache darf bei den meist emotional geführten Diskussionen in Verkehrsfragen nicht außer Acht gelassen werden."
Grenzüberschreitende Kritik
Die Meldung über den kritischen Zustand der Brücke und das Festhalten Tirols an den Fahrverboten führte zu scharfen Reaktionen in Südtirol und Bayern. Der italienische Frächterverband fordert aufgrund der voraussichtlich fünf Jahre andauernden Einschränkungen eine bessere Abstimmung und Koordinierung zwischen den Anrainerstaaten sowie die Aufhebung des Nachtfahrverbots auf der A13. Ähnliche Forderungen kommen aus der bayerischen Speditions-, Transport- und Logistikbranche. Auch der Warentransport per Bahn wird von den Verbänden als unzureichend und unzuverlässig angesehen. Angebote wie die Rollende Landstraße haben nur geringe Kapazitäten im Vergleich zum Transportvolumen auf dieser Route. Georg Dettendorfer, Unternehmer und Vorsitzender im Verkehrsausschuss der IHK München und Oberbayern, sieht angesichts der Ausgangslage und der erwarteten Einschränkungen auf der Luegbrücke "kaum eine Möglichkeit, den Verkehr über den Brenner zuverlässig zu disponieren und durchzuführen".
Aus für Nachtfahrverbot
Die Sanierungsmaßnahmen der Luegbrücke werden nicht in Frage gestellt, aber das Prinzip der „Blockabfertigung“ wird kritisiert. Da auch Optionen wie das von der Politik vorgeschlagene Slot-System für die Route aufgrund notwendiger Verträge und dem aufwendigen Aufbau einer technischen Infrastruktur weder kurz- noch mittelfristig Abhilfe schaffen können, fordern LBS und LBT dringend eine ideologiefreie Verständigung darüber, wie bestehende Hürden während der Bauarbeiten beseitigt werden können.
„Wir sehen vor allem das Nachtfahrverbot, das angesichts der modernen, geräusch- und emissionsarmen Lkw aufgehoben werden könnte“, sagen Lehmann und Doppelhammer. „Niedrige Tempolimits könnten eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung darstellen.“

- Max Kloger, Präsident IV Tirol, Heiner Oberrauch, Präsident UVS und Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer
- Foto: Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
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Gemeinsame Erklärung
Die Industriellenvereinigung Tirol (IV Tirol), die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) und der Unternehmerverband Südtirol (UVS) treten gemeinsam für einen klimagerechten und freien alpenquerenden Warenverkehr ein, der die Bedürfnisse der Bevölkerung, der Umwelt und der Wirtschaft gleichermaßen achtet. In diesem Zusammenhang wurde die gemeinsame Erklärung „Freien klimagerechten Warenverkehr über den Brenner gewährleisten“ von Max Kloger, Präsident IV Tirol, Heiner Oberrauch, Präsident UVS und Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer, unterzeichnet.
Die Verbände fordern insbesondere folgende Maßnahmen:
- Die EU muss in Europa jederzeit den freien Warenverkehr gewährleisten
- Die Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel müssen priorisiert und beschleunigt realisiert werden. Die Harmonisierung des Schienenverkehrs ist voranzutreiben.
- Der Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur für alternative Antriebstechnologien muss zügig kommen.
- Verkehrsbeschränkende Maßnahmen müssen auf ein Minimum begrenzt werden. Die Wirtschaft muss in die Erarbeitung praxisgerechter Lösungen eingebunden werden.
Max Kloger (Präsident der IV Tirol): „Der Brenner ist die wichtigste Transitroute Europas und spielt eine entscheidende Rolle für die Tiroler Industrie und Wirtschaft. Der Brenner ist nicht nur eine wichtige Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa, sondern auch ein Symbol für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Integration innerhalb der Europäischen Union. Es ist unerlässlich, dass wir Lösungen finden, die sowohl die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger schützen als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten. Wir müssen den Spagat zwischen einem funktionierenden Wirtschaftsraum und dem Schutz unserer Umwelt und Gesundheit schaffen.“
Nachtfahrverbot bleibt
„Das Nachtfahrverbot bleibt! Für Tirol gilt, was die Regierungschefs in der Kufsteiner Erklärung vor einem Jahr unterzeichnet haben: Die Tiroler Notmaßnahmen stehen nicht zur Diskussion. Die Regionen bieten den Nationalstaaten und der EU-Kommission mit dem intelligenten Verkehrsmanagement einen Ausweg aus dem Transit-Dauerstreit. Es waren die Verkehrsreferenten aus Bayern, Südtirol und Tirol, die sich mit Rückendeckung der Regierungschefs auf dieses gemeinsame Vorgehen verständigt haben“, bleibt LH Anton Mattle bei seiner Haltung und denkt nicht an das Aufweichen des Nachtfahrverbots. „Ich kann die Sorge in Deutschland und Italien nur teils nachvollziehen. Die Luegbrücke ist eine Herausforderung, aber keine unlösbare Situation. Am Brennerkorridor gibt es jedes Jahr umfangreiche Baustellen, der Aufschrei bei Einspurigkeit auf dem italienischen Teil der Brennerautobahn ist bislang immer ausgeblieben. Diese Einschränkung ist also nichts Neues. Die ASFINAG wird mit einem umfassenden Maßnahmenpaket entgegenwirken und insbesondere die Anrainergemeinden schützen. Ich werde den Autobahnbetreiber aber anweisen, künftig die Partner in Bayern und Südtirol direkt und besser zu informieren.
Als Landeshauptmann lasse ich aber nicht zu, dass man den Menschen und der Umwelt entlang der Inntal- und Brennerautobahn mit der Abschaffung des LKW-Nachtfahrverbotes eine wichtige Erholungsphase in der Nacht nimmt. Es ist nachgewiesen, dass sich Luftschadstoffe in der Nacht viel stärker auswirken, als bei Tag. Zudem ist der Lärm eine Belastung, die nicht unterschätzt werden darf.“, so LH Anton Mattle.

- Das Thema Transit bewegt Tirol seit Jahren.
- Foto: zvg
- hochgeladen von MeinBezirk Tirol
Verlagerung auf die Schiene
"Die gemeinsame Forderung der Industriellenvereinigung Tirol, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und des Unternehmerverbandes Südtirol nach einer Aufhebung des Nachtfahrverbots, um den Lkw-Verkehr am Brenner zu "entzerren", ist vor dem Hintergrund freier Bahnkapazitäten auf das Schärfste zurückzuweisen. Mit Blick auf den Lkw-Umwegtransit am Brenner sei darauf verwiesen, dass die Schiene in der Schweiz - und zwar die sogenannte NEAT (Gotthard und Simplon) - erst zu 55% ausgelastet ist. Die Gesamtkapazität der bestehenden Brennerbahn beträgt auf italienischer Seite 29 Millionen Gütertonnen pro Jahr, wobei sich die Auslastung derzeit nur auf 11 Millionen Tonnen beläuft, während auf der Autobahn fast 30 Millionen Tonnen jährlich befördert werden. Ebenso wird die Kapazität auf der Schiene vom Brenner nach Kufstein und weiter nach Deutschland bei weitem nicht ausgeschöpft. Die Industrie kann die gewünschte "Entzerrung" des Lkw-Verkehrs daher problemlos dadurch erreichen, dass Transporte von der Straße auf die Bahn verlagert werden", meint Martin Teißl.
Das Slot-System im Jahr 2022
Martin Vallazza, Direktor des Ressorts Mobilität der Südtiroler Landesregierung, erläuterte 2022 bei der Präsentation der Machbarkeitsstudie für eine buchbare Autobahn die technische Umsetzbarkeit eines Slot-Systems. Er erklärte, dass bereits erfolgreiche Buchungssysteme existieren, etwa im Flug- und Schiffsverkehr sowie auf Bahnstrecken. Ein solches Slot-System müsste dynamisch gestaltet werden, unter Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen wie der Nachtfahrverbote in Tirol, des Baustellenmanagements und der Wetterverhältnisse. Über ein zu installierendes Management-System, bei dem Buchungen beispielsweise über eine App vorgenommen werden könnten, sollten die Verkehrsflüsse besser gesteuert werden. Rechtswissenschaftler Walter Obwexer erklärte, dass die rechtliche Umsetzbarkeit gegeben sei, solange der freie Warenverkehr nicht behindert wird. Da die Infrastruktur nur über begrenzte Kapazitäten verfügt, argumentiert man, dass ein Slot-System die vorhandenen Kapazitäten so effizient wie möglich nutzen würde. Maßnahmen würden ergriffen, sobald die Kapazitätsgrenze erreicht wird. Voraussetzung dafür ist, dass sich das Slot-System an dieser oberen Kapazitätsgrenze orientiert und die Verteilung der Fahrten gerecht und angemessen erfolgt. Ein Slot-System sollte dabei als Erweiterung des bereits in Kufstein bestehenden Dosiersystems angesehen werden. Ein entsprechender Vertrag müsste zwischen den beteiligten Staaten – Italien, Deutschland und Österreich – geschlossen werden.




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