Anna Knittel und ihr Erbe
Blick auf eine außergewöhnliche Frau

„Selbstportrait im Adlerhorst“ aus dem Jahr 1864 von Anna Stainer-Knittel. Dieses Bild war der Ausgangspunkt der Ausstellung „Geierwally“ im Solinger Kunstmuseum. | Foto: Michael Tesch
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  • „Selbstportrait im Adlerhorst“ aus dem Jahr 1864 von Anna Stainer-Knittel. Dieses Bild war der Ausgangspunkt der Ausstellung „Geierwally“ im Solinger Kunstmuseum.
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Am Sonntag, 28. Juli jährt sich der Geburtstag von Anna Knittel, auch bekannt als Geierwally, zum 183. Mal. Anna Knittel bewies in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht nur einzigartigen Mut, sondern führte ein für die damalige Zeit überaus selbstbestimmtes Leben.

INNSBRUCK. Die Figur der „Geierwally“ hat sich bis heute als eine bedeutende kulturelle Ikone etabliert, untrennbar verknüpft mit dem Konzept der alpinen Heimat. 1873 brachte die Buchautorin Wilhelmine von Hillern mit ihrem Roman eine legendäre Erzählung in die Literatur, die sofort ihren Platz in der Geschichte fand. Die Geschichte dreht sich um ein mutiges Mädchen, das sich waghalsig mit einem Messer an einem Seil abseilt, um ein Geiernest zu plündern. Dieser fesselnde Stoff inspirierte zahlreiche künstlerische Interpretationen und fand seinen Weg in Film, Theater und darüber hinaus. Die „Geierwally“ wurde so zu einem vielschichtigen Symbol, das sowohl die wilden, ungebändigten Elemente der Bergwelt als auch den unerschütterlichen Mut der Protagonistin verkörpert.

Neues Tiroler Filmprojekt 

Ein neues Tiroler Filmprojekt wirft einen frischen Blick auf die Geschichte auf eine der berühmtesten Frauen des Landes. Bisherige Verfilmungen der „Geierwally“ basierten ausschließlich auf dem Roman der deutschen Autorin Wilhelmine von Hillern. Die Neuverfilmung aus Tirol beleuchtet das Leben der Anna Knittel von mehreren Seiten. Ein erster Kurzfilm sorgte international bereits für Aufsehen. 

Wer war Anna Knittel? 

Hinter der legendären „Geierwally“ verbirgt sich in Wahrheit eine Frau namens Anna Knittel, die wegen ihres Mutes und ihrer Stärke als Romanfigur verewigt wurde. Als Kind trug sie Spitznamen Nanno oder Knittele. Geboren (28.07.1841) und aufgewachsen in Elbigenalp im Lechtal, zeigte sie vor mehr als 160 Jahren eine beeindruckende Entschlossenheit und ließ sich von ihrem selbstbewussten Kurs nicht abbringen. Im Jahr 1863 wagte sich in der Gemeinde Elbigenalp kein junger Mann an die gefährliche Aufgabe, das Adlernest nahe einer Alm auszuräumen – bis Anna sich unerwartet meldete. Ihr Vater, ein erfahrenen Jäger- und Büchsenmacherfähigkeiten versuchte einen Adler zu erlegen, der die Lämmer bedrohte. Doch er hatte keinen Erfolg und so entschloss sich Anna, das Adlerjunge selbst aus dem Nest zu holen, um die Herde zu schützen. Ihre Tat wurde nicht nur zu einer heldenhaften Legende, sondern auch zu einem Symbol für unerschütterlichen Mut und Entschlossenheit.

Ihre Geschichte wurde zur Legende 

Anna Knittel, die mutige Frau aus dem Lechtal, seilte sich also an einem Hanfseil ab, packte das Adlerjunge in einen Sack und wurde von ihren Helfern sicher wieder hinaufgezogen. Was als lokale Heldentat begonnen hatte, verwandelte sich in eine legendäre Geschichte – dank des bayerischen Rechtsanwalts und Schriftstellers Ludwig Steub. Mitte des 19. Jahrhunderts reiste Steub durch das Gebirgsland und erkundete die Täler, Menschen und Traditionen Tirols. Seine Berichte, festgehalten in Werken wie „Drei Sommer in Tirol“ und „Tyrolische Miscellen“, sind heute nicht nur faszinierende Zeugnisse seiner Reisen, sondern auch frühe und prägende Reiseführer für Nord- und Südtirol. Steubs Beschreibungen trugen dazu bei, Anna Knittels außergewöhnliche Tat über die lokalen Grenzen hinaus bekannt zu machen und ihrer Geschichte eine bleibende Bedeutung zu verleihen.

Das Selbstbildnis von Anna Knittel wurde 1863 vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum angekauft. Dieser erste wirtschaftliche Erfolg ebnete ihr finanziell den Weg nach Innsbruck. 
 | Foto: Tiroler Landesmuseen TLM
  • Das Selbstbildnis von Anna Knittel wurde 1863 vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum angekauft. Dieser erste wirtschaftliche Erfolg ebnete ihr finanziell den Weg nach Innsbruck.
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Anna Knittel und Innsbruck 

Was viele nicht wissen: Anna Knittel verbrachte den Großteil ihres Lebens in Innsbruck, wo sie ihrer großen Leidenschaft, der Malkunst, nachging. Nach ihrer zweiten mutigen Aktion im Jahr 1862, als sie erneut einen Jungadler aus dem gefährlichen Nest in der Saxerwand im Lechtal entführte – ein Adler, den ihr Vater ‚Hansl‘ nannte und für den Verkauf an Fürstenhäuser vorbereitete – wurde Innsbruck für sie zur „Sehnsuchtsstadt“, wie sie es selbst beschrieb. In der Ära der aufkommenden Fotografie strebte die junge Künstlerin danach, sich in der Kunstwelt zu etablieren. Sie schuf zahlreiche Porträts, darunter welche von ihrem Förderer Anton Falger und seiner Frau sowie von ihren Schwestern, ihrem Vater und ihrer Mutter. Als die Nachfrage nach Porträts in ihrem Umfeld zurückging, wandte sie sich schließlich dem Selbstbildnis zu. Das Selbstbildnis sollte ihr die Tür zur Tiroler Künstlerwelt aufstoßen. Sie schickte das Gemälde auf gut Glück nach Innsbruck. „Und siehe da, eines schönen Tages krieg ich einen dicken Geldbrief vom Museum Ferdinandeum, welches das Bild angekauft und mir den Betrag von 44 Gulden sogleich zuschickte“, heißt es in den Notizen der Anna Knittel. 

Das Geschäft von Leo Stainer im Palais Trapp.
 | Foto: Stadtarchiv Innsbruck, Bi-15; Ph-31568
  • Das Geschäft von Leo Stainer im Palais Trapp.
  • Foto: Stadtarchiv Innsbruck, Bi-15; Ph-31568
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„Diesen oder keinen“

Im Frühjahr 1866 nahm Anna Knittel Quartier im Haus der Familie Knapp am Innrain, wo sich ihr Weg mit einem jungen Geschäftsmann kreuzte. Dieser war ein ehrgeiziger Geschäftsmann. Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit begeisterte er auch durch seine Gesangskünste und seinen Fleiß. Das Schicksal der beiden sollte durch einen Brief des Pfarrers von Elbigenalp eine entscheidende Wendung nehmen. Dieser Brief beinhaltete einen weiteren, den Anna an Engelbert Stainer weiterleiten sollte, da der Pfarrer dessen Adresse nicht kannte. Diese unvorhergesehene Korrespondenz sollte das Leben der beiden auf unerwartete Weise miteinander verknüpfen. Anna nahm all ihren Mut zusammen und klopfte an Stainers Tür. Ein hochgewachsener, sympathischer junger Mann öffnete. Anna stammelte etwas über den Brief und zog sich dann schnell zurück. Doch eines war für sie klar: „Nun ist mein Schicksal an mich herangetreten. Ich empfand es mit Schrecken, diesen oder keinen, so rief’s in meinem Inneren.“ Was Anna an Engelbert Stainer so beeindruckte, war sein Werdegang: Der in Pfunds geborene Sohn eines Bildhauers hatte das Schusterhandwerk gelernt, doch dieses Handwerk sagte ihm wenig zu. Stattdessen übernahm er ein Geschäft, das mit Gipsfiguren handelte. Mit viel Mühe erlernte Stainer das Gipsformatieren selbst. Genau diese Entschlossenheit und Fähigkeiten faszinierten Anna Knittel an dem jungen Mann.

Foto von Anna Knittel, bis ins hohe Alter leitete sie eine „Zeichen- und Malschule für Damen“ | Foto: Stadtarchiv Innsbruck, Sommer-35-05
  • Foto von Anna Knittel, bis ins hohe Alter leitete sie eine „Zeichen- und Malschule für Damen“
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Zeichen- und Malschule für Damen

Auch nach ihrer Hochzeit mit Engelbert Stainer im Jahr 1867 blieb Anna Stainer-Knittel berufstätig. Wenige Jahre später gründete sie eine „Zeichen- und Malschule für Damen“, die sie bis ins hohe Alter leitete. Ihre drei Kinder Karl, Leo und Rosa förderte sie ebenfalls auf besondere Weise. So ist bekannt, dass Leo Stainer dank der Bemühungen seiner Mutter neben seiner Muttersprache auch Französisch, Englisch und Italienisch sprach. Anna Stainer-Knittel verstarb im Jahr 1915 in Wattens.

Hier gehts zu weiteren Meldungen aus Innsbruck. 

„Selbstportrait im Adlerhorst“ aus dem Jahr 1864 von Anna Stainer-Knittel. Dieses Bild war der Ausgangspunkt der Ausstellung „Geierwally“ im Solinger Kunstmuseum. | Foto: Michael Tesch
Das Geschäft von Leo Stainer im Palais Trapp.
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Foto von Anna Knittel, bis ins hohe Alter leitete sie eine „Zeichen- und Malschule für Damen“ | Foto: Stadtarchiv Innsbruck, Sommer-35-05
Das Selbstbildnis von Anna Knittel wurde 1863 vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum angekauft. Dieser erste wirtschaftliche Erfolg ebnete ihr finanziell den Weg nach Innsbruck. 
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