Kommentar
Saisonabbruch im Fußball: Eine sachliche Entscheidung – aber nicht förderlich für den Sport

- Seit Anfang November wird im steirischen Unterhaus kein Fußball gespielt: die zweite monatelange Pause ohne sportliche Wertung in einem Jahr
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von Simon Michl
Redaktion WOCHE Deutschlandsberg
Sechs Monate Warten auf den Fußball, eine Woche Diskutieren – und wieder ist eine Saison im steirischen Unterhaus abgebrochen. Nach mehr als einem Jahr Pandemie ist man am gleichen Punkt angelangt wie vor einem Jahr. 2020 konnte man dem Fußballverband höchstens die Annullierung einer ganzen Hinrunde vorwerfen, ein Abbruch war unumgänglich. Vielleicht 2021 auch, mittlerweile gibt es jedoch Konzepte und vorbereitete Pläne – oder auch nicht: etwa ein Play-off nur zwischen den aufstiegswilligen Klubs hätte das StFV-Regelwerk nicht hergegeben.
Sollen wir die Saison fertig spielen oder nicht? Geschlossen gefragt klingt diese Fragestellung fast absurd. Aber so einfach ist es natürlich nicht. Anders als so manchem Investor von europäischen Superklubs, geht es den ehrenamtlichen Fußballfunktionären nämlich tatsächlich um das Wohl ihres Vereins. Es ist ihre Aufgabe, sich um die wirtschaftliche Gesundheit des Vereins zu kümmern. Und viele Funktionäre tun das nicht erst in Krisenzeiten. Je nachdem, wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Saisonfortsetzung ausgesehen hätten: Es hätte auf vielen Sportplätzen ein Minus bedeutet.
Viele Kosten, wenig Training
Dafür einige wenige Spiele spielen, wo es theoretisch um nichts mehr geht? Man kann alle Sorgen der Funktionäre verstehen, die es gerade im letzten Jahr noch schwerer hatten und immer noch haben. Man möchte bei solchen Entscheidungen nicht in ihrer Haut stecken. Natürlich wollen auch sie wieder ihre Mannschaften am Platz sehen, aber nicht auf (Mehr-)Kosten ihres Vereins.
Während manche Vereine noch fünf Meisterschaftsspiele oder sogar den Steirer-Cup offen gehabt hätten, würden bei vielen nur noch zwei oder drei Runden fehlen (z.B. in der Regionalliga, durch deren Abbruch es wohl zum vierten Mal in Folge keinen sportlichen Absteiger aus der 2. Liga gibt). Der finanzielle Aufwand für wenige Spiele ist ungleich niedriger – umgekehrt ist die Sinnfrage bei vier Wochen Vorbereitung für eine Woche Fußball lauter zu stellen.
Das würde es an Training wohl brauchen, um die Verletzungsgefahr nach dem langen Stillstand zu minimieren. Dass das durchaus möglich ist, zeigen Kärnten und Wien: Dort wird ab Mitte Juni die Hinrunde fertig gespielt. Klar ist aber auch: Wenn dann Corona-Fälle oder Verletzungen auftreten, ist die Aufregung erst wieder groß.
Fußball ist nie sportlich wertlos
Finanzen sind die eine (wichtige) Sache, aber was zuletzt wieder klar wurde: Am Ende lebt der Sport von seinen Emotionen. Die rufen ganz klar „Ja!“ zum Fußball. Die Gesundheit hingegen sagt vorsichtig noch immer "Nein!". Ob erlaubt oder nicht, Amateurfußball ist und bleibt vor allem ein Hobby – zum Glück.
Und er lebt vom sportlichen Wettkampf – der nach sechs Monaten Pause wohl kaum wertlos wäre. Jedes sportliche Kräftemessen hat seinen Wert im Sinne des Sports, mit seinen Auf und Abs, den Erfolgen und Diskussionen und nicht zu vergessen der Bewegung. Die Spiele haben nur keinen Wert auf die Auswirkungen ab der nächsten Saison. Aber das haben auch in einer regulären Saison viele Spiele. Im nächsten Jahr wird wohl hoffentlich kein Verein einen Saisonabbruch fordern, weil man drei Runden vor Schluss nicht mehr auf- oder absteigen kann.
Sportlich, und in diesem Fall noch viel mehr gesellschaftlich, haben Wettkämpfe vor Zusehern einen Wert. Und wenn’s nur symbolisch ist. Ein Zeichen für mehr Bewegung und an unsere Jugend, die dem Sport (schon vor Corona) immer mehr abhanden gekommen ist. Förderlich sind solche Abbruch-Entscheidungen dafür ganz sicher nicht.
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