Experte Reinhard Pierer
Wann Textilien getrennt gesammelt werden müssen

Reinhard Pierer, Wertstoffe-Bereichsleiter der Loacker Recycling GmbH, Vorstandsmitglied beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB). | Foto: VOEBB
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  • Reinhard Pierer, Wertstoffe-Bereichsleiter der Loacker Recycling GmbH, Vorstandsmitglied beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB).
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Wie sieht es mit dem Recyclen von Alttextilien in Österreich aus? Eine Aussendung des VOEB sorgte im Dezember für Verwirrung. MeinBezirk sprach mit Reinhard Pierer von Loacker Recycling, Experte für Textilrecycling sowie Vorstandsmitglied beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB). 

ÖSTERREICH. Ab 2025 müssen Textilien in Österreich getrennt gesammelt werden, ähnlich wie Verpackungen oder Bioabfall", hieß es im Dezember in einer Aussendung des VOEB - MeinBezirk berichtete. Diese Aussage bezog sich auf eine EU-Verordnung.

Denn in Österreich, wie auch in anderen EU-Ländern, fallen jedes Jahr mehr als 220.000 Tonnen Textilabfälle an, Tendenz steigend. Nur ein Viertel davon wird getrennt gesammelt und kann als Secondhand-Ware oder zur Herstellung von Putzlappen oder Dämmmaterial genutzt werden. Die EU will diesen Anteil massiv erhöhen. "Dazu gehören gebrauchte Schuhe, aber auch Bettwäsche, Vorhänge oder der Textilanteil von Autoreifen", hieß es in der Aussendung. 

Doch wie sich herausstellte, ist Österreich noch gar nicht so weit. MeinBezirk fragte beim Experten für Textilienrecycling, Reinhard Pierer, nach. "Aktuell hat sich gegenüber 2024 in Österreich noch nichts verändert. Das Land befindet sich weiterhin in einer Übergangsfrist bezüglich der Sammlung von Textilien.", so Pierer. Zwar stimme es, dass ab 2025 Textilien, ähnlich wie Verpackungen oder Bioabfälle, getrennt gesammelt werden müssen, allerdings, so Pierer, "ist Österreich noch nicht darauf vorbereitet, diese Sammlung flächendeckend umzusetzen".

Kein funktionierendes All-in-System für alle Textilarten 

Verantwortlich für die Umsetzung sei nicht die lokale Ebene (Gemeinden oder Länder), sondern der Bund, der die Vorgaben der EU übernommen hat. Pierer: "Es gibt bisher kein funktionierendes All-in-System für alle Textilarten. Derzeit existiert lediglich eine bestehende Sammlung von sauberen, getragenen Textilien (wie Kleidung und Schuhe), die größtenteils über karitative Organisationen abgewickelt wird. Diese Textilien werden dann in Sortieranlagen weiterverarbeitet und entweder entsorgt oder verwertet."

Künftig, so der Experte, werden Sortieranlagen notwendig sein, die in der Lage sind, verschiedene Fasern in den Textilien zu trennen. Diese Anlagen befinden sich derzeit noch im Aufbau. Vor einer breiten Sammlung benötigt es jedoch eine gesetzliche Norm oder Vorgabe, ähnlich der Verpackungssammlung.

In einigen Bundesländern, wie Vorarlberg, werde das Thema bereits aufgegriffen, allerdings ist auch dort noch keine vollständige Lösung vorhanden. Pierer, selbst Vorarlberger: "In Vorarlberg gibt es eine Altkleidersammlung, die von der Caritas und den Gemeinden organisiert wird, mit Dienstleistern wie Loacker, die in Zusammenarbeit mit Partnern die Textilien sammeln und an Sortieranlagen wie Karlatex weiterleiten. Diese Sammlung betrifft jedoch nur Altkleider und Schuhe. Für andere Textilien wie Teppiche, Vorhänge oder Matratzen gibt es noch keine Lösung."

Was Autoreifen mit Textilien zu tun haben

Bezüglich der Erwähnung von Autoreifen in den EU-Vorgaben: Es gebe bereits bestehende Sammelsysteme für Autoreifen, die entweder über Reifenhändler oder über Altstoffsammelzentren (ASZ) abgewickelt werden. Der Grund, warum Autoreifen im Kontext von Textilsammlung genannt werden, liege darin, dass sie Textilfasern, insbesondere Baumwollfasern, enthalten, erklärt Pierer. "Ein Autoreifen besteht aus mehreren Materialien: Gummi, Textil (Baumwolle), Reifendraht und Kies. In der Verwertung werden diese Materialien getrennt: Gummi wird in Sportanlagen oder im Straßenbau verwendet, Textil geht in die Zementindustrie als Ersatzbrennstoff, Reifendraht wird in der Stahlindustrie weiterverarbeitet, und der Kies landet auf Deponien."

Die vollständige Umstellung auf die Textilsammlung in Österreich wird frühestens 2027 erwartet, da dies von der Umsetzung der entsprechenden Gesetze abhänge. Es gebe jedoch EU-Übergangsfristen, sodass noch Zeit bleibt, aber: "Es muss bald gehandelt werden, um die notwendigen Systeme zu etablieren."

Was noch getan werden muss

„Nur“ rund 40Prozent der Alttextilien entfallen auf Kleidungs- und Schuhabfälle – europaweit entspricht das in etwa zwölf Kilo pro Person und Jahr. Damit die Umstellung gelingt, muss Textilrecycling jedoch ökonomisch Sinn machen, warnt der VOEB: Textilfasern müssen recyclingfähig sein, die Sammlung vereinheitlicht, die Recyclingprozesse optimiert und die Nachfrage nach Recyclingfasern erhöht werden. „Produzenten, Konsumenten, Sammelsysteme und Recyclingbetriebe stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, ist Gabriele Jüly, Präsidentin des VOEB, überzeugt.

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Reinhard Pierer, Wertstoffe-Bereichsleiter der Loacker Recycling GmbH, Vorstandsmitglied beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB). | Foto: VOEBB
Dosen recyceln. | Foto: z.V.g.
Anton Skalnik (Geschäftsführer SKAPA Recycling GmbH) und Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger in der europaweit einzigartigen Aufbereitungsanlage in Kottingbrunn. | Foto: Imre Antal
Bei der Entsorgung von Textilien bleibt voerst alles beim Alten. | Foto: Kukota/PantherMedia

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