Trotz schwachen Wachstums
Rekord bei Neugründungen in Österreich

- Wolfgang Hattmannsdorfer, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Mariana Kühnel, Stv. Generalsekretärin
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Österreich wird 2024 mit einem der schwächsten BIP-Wachstumsraten der EU konfrontiert, nur Estland schneidet noch schlechter ab. Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftskammer fordern mehr Unterstützung für Unternehmen und bessere Rahmenbedingungen.
ÖSTERREICH. Im Rahmen einer Pressekonferenz gaben Wolfgang Hattmannsdorfer, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Mariana Kühnel, Stv. Generalsekretärin, detaillierten Einblick in die Stimmungslage der heimischen Unternehmen und stellten mit dem Wirtschaftsbarometer die Erwartungen der Wirtschaft an die nächste Bundesregierung vor.
Neugründungen auf Allzeithoch
Trotz großer wirtschaftlicher Herausforderungen ist das Gründungsfieber in Österreich ungebrochen. Die aktuellen Zahlen zeigen klar: Die eigenen Ideen unternehmerisch umzusetzen, ist und bleibt für viele Menschen das große Ziel. 36.673 Neugründungen gab es im Jahr 2024. Fast jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) wird von einer Frau gegründet. 2024 waren 81,5 Prozent aller Gründerinnen und Gründer Einzelunternehmer:innen, 13,5 Prozent GmbH Gesellschafterinnen bzw. Gesellschafter. Seit 1. Jänner 2024 kann zudem die neue Rechtsform FlexKapG gegründet werden. Das Rekordhoch der Gründungen weise auf eine mögliche Rückkehr von Wachstum und Innovation hin, hofft Hattmannsdorfer.
Neugründungen nach Sparten
39,7 Prozent der Neugründungen befinden sich im Bereich Gewerbe&Handwerk, 25,6 Prozent aus dem Handel, 19,9 Prozent aus Information&Consulting..
Erfolgsquote bei Gründungen hoch
Nach drei Jahren sind 75 Prozent der Unternehmen weiterhin aktiv und erfolgreich, betonte Hattmannsdorfer vor Pressevertreterinnen und -vertretern. Damit stehe Österreich international gut da. 63 Prozent der Unternehmen existieren nach fünf Jahren noch. Besonders auffällig sei, dass 20 Prozent der Gründerinnen und Gründer gleich international tätig sind. Die Wirtschaftskammer Österreich bietet umfangreiche Beratung, Unterstützung und Weiterbildungsangebote, etwa über die Plattform "wise up", so Kühnelt.
Der Altersdurchschnitt bei Gründerinnen und Gründern liegt bei 36 Jahren, und zunehmend wagen auch Menschen in den 40ern und 50ern den Schritt in die Selbstständigkeit. Besonders erfreulich ist die Diversität unter den Gründerinnen, die sich in verschiedenen Branchen (vor allem im Gewerbe und in der Beratung) und Rechtsformen widerspiegelt, stellte Kühnel fest.
Wirtschaftliche Ausgangslage
Im internationalen Wettbewerb verliert das Land an Boden und fällt im IMD-Ranking von 67 Ländern auf Platz 26 zurück. Eine der Hauptursachen für die wirtschaftliche Schwäche sind die hohen Abgaben in Österreich. Die Lohnnebenkosten machen hier 27 Prozent der Arbeitskosten aus – deutlich mehr als in Deutschland (23 %) oder Dänemark (13 %). Zudem steigen die Lohnstückkosten 2024 um 8,2 %, was deutlich über dem EU-Durchschnitt von 4,8 Prozent und auch über Deutschland (5,3 %) liegt. In der Abgabenquote nimmt Österreich im OECD-Vergleich sogar den dritten Platz ein. Diese Faktoren sind entscheidend für das schwache Wachstum und die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Keine großen Investitionen
Gut ein Viertel der Unternehmen plant keine Investitionen. Die Unternehmen sagen: Hohe Arbeitskosten hemmen das Wachstum am stärksten. Die Wachstumsbremsen sind vor allem Arbeitskosten und eine Nachfragenschwäche, sowie allgemeine Unsicherheit:

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Österreich sei eine Exportnation, die stärkere transatlantische Beziehungen und ein proeuropäisches Bekenntnis benötige. Dies sei besonders im Hinblick auf die USA als wichtigen Zukunftsmarkt von Bedeutung.
Auf die Frage, ob eine künftige FPÖ-ÖVP-Regierung durch Anreize Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen wolle, betonten Hattmannsdorfer und Kühnel, dass der Fokus auf der Wahlfreiheit für Frauen liege, wie sie Beruf und Familie vereinbaren. Die ÖVP habe den Ausbau der Kinderbetreuung und flexibler Arbeitsmodelle gefordert, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern.
Was die Wirtschaft fordert
Die Wirtschaftskammer fordert politisch mehr Unterstützung für Gründer, insbesondere durch bessere Beratung, die Schaffung eines günstigen wirtschaftspolitischen Rahmens und die Bekämpfung bürokratischer Hürden. Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen zu verbessern. Hattmannsdorfer: "Dazu gehört die Digitalisierung des Gründungsprozesses und die Schaffung unbürokratischer Bedingungen, um Gründer zu unterstützen". Zudem wies er auf die Bedeutung der Betriebsnachfolge und den demografischen Wandel hin.
Für ein Comeback von Leistung und Wettbewerb wünscht sich die Wirtschaft vor allem eine Senkung der Lohnnebenkosten, mehr Leistungsanreize im Steuersystem, zb. Vollzeit attraktivieren, und eine steuerliche Entlastung für Unternehmen. Darüber hinaus werden internationale Wettbewerbsfähigkeit, Investitionsanreize und eine Reform der Arbeitsmarktpolitik gefordert, insbesondere durch qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften.
Hattmannsdorfer:
"Der Aufruf ist klar: Es braucht eine stärkere Förderung des Unternehmertums, effizientere bürokratische Prozesse und eine bessere steuerliche Gestaltung, um Wachstum zu fördern und das Unternehmertum in Österreich zu stärken."

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