Plagiats-Affäre
Ex-Ministerin mit weiteren Vorwürfen konfrontiert
Ex-Ministerin Christine Aschbacher soll für ihre Dissertation Interviews mit Führungskräften aus acht Unternehmen geführt haben. Ein Unternehmen bezweifelt das.
ÖSTERREICH. Bekanntlich soll die ehemalige Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) sowohl ihre Diplomarbeit als auch ihre Dissertation großteils plagiiert hat. "Der Standard" berichtete am Montag von weiteren Vorwürfen. Die Ex-Ministerin will für ihre Dissertation mit acht Führungskräften in verschiedenen Unternehmen qualitative Interviews geführt haben, darunter mit einem Geschäftsführer des Energietechnik-Betriebs Urbas. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei uns jemand so einen Schmarrn von sich gibt", zitiert "Der Standard" Andreas Urbas, einen von drei Geschäftsführern des Unternehmens, nachdem dieser die Passage über das Interview mit einem Vertreter seines Unternehmens gelesen hatte.
"Kein Bezug zu unserem Unternehmen"
Zwar sei es möglich, "dass jemand bei uns angerufen hat, weiterverbunden wurde zu jemandem, der meinte, gescheit sein zu müssen, aber das ist eher unwahrscheinlich", so Urbas. Die Zusammenfassung des Interviews habe außerdem"offensichtlich gar keinen Bezug zu unserem Unternehmen und unserem Geschäft". Das Vokabular, das in der Dissertation zur Zusammenfassung des Gesprächs verwendet werde, gebe es bei ihnen nicht, sagte Urbas gegenüber dem Standard weiter. Übersetzungsfehler könne er ausschließen: "Unsere Konzernsprache ist Deutsch."
Auch Aufsatz abgeschrieben
Plagiatsgutachter Stefan Weber erhebt in seinem Blog am Dienstag weitere Plagiatsvorwürfe gegen die zurückgetretene Arbeitsministerin. Demnach hat Aschbacher mit zwei Co-Autoren am 15. April 2020 bei der TU Bratislava einen sechsseitigen Aufsatz eingereicht, der laut Weber ebenfalls großteils abgeschrieben sein soll. Das Thema des Papers waren Managertypen aus theoretischer Sicht. "Das Papier ist nahezu ein Komplett-Plagiat einer Internetquelle und ich frage mich, warum die Ex-Ministerin in der fünften Woche des ersten Lockdowns so ein Unsinns-Papier, das wiederum plagiert ist, einreicht", sagte Weber im Ö1-Mittagsjournal. Insgesamt soll Aschbacher rund 14 wissenschaftliche Arbeiten zu unterschiedlichen Themen verfasst haben. Stefan Weber will diese nun alle unter die Lupe nehmen. Auch bei einem zweiten Paper gehe er schon von einem Plagiat aus, so Weber zu Ö1, "es ist wahrscheinlich eine generelle Arbeitsweise gewesen".
Aschbacher löst Dienstverhältnis mit Finanzministerium auf
Aschbacher legte aufgrund der Vorwürfe ihr Amt zurück, weist diese aber nach wie vor zurück. Die ehemalige Ministerin verzichtet aber auf ihr Rückkehrrecht und ihren Arbeitsplatz im Finanzministerium. Sie hat ihr Dienstverhältnis mit dem Finanzministerium aufgelöst, wie das Ressort am Montagabend bekanntgab. Es gebe auch keinen Anspruch auf eine Gehaltsfortzahlung aus ihrer Ministertätigkeit, teilte das Ministerium der APA mit.
FH Wiener Neustadt leitet Prüfverfahren ein
Die Fachhochschule Wiener Neustadt will von Plagiatsvürwürfen gegen die ehemalige Ministerin nichts gewusst haben und erklärte am Montag dazu: „Die FH Wiener Neustadt hat von den Vorwürfen aus den Medien erfahren und wird diese prüfen, die Tatsachen beurteilen und, wenn erforderlich, Maßnahmen ergreifen". Hier geht es zum ganzen Interview. Aschbacher hatte dort 2006 ihr Studium abgeschlossen. Er habe sofort nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen Aschbacher „eine umgehende Prüfung der Sachlage in Auftrag gegeben“, sagte Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP), der Aufsichtsratsvorsitzende der FH Wiener Neustadt.
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