Kampf gegen Ärztemangel
Arbeitsbedingungen optimieren statt Knebelverträge

- "Knebelverträge mit höchst fragwürdigen Verpflichtungsszenarien lehne ich strikt ab": Vizepräsident der Ärztekammer, Harald Mayer
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Der stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Ärztekammer, Harald Mayer, spricht sich klar gegen die Förderung von Medizinstudienplätzen aus und warnt vor einem möglichen Qualitätsverlust in der Gesundheitsversorgung.
ÖSTERREICH. Mayer kommentiert das steigende Angebot an geförderten Medizinstudienplätzen, die mit strengen Verpflichtungen verbunden sind, und lehnt die damit einhergehenden Zwangsmaßnahmen ab.
85 Plätze sind für das kommende Wintersemester für „Aufgaben im öffentlichen Interesse“ gewidmet. Interessentinnen und Interessenten müssen sich dazu verpflichten, 17 bzw. 20 Jahre bei der Partnerinstitution – also in dem jeweiligen Bundesland, der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), dem Innenministerium bzw. dem Bundesheer zu bleiben.
Dafür bekommen sie im Gegenzug ein Stipendium und müssen beim Aufnahmetest nur 75 Prozent der Punkteanzahl aller angetretenen Bewerberinnen und Bewerber erreichen. Wer vor Ende der Frist den Dienst oder das Studium verlässt, muss bis zu 150.000 Euro zahlen. Damit will man dem Ärztemangel – vor allem auf dem Land, aber auch bei Bundesheer und Polizei – entgegensteuern. Trotz strenger Verpflichtungen ist der Andrang groß, wie Ö1 am Dienstag berichtete.

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Qualitätsverlust befürchtet
Der Ärztekammer-Funktionär betont, dass diese Vorgehensweise nicht dazu beiträgt, den Ärztemangel zu bekämpfen, sondern eher zu einem Qualitätsverlust in der Gesundheitsversorgung führen könnte. Mayer ist der Ansicht, dass der Beruf des Arztes generell attraktiver gestaltet werden sollte, um junge Menschen dazu zu motivieren, ihn ohne langwierige Verpflichtungen und Rückzahlungsdrohungen von Fördermitteln auszuüben.
Wie man Ärzte halten kann
Mayer hebt hervor, dass die Österreichische Ärztekammer seit Jahren die dringende Verbesserung der Arbeitsbedingungen, eine Gehaltserhöhung, die Schaffung von mehr Stellen in Krankenhäusern, flexible Arbeitszeitmodelle und die Attraktivierung des niedergelassenen Bereichs fordert. Mayer ist überzeugt, dass durch diese Maßnahmen sowie durch eine Entlastung der Ärzte von bürokratischen Aufgaben, eine Qualitätsausbildung und eine Lenkung der Patientenströme Knebelverträge überflüssig werden, um Ärzte im österreichischen solidarischen Gesundheitssystem zu halten.
Des Weiteren kritisiert der Funktionär die Pläne, wonach Bewerberinnen und Bewerber für die geförderten Medizinstudienplätze nur 75 Prozent der Punkte beim Aufnahmetest MedAT erreichen müssen. Er befürchtet, dass dies zu einem Qualitätsverlust führen könnte und betont die Notwendigkeit, die besten und motiviertesten angehenden Ärzte zu gewinnen, indem entsprechende Anreize gesetzt werden.
Außerdem stellt Mayer die Fragwürdigkeit der Verpflichtungsbedingungen in Frage, insbesondere die lange Bindungsfrist von 20 Jahren beim Bundesheer oder im Innenministerium sowie die Möglichkeit des Dienstgebers, den Dienstort jederzeit festzulegen.
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