Schulden und Corona
Mehr Privatkonkurse als Folge von Corona
Eine zunehmende Zahl von Personen gerät nach dem Corona-Shutdown in finanzielle Probleme.
BEZIRK (hed). Maria Grabner, Leiterin der Regionalstelle Rohrbach-Berg der Schuldnerhilfe O.Ö. berät seit 32 Jahren, Menschen die in finanzielle Nöte geraten sind. Im Gespräch nennt sie Ursachen für die Zunahme der Verschuldungen aufgrund der Corona-Krise und erklärt, warum oftmals nur der Privatkonkurs eine Entschuldigung möglich macht. Sie gibt Ratschläge für Menschen, die in die Schuldenfalle geraten sind. Ihr Fazit: „Das Schlimmste wäre nichts zu tun beziehungsweise nicht zu reagieren."
Waren Sie auch während des Corona-Shutdowns für Ihre Kunden erreichbar?
Ja, wir haben sowohl per mail als auch telefonisch Beratungsgespräche durchgeführt und Anfragen beantwortet.
Hat die Anzahl der Hilfesuchenden aufgrund der Corona-Krise zugenommen?
Ja, besonders spürbar war das nach dem 1. bzw. 15. Mai, als Personen die nach dem Shutdown in Kurzarbeit geschickt oder arbeitslos wurden und erstmals die reduzierten Löhne ausbezahlt bekamen. Da merkten viele, dass die Einnahmen geringer sind während die Fixkosten weiterlaufen.
Warum geraten Personen auch schon bei geringen Einkommensverlusten in die Schuldenfalle?
Eine der Hauptursachen ist, dass Menschen häufig mit einem sehr knappen Budget planen müssen und daher auch keinen finanziellen Spielraum haben. Nach wie vor ist Arbeitslosigkeit beziehungsweise Einkommensverschlechterung der mit Abstand am häufigsten genannte Grund für Überschuldung.
Was rät man Personen, die in finanzielle Nöte geraten?
Zunächst wird ein genauer Haushaltsplan mit allen Einnahmen und Ausgaben erstellt. Die Sicherung der existenziellen Ausgaben wie Wohnungskosten, Lebensunterhalt, Alimente und Strafen hat oberste Priorität. Nur wer seine Ausgaben kennt, kann in weiterer Folge überlegen, wo eingespart werden kann beziehungsweise worauf verzichtet werden kann. Anstehende Zahlungen sollen nach Dringlichkeit erledigt werden.
Wann wird zum Privatkonkurs geraten?
Wenn eine Person trotz aller möglichen Maßnahmen ihre Schulden nicht begleichen kann, also bei Zahlungsunfähigkeit, dann rate ich zum Privatkonkurs. Hier ist die einzige und vernünftige Lösung die Einleitung eines Insolvenzverfahrens. Dieses ermöglicht nach fünf Jahren einen wirtschaftlichen Neubeginn. Wir bereiten das Verfahren vor und vertreten die Betroffenen vor Gericht. Es gibt auch die Möglichkeit der ehrenamtlichen Nachbetreuung.
Welche weiteren Maßnahmen gibt es?
Sind Schulden vorhanden, die nicht mehr fristgerecht bezahlt werden können, ist es wichtig, die Gläubiger unverzüglich zu kontaktieren. Neue Zahlungsvereinbarungen sollten unbedingt schriftlich festgehalten werden. Wir können dabei Unterstützung geben. Es sollte auch abgeklärt werden, ob es finanzielle Unterstützung aufgrund der Corona- Krise durch etwaige Regierungsmaßnahmen gibt.
Rechnen Sie mit einer Zunahme von Verschuldungen als Folge der Corona-Krise?
Die Corona-Krise wird die Zahl der Insolvenzen in die Höhe treiben und ich rechne im Herbst mit einem starken Anstieg der Hilfesuchenden. Davon betroffen sind nicht nur private Haushalte, sondern auch Kleinunternehmer. Ich rate allen, die finanzielle Probleme haben beziehungsweise in die Schuldenfalle geraten sind, eine kostenfreie Schuldenberatung in Anspruch zu nehmen.
Kontakt zur Schuldnerhilfe:
www.schuldner-hilfe.at oder 07289/5000
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