Rat auf Draht warnt
Nacktfoto-Erpresser nutzen verstärkt KI

- Rat auf Draht ist die erste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in Not sowie deren Bezugspersonen.
- Foto: AntonioGuillem/PantherMedia
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KI-generierte Inhalte werden gezielt für Sextortion eingesetzt. Die Opfer werden immer jünger, meldet Rat auf Draht.
OÖ. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von Sextortion, der Erpressung mit Nacktfotos oder -videos über soziale Netzwerke betroffen. 327 Beratungsgespräche führte Rat auf Draht im Jahr 2024 mit Kindern und Jugendlichen zu dieser Thematik, was einer erneuten Steigerung von rund 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bereits von 2022 auf 2023 wurde ein Anstieg von 29 Prozent gemessen. Die Dunkelziffer der Betroffenen dürfte jedoch viel höher sein, bringt doch nicht jeder betroffene Mensch den Mut auf, sich jemandem anzuvertrauen.
Mehr Burschen und junge Männer betroffen
Unter den Sextortion-Opfern finden sich weiterhin deutlich mehr Burschen und junge Männer, auf die rund 72 Prozent oder der Gespräche entfallen (235 Beratungen), mit Mädchen und jungen Frauen wurde 92 Mal zu Sextortion gesprochen (rund 28 Prozent). Allerdings hat der Anteil an Frauen im Vergleich zum 2023 deutlich zugenommen, damals lag das Verhältnis bei rund 17 Prozent weiblichen zu rund 83 Prozent männlichen Anrufern.
Opfer werden immer jünger
„Besonders alarmierend ist, dass die Betroffenen immer jünger werden“, sagt Birgit Satke, Leiterin des Beratungsteams von Rat auf Draht. So wurde in der Alterskategorie der elf bis 14-Jährigen der größte Zuwachs bei den Beratungen verzeichnet (plus 178 Prozent). Die Masche ist hingegen immer gleich: Die Opfer werden über soziale Netzwerke, Dating-Plattformen oder in Online-Games von attraktiven Personen angesprochen, die sexuelle Absichten vortäuschen. In der Folge werden die Opfer aufgefordert, ebenfalls Videos oder Nacktfotos von sich zu senden. Gehen die Jugendlichen darauf ein, ändert sich die „erotische“ Stimmung abrupt und sie werden aufgefordert, einen Geldbetrag zu zahlen. Ansonsten drohen die Täterinnen und Täter damit, das Material zu posten oder direkt an Personen zu versenden.
Gezielter Einsatz von Künstlicher Intelligenz
Neu ist auch, dass Erpresserinnen und Erpresser immer stärker auf KI setzen, wie aus diversen Beratungen bei Rat auf Draht hervorgeht: „Das passiert auf zwei Arten. Zum einen verwenden sie KI-generierte Bilder oder Videos, um Jugendliche die Falle zu locken. Sprich die Person, von der die Opfer angeschrieben werden und die zu sehen ist, existiert nicht wirklich. Zum anderen verwenden die Täterinnen und Täter auch KI-generierte Bilder, die das vermeintliche Opfer zeigen sollen, um es zu erpressen“, erklärt Satke. Obwohl die Aufnahmen gar nicht sie selbst zeigen würden, seien der Leidensdruck, die Scham und die Schuldgefühle der Betroffenen genauso hoch wie bei echten Aufnahmen, so die Expertin weiter.
Nicht auf Forderungen eingehen
Den Opfern bieten sich allerdings Möglichkeiten, sich gegen Sextortion zu wehren: „Trotz Schock und Verzweiflung ist ganz wichtig, nicht auf die Forderungen einzugehen und nicht zu bezahlen“, sagt Satke. Die Erfahrung zeigt, dass dies nicht vor einer Veröffentlichung schützt. Zudem sollte der Kontakt umgehend abgebrochen und Beweise – Screenshots vom Erpressungschat – gesichert werden. Wurden bereits Bilder oder Videos veröffentlicht, sollte dies sofort bei der jeweiligen Plattform gemeldet werden. Satke: „Eine Anzeige bei der Polizei ist ebenfalls anzuraten, da es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt“.
Online-Tools gegen Sextortion
Abhilfe können auch zwei Online-Tools schaffen, die eine weitere Veröffentlichung der Nacktaufnahmen verhindern können: „Take it down“, für Personen unter 18 Jahren und „Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing" für Erwachsene, verhindern den Upload von intimen Bildern oder Videos auf diversen Online-Plattformen. Zur Nutzung dieser Tools müssen die Bilder und Videos noch auf einem Endgerät gespeichert sein. „Auf dem Gerät wird ein digitaler Fingerabdruck von dem Foto oder Video erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht, intime Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern“, erklärt Satke. Die Bilder verbleiben auf dem Gerät des Users und werden nicht hochgeladen.
Förderung von Medienkompetenz
Um Phänomene wie Sextortion dauerhaft einzudämmern, brauche es allerdings präventive Maßnahmen, wie etwa die Förderung von Medienkompetenz und Sexualerziehung bereits ab frühester Kindheit an. „Je mehr Kinder und Jugendliche darüber wissen, desto besser können sie sich schützen und selbstbewusster reagieren“, so Satke.
Mehr Informationen gibt es HIER
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