Kulturhauptstadt 2024
Wie fällt das Fazit im Ausseerland aus?
Heuer stand mit dem Salzkammergut erstmals keine Stadt, sondern eine gesamte Region im Fokus der Europäischen Kulturhauptstadt. Für Franz Steinegger, Bürgermeister von Grundlsee, fällt das Fazit positiv aus, obwohl er auch erwähnt: "Es war sichtbar, dass es in weiten Teilen der Bevölkerung an Toleranz fehlt."
STEIRISCHES SALZKAMMERGUT. Im Vorfeld des Kulturhauptstadt-Jahres wurde seitens der Ausseer Bevölkerung häufig kritisiert, dass den eigenen Bräuchen und Traditionen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. Statt einheimischen Künstlerinnen und Künstlern eine breite Bühne zu geben, vertraue man lieber auf internationale Kunstschaffende.
Nun, zum Ende des Veranstaltungsreigens, scheint die kritische Haltung nicht gänzlich ausgeräumt worden zu sein. "Die Kulturhauptstadt hat als Spiegel funktioniert. Es war sichtbar, dass es in weiten Teilen der Bevölkerung an Toleranz fehlt. Vieles wurde mit breiter Vehemenz abgelehnt und nicht mal akzeptiert. Es hat gezeigt, dass nicht jeder offen für zeitgenössische Kunst ist. Wahrscheinlich würden wir in der Region heute noch Egon Schiele verjagen", betont Franz Steinegger, der auch anfügt: "Vielleicht gibt es einfach zu wenig Verständnis dafür, denn zeitgenössische Kunst hinterfragt und soll Selbstreflexion beim Betrachter auslösen."
Im Großen und Ganzen ist Steinegger jedoch davon überzeugt, "dass es für die Bevölkerung, Gäste und Region definitiv eine große Bereicherung war, weil kulturelle Grenzen erweitert wurden und viele Formate niemals hier stattgefunden hätten". Zeitgenössischer Kunst dürfe man sich seiner Meinung nach nicht entschließen, denn sie ergänze unsere Volkskultur.
Potenzial wäre vorhanden
Generell sei die Verbindung zwischen heimischen und internationalen Kunstschaffenden gut gelungen, so Steinegger: "Man hat gesehen, was bei uns alles funktionieren könnte." Er selbst habe "mit Genuss" fast alle Veranstaltungen vor Ort besucht.
Besonders gut angekommen sei laut dem Bürgermeister eine Lesung mit Schifffahrt mit Tobias Moretti. Veranstaltungen dieser Art sollen auch in den kommenden Jahren forciert werden. Ein weiteres Erfolgsrezept stellte der Kochauftritt der "Healthy Boy Band" in der Schottergrube dar. Sie richteten dort eine Pop-Up-Küche ein und verwöhnten die Besucher mit regionalen und internationalen Schmankerln.
Gedichte aus dem Automaten
Den Poesie-Automaten beschreibt Steinegger als "ungeheuer schönes Projekt". Matthias Göritz, Professor an einer US-Universität, "hat den Kindern gezeigt, was Literatur ist, wie er mit Poesie lebt und wie jeder selbst Literat sein kann". Anschließend verfassten die Kinder eigene Gedichte, die für 50 Cent aus einem Automaten geholt werden konnten. "Du weißt nicht, was du kriegst, weil auch Texte von Nobelpreisträgern drinnen sind", berichtet Steinegger.
Und was bleibt touristisch gesehen vom Kulturhauptstadt-Jahr? "Grundsätzlich wurden neue Gästeschichten angesprochen und wir haben einen Qualitätssprung im Tourismus gemacht. Wir sind ja ohnehin ausgebucht, aber du kannst schon beeinflussen, wer kommt", so Steinegger abschließend.
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