300 Mio Euro
Budgetloch bei Lehrstellenförderung heuer schon überzogen

Die aktuelle Lehrstellenförderung beträgt rund 280 Millionen Euro. | Foto: Archiv
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Aufgrund der gestiegenen Lehrlingseinkommen droht der Lehrstellenförderung für 2025 eine Budgetlücke von 316,5 Millionen Euro. Dies gefährdet das Ausbildungsmodell der Lehre massiv.

ÖSTERREICH. Die Lehrlingsausbildung in Österreich ist in Gefahr. Steigende Lehrlingseinkommen durch Kollektivvertragserhöhungen führen zu einem stark erhöhten Mehrbedarf bei der Lehrstellenförderung. Konkret handelt es sich hierbei im Jahr 2025 um 316,5 Millionen Euro und 2026 um 330 Millionen Euro. Insgesamt beträgt die Lücke über die nächsten zwei Jahre 86 Millionen Euro, die mit dem momentanen Förderdeckel von 280 Millionen Euro im Jahr nicht ausreichend gedeckt werden kann.

Ohne Förderung keine Ausbildungsplätze

Ab Sommer 2025 könnte eine Kürzung der Förderungen drohen. Das wäre fatal für die Zukunft der Lehrlingsausbildung. Vier von fünf Lehrlingen sind bereits 18 Monate nach der Ausbildung in Erwerbsfähigkeit und verdienen im Schnitt besser als Menschen mit anderen Schulabschlüssen. Außerdem haben rund 30 Prozent aller Selbstständigen und ein Fünftel aller Führungskräfte eine Lehre als höchsten formalen Bildungsabschluss. Jedoch zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw), die im Frühjahr 2025 durchgeführt wurde, dass ohne Förderung mehr als jeder zweite Betrieb die Lehrlingsausbildung einstellen oder reduzieren würde. Diese Angabe ist speziell bei Klein- und Mittelbetrieben sehr hoch, was problematisch ist, da diese einen Großteil der Lehrlingsausbildungen übernehmen. Fast die Hälfte aller Ausbildungsbetriebe bildet nur einen Lehrling aus, weitere 20 Prozent lediglich zwei. Die Förderung ist bei vielen Betrieben auch wichtig, um das finanzielle Risiko zu mindern, das entsteht, wenn der Lehrling gleich nach der Ausbildung ausscheidet. Des Weiteren sind immer weniger Kunden bereit, die Kosten einer Lehrlingsstunde zu bezahlen.

Fordernde Bedingungen

Bundesspartenobfrau Renate Scheichelbauer, die selbst einen Lehrbetrieb in Pöchlarn besitzt, erklärte bei einem Pressegespräch in der Wirtschaftskammer Österreich, dass Lehrlinge auszubilden die Betriebe sehr viel mehr fordere als in den letzten Jahren. Der Betreuungsaufwand sei massiv gestiegen, weshalb eine höhere Förderung dringend notwendig sei. So soll unter anderem die höhere Komplexität der Arbeitswelt, die fehlenden Schul-Grundkompetenzen, die mangelnden Sozialkompetenzen und die hohen Recruitingkosten, um überhaupt Lehrlinge zu finden, vor allem KMU vor finanzielle und personelle Herausforderungen stellen. Sie appelliert an die Regierung:

„Wer heute bei der Lehre spart, verliert die Fachkräfte von morgen – und das zahlt man dann doppelt und dreifach.“

Zu wenig Förderung

Die betriebliche Lehrstellenförderung ist derzeit mit 280 Millionen Euro pro Jahr gedeckelt. Es handelt sich hierbei um ein degressives Modell, bei dem die Lehrstellen für das erste Lehrjahr drei kollektivvertragliche Bruttolehrlingseinkommen, im zweiten Jahr zwei und im dritten Jahr eines erhalten. Auch andere Kosten, wie beispielsweise Internatskosten für die Zeit der Lehrlinge in der Berufsschule, werden gefördert.

Die degressive Förderung der Regierung kritisiert Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk der WKO stark. Die Lehrlingseinkommen seien in den letzten Jahren massiv angestiegen, was sich stark auf die benötigten Förderungen auswirkt, da der Topf im Budget gedeckelt ist. Im Gegensatz zu Schulen oder Universitäten würden die Kosten vom Staat nicht abgedeckt werden, was fatale Auswirkungen auf die Ausbildungsfähigkeit und Bereitschaft der kleinen Ausbildungsbetriebe hätte. Er beharrt, dass es keine Klassengesellschaft zwischen Schule und Lehre geben darf und betont:

„Das, was hier gerade gemacht wird, ist genau das Gegenteil von dem, was im Regierungsprogramm steht.“

Kostengünstigste Ausbildung

Für den Staat wirken sich Lehrlingsausbildungen in finanzieller Hinsicht sehr positiv aus. Mit nur 3.577 Euro jährlichen Kosten pro Schüler und Schülerin in Lehrausbildung steht dies im starken Kontrast zu der überbetrieblichen Ausbildung, die Kosten von 23.039 Euro verursacht. Zudem ist sie die einzige Ausbildungsform, die schon während der Ausbildung zu direkten Einnahmen führt - zuletzt über 400 Millionen Euro. Des Weiteren weist Österreich dank des dualen Systems eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten für Jugendliche auf. 

Eine Kürzung des Budgets könnte zu einem Rückgang von Lehrstellen führen - mit verheerenden Konsequenzen für den Staat: Ein Rückgang von zehn Prozent bedeutet Mehrkosten von ca. 200 Mio. Euro für Überbetriebliche Ausbildung (ÜBA). Melina Schneider, Leiterin der Abteilung für Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, fordert deshalb: "Der Deckel muss aufgehoben werden!" Die Erhöhung der Lehrstellenförderung sei notwendig, um das Zukunftsmodell der Lehre abzusichern.

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