Neuro-Covid
Wirbel um Studien zu Corona und Booster-Impfung

Forschende um den Biomediziner Gregor Hutter berichten nun im Fachjournal "Nature Communications´" über neue Erkenntnisse zur Entstehung von "Neuro-Covid". | Foto: pixabay/Johaehn
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Obwohl das Corona-Virus keine Nervenzellen befällt, kann eine Covid-19-Erkrankung Schäden am Nervensystem verursachen. Wissenschaftler der Universität Basel und des Universitätsskrankenhauses Basel haben Mechanismen hinter "Neuro-Covid" aufgeklärt und Ansatzpunkte identifiziert, wie es sich verhindern ließe. Zuvor sorgte eine Meldung von derselben Schweizer Uni für Aufregung, da es hieß, die Corona-Booster-Impfung könne für das Herz gefährlich sein.

ÖSTERREICH. Viele Menschen haben mit der Coronavirus-Infektion kurz- oder längerfristig Geruchs- und Geschmacksinn verloren. Bei anderen hat die Erkrankung dem Nervensystem zugesetzt, von anhaltender Konzentrationsschwäche bis hin zu Schlaganfällen. Forschende um den Biomediziner Gregor Hutter berichten nun im Fachjournal "Nature Communications´" über neue Erkenntnisse zur Entstehung von "Neuro-Covid".

Vorgangsweise

Das Team analysierte konkret, woran sich verschiedene Schweregrade von Neuro-Covid in Nervenwasser und Blutplasma Betroffener erkennen und vorhersagen lassen. Ihre Befunde geben zudem Hinweise, wie sich neuronale Schäden durch Covid-19 verhindern ließen. Die Studie umfasste 40 Covid-19-Betroffene mit unterschiedlich starken neurologischen Symptomen. Deren Nervenwasser und Blutplasma wurde im Vergleich zu Proben einer Kontrollgruppe, um für Neuro-Covid typische Veränderungen zu identifizieren, untersucht. Zudem vermaßen die Forschenden die Hirnstrukturen der Versuchspersonen und befragten sie 13 Monate nach ihrer Krankheit, um bleibende Symptome zu ermitteln.

Löcher in der Blut-Hirn-Schranke

Vor allem bei der Gruppe mit den schwersten neurologischen Symptomen fanden die Forschenden einen Zusammenhang mit einer überschießenden Immunreaktion. Zum einen gab es Hinweise, dass die Blut-Hirn-Schranke der Betroffenen beeinträchtigt war. Wahrscheinlich sei der sogenannte Zytokinsturm der Auslöser, also die massive Ausschüttung von Entzündungsfaktoren in Reaktion auf das Virus, vermuten die Studienautorinnen und -autoren.

Zum anderen fanden die Forschenden als Folge der überschießenden Immunantwort Antikörper, die sich gegen körpereigene Ziele richteten – also Zeichen einer Autoimmunreaktion. "Wir vermuten, dass diese Autoantikörper durch die löchrige Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangen und dort Schäden verursachen", so Hutter. Auch die spezifisch für das Gehirn zuständigen Immunzellen, die Mikroglia, wurden übermäßig aktiviert.

Bluttest als langfristiges Ziel

In einem weiteren Schritt untersuchten Hutter und sein Team, ob sich der Schweregrad neuronaler Symptome auch an Hirnstrukturen bemerkbar macht. Tatsächlich fanden sie, dass Betroffene mit schweren Neuro-Covid-Symptomen an spezifischen Stellen des Gehirns ein im Vergleich zu gesunden Probanden geringeres Volumen aufwiesen. Besonders betroffen war dabei das olfaktorische Zentrum, also das Riechhirnareal. "Wir konnten die Signatur bestimmter Moleküle in Blut und Nervenwasser mit einer überbordenden Immunreaktion im Gehirn, vermindertem Hirnvolumen in verschiedenen Arealen sowie mit neurologischen Symptomen in Verbindung bringen", so Hutter. Diese Biomarker müssen nun mit einer größeren Anzahl an Teilnehmenden verglichen werden.

Ziel: Frühzeitige Erkennung und Bremsung 

Ziel der Untersuchung wäre ein Bluttest, der bereits zu Anfang einer Infektion schwere Verläufe inklusive Neuro-Covid und Long-Covid vorhersagen kann. Dieselben Biomarker liefern Hinweise, auf welche Angriffspunkte sich Medikamente richten könnten, um Folgeschäden einer Covid-19-Erkrankung zu verhindern. Einer der identifizierten Biomarker im Blut, der Faktor MCP-3, spielt eine zentrale Rolle in der überschießenden Immunantwort. Hier sieht Hutter Potenzial, diesen Faktor medikamentös zu hemmen. "Mit unserer Studie zeigen wir, wie das Coronavirus das Gehirn beeinträchtigen kann", fasst Hutter zusammen. "Das Virus löst eine so starke Entzündungsreaktion im Körper aus, dass diese auf das zentrale Nervensystem überschwappt. Das kann die zelluläre Integrität des Gehirns stören." 

Wirbel um Studie zu Booster-Impfung

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der selben Uni und des selben Krankenhauses in Basel hat die Auswirkungen der Covid-19-Booster-Impfung auf den Herzmuskel untersucht. Vorübergehende milde Schädigungen seien häufiger als bisher angenommen, so ihr Ergebnis, das allerdings noch nicht von einem Fachjournal begutachtet wurde. Fast 800 Mitarbeitende, die sich für den ersten Moderna-Booster interessierten – die also die insgesamt dritte Impfung gegen Corona machen wollten – nahmen an der Studie von Christian Müllers Team teil.

Drei Tage nach der Auffrischungsimpfung wurde das Protein Troponin, das in Herzmuskelzellen vorkommt, im Blut gemessen. Sind die Werte erhöht, deutet das auf kleine Überanstrengungen, eine Herzmuskelentzündung, oder einen Herzinfarkt hin. Das Ergebnis der Untersuchungen: Die Werte bei den Probanden seien bei 22 Personen (vor allem Frauen) erhöht gewesen, was auf eine Schädigung des Herzmuskels schließen lässt, so die Forschenden. Bernhard Metzler, Präsident der Österreichischen Kardiologie-Gesellschaft, entgegnet dem: "Der gemessene erhöhte Wert ist de facto in allen Fällen bedeutungslos." Denn: Der Troponinwert könne nach allen Impfungen erhöht sein, jede Impfung sei eine Immunreaktion. 

Hier geht es zur Uni Basel

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