Vom Wangenabstrich zur Stammzellenspende
So einfach kannst auch du Leben retten

- Durch einen Wangenabstrich kann man sich als Stammzellen-Spender/in registrieren lassen.
- Foto: Symbolfoto: Panthermedia.net/AndreyPopov
- hochgeladen von Elisabeth Latzelsberger
In Österreich erkranken im Durchschnitt täglich rund drei Menschen an Leukämie, auch Blutkrebs genannt. Einigen von ihnen kann nur noch eine Stammzellenspende das Leben retten. Angewiesen sind sie in solchen Situationen auf Stammzellenspenderinnen und Stammzellenspender. Diese müssen, um Leben retten zu können, aber zuerst einmal typisiert sein – wie einfach das geht und wie auch du zur Lebensretterin oder zum Lebensretter werden kannst, erklärt Susanne Marosch vom Verein "Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich" anlässlich des Weltkrebstags gegenüber MeinBezirk:
Ich möchte Stammzellenspender:in werden!
Warum braucht es Stammzellenspenden?
Susanne Marosch: Täglich erkranken allein in Österreich circa drei Menschen an Leukämie, also Blutkrebs. Einige davon benötigen Stammzellen, damit sie gesund werden können. Das betrifft aber nicht nur Leukämie, sondern auch seltene Blutkrankheiten oder Gendefekte. Wenn alle herkömmlichen Therapien versagen, sind gesunde Stammzellen das allerletzte, das diesen Menschen noch das Leben retten kann.
Wie wahrscheinlich ist es, eine passende Stammzellenspende zu finden?
Für den Patienten liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1:500.000 bis mehrere Millionen, dass er einen genetischen Zwilling findet, der wirklich zu ihm passt – weil der Mensch natürlich sehr einzigartig ist. Deshalb suchen wir ganz, ganz viele Menschen zwischen 17 und 45 Jahren, die gesund sind und bereit sind, sich mit einem einfachen Wangenabstrich, in die weltweite Datenbank aufnehmen zu lassen – um dann vielleicht irgendwann einmal mit seinen gesunden Stammzellen einem anderen Menschen das Leben zu retten.
Wer kann zur Stammzellenspenderin/zum Stammzellenspender werden?
Man muss zwischen 17 und 45 Jahren und gesund sein. Wenn man typisiert ist, bleibt man bis zum 61. Geburtstag in der weltweiten Datenbank. Also bis zum 61. Lebensjahr könnte man theoretisch auch spenden.
Wie läuft eine Typisierung ab?
Man kann sich ein Typisierungs-Set entweder direkt nach Hause bestellen oder zu einer Typisierungsaktion gehen. Man macht einen völlig schmerzlosen Wangenabstrich und dieser kommt dann in ein Labor von uns. Dort werden die erforderlichen sechs HLA-Merkmale, das ist ein kleiner Teil der DNA, bestimmt und in eine weltweite Datenbank eingespeist.
Was passiert danach?
Es kann sein, dass einfach nie etwas passiert. Aber es kann auch sein, dass von uns plötzlich eine Nachricht kommt – du könntest dann für einen Menschen vielleicht wirklich der 'Lotto-Sechser' sein. Wir klären dann alles nochmals genau ab: Bist du noch gesund und bist du bereit, auch wirklich die nächsten Schritte zu setzen? Im Anschluss gibt es Aufklärungsgespräche und eine kleine Gesundheitsuntersuchung. Kommt es dann tatsächlich zu einer Stammzellenspende, steht nochmals eine große Voruntersuchung am Programm – da bekommt man einen Gesundheitscheck, den man vermutlich sein Leben lang so nicht wieder bekommt. Sollte man noch irgendetwas finden, das dich gefährdet als Spender oder als Spenderin, würde man dich nie zulassen zu einer Spende. Also der Spenderschutz steht immer über dem Patientenschutz.
Wie läuft eine etwaige Spende dann ab?
Da gibt es zwei Arten: die Knochenmarkspende und die Stammzellspende. Welche Art der Spende benötigt wird, entscheidet immer der Transplanteur des Patienten. Wenn der Patient etwa ein Baby oder ein Kleinkind wäre, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass man eine Knochenmarkspende geben muss, weil da einfach mehr Ur-Stammzellen drinnen sind.
Die Knochenmarkspende muss man sich so vorstellen: Es kommt zu einer leichten Vollnarkose – aber nicht, weil das Ganze so schlimm ist, sondern weil man es so angenehm wie möglich für den Lebensretter bzw. die Lebensretterin machen möchte. Die schlafen dann ca. 40 Minuten und in dieser Zeit punktiert man vom Beckenknochen ein bisschen Knochenmark raus. Man bekommt gar nichts mit, es könnte nur sein, dass man danach einen blauen Fleck hat und ein bisschen Muskelkater. Das Knochenmark reproduziert sich binnen weniger Tage wieder und man kann kurz danach auch wieder alles machen.
Die Stammzellenspende startet mit einer Art Spritzenkur. Da gibst du dir vier Tage lang ein 'Spritzchen' in die Bauchfalte – das tut nicht weh, das ist wie eine Thrombosespritze. Mit diesem Medikament löst man sozusagen eine Fake-Grippe aus. Man signalisiert dem Körper: Achtung, eine Grippe kommt. Daraufhin fängt dieser automatisch an, ganz viele Stammzellen zu produzieren, weil er schnell wieder gesund werden will. Dieser Vorgang passiert bei jeder normalen Grippe auch. Am fünften Tag macht man dann ganz gemütlich so eine Art Dialyse, also eine Blutwäsche. Dabei wäscht man den Überschuss an Stammzellen wieder heraus. Es gibt keine großartigen Nebenwirkungen, es kann allenfalls sein, dass man sich ein, zwei Tage etwas grippig fühlt – manche spüren aber auch gar nichts.
Fallen für Stammzellenspender:innen Kosten an?
Nein, gar keine. Man benötigt allenfalls einen Tag für die Voruntersuchung und einen Tag für die Stammzellenspende selbst – das gilt in Österreich aber, wenn man bei der ÖGK versichert ist, als Krankenstand. Wenn ein Spender oder eine Spenderin bei einer anderen Versicherung wäre, dann würden wir die Kosten übernehmen. Man muss also auch keinen Urlaub dafür nehmen. Die Reise, das Hotel, Essen, Getränke – auch mit Begleitpersonen – wird alles finanziert. Es wird auch alles von uns organisiert, selbst wenn etwas mit dem Arbeitgeber zu klären ist, wir kümmern uns darum!
Lerne ich als Stammzellenspender:in die Person kennen, der ich das Leben gerettet habe?
Jedes Land hat unterschiedliche Regelungen. Es gibt Länder, die ein Kennenlernen gar nie zulassen – zum Beispiel Frankreich, Italien oder die Schweiz. Was man aber immer machen darf, ist anonyme Briefe zu schreiben. In gewissen Ländern ist es dann nach zwei Jahren möglich, dass Spender und Empfänger sich kennenlernen, wenn beide Seiten das wollen – in Österreich ist es nach fünf Jahren möglich. Das ist natürlich sehr, sehr berührend, wenn das wirklich passiert. Wir waren auch schon dabei bei solchen Treffen. Die Personen haben oft eine ganz enge Verbindung zueinander – wie Zwillinge oder Familienmitglieder, die sich neu kennenlernen.
Ich möchte Stammzellenspender:in werden!
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