Jung, Klein und erfolgreich
Von der Formel 1 zur eigenen Werkstätte

Historische Rennautos bekannter Marken füllen die Halle | Foto: Martin Meieregger
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  • Historische Rennautos bekannter Marken füllen die Halle
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Der Südwestengländer mit dem klingenden Namen Rodney Waldron ist gelernter Mechaniker. Obwohl seine Mutter ihn aufgrund seines Zeichentalents als Architekt und sein Vater ihn als Polizist sah, hat er seinen Berufswunsch durchgesetzt: Schon als Kind hatte er den Traum als Formel 1 Mechaniker zu arbeiten. Diesen Traum hat er für kurze Zeit realisiert.

Werkstätte für Rennautos in Bruck

Jetzt hat er seine eigene Werkstätte mit dem Namen "Race Car Clinic" in Bruck an der Mur und ist glücklicher denn je. In einer Halle in der Schleppbahngasse befinden sich einige interessante Fahrzeuge. Meist sind dies historische Rennautos bekannter Marken wie Brabham, March, Ralt, Chevron, Maco und Eufra von privaten Hobbyrennfahrern. Hier fühlt sich Rod wohl: „Jedes Auto ist unterschiedlich, darin liegt die Herausforderung für mich. In der Formel 3 oder 3000 gibt es immer das gleiche Chassis und den gleichen Motor. Jedes Auto hier wurde von mir von Grund auf neu und original aufgebaut - ich kümmere mich um Motor, Getriebe und das Fahrwerk, mache auch Reparaturen an der Karosserie. Ich erledige viele Arbeitsschritte selbst - schweißen, drehen usw. Ich arbeite mit Metall, Kunststoff und Karbon. Nur wenige Tätigkeiten vergebe ich - zum Beispiel die Lackierungen und Fräsarbeiten. Mir ist es wichtig, dass die Autos in einem hervorragenden Zustand sind, wenn der Kunde damit an die Rennstrecke kommt.“

Rennauto ist nicht gleich Straßenfahrzeug

Derzeit hat er vier fixe Kunden, denen er beste Qualität bietet. Für zwei oder drei mehr besteht Kapazität. Und wenn ein Auto einmal den Weg mit dem Anhänger nach Bruck auf sich genommen hat, bleibt es auch – bis zum nächsten Rennen. Auf die Straße dürfen diese 500 PS Boliden mit extrem wenig Bodenfreiheit nämlich nicht. „Ein Rennauto ist theoretisch nur für zwei Stunden gebaut, dann sind viele Teile davon abgenutzt und verschlissen. Der Kunde braucht mich also für sein Fahrzeug immer wieder, wenn ich gut arbeite sogar ein Leben lang. Und da diese Arbeiten rein gar nichts mit der Reparatur von Straßenautos zu tun haben, gibt es wahrscheinlich keinen Mechaniker mit meiner Erfahrung und meiner Qualifikation in Österreich, der das gleiche bieten kann“, erklärt Waldron stolz.

Traum Formel 1: „Ich wollte Unfälle verhindern“

„Ich wollte schon als Junge Mechaniker werden“, sagt er in mittlerweile sehr gutem Deutsch. Und der Wunsch nach einem Job in der Formel 1 hängt mit dem kanadischen Formel 1 Fahrer Gilles Villeneuve zusammen: „Er war mein Held und ich war 10 als er tödlich verunglückte. Ich wollte unbedingt zu Ferrari, um solche Unfälle zu verhindern.“ Gesagt, getan. Die Ausbildung zum KFZ-Mechaniker reichte aber noch nicht, um in den Motorsport zu gelangen. So folgte eine Lehre beim Nissan Team. „Eines Tages wurden beide Chefmechaniker krank und ich bin eingesprungen. Danach durfte ich vier Jahre lang mit dem Team mitfahren.“ Ein Angebot von Helmut Marko führte ihn Anfang der 1990er Jahre erstmals nach Österreich und in die Formel 3 und Formel 3000. Danach glaubte er an die Erfüllung seines Traums, doch der ist nicht ganz aufgegangen: „Ich hatte Gelegenheit in England bei einem Formel 1-Team unterzukommen, aber dort war ich nur einer von 100 Mechanikern für 4 Autos im Team. Man ist eine Nummer mit Null Verantwortung. Jeder kämpft nur um seinen Job und es gibt meiner Meinung nach keinen Zusammenhalt.“

Weitere Herausforderungen und Schulbank drücken

Danach ging er nach Italien, was er als beste Zeit seiner Karriere bezeichnet: „Im Familienbetrieb von Enzo Coloni habe ich sehr viel gelernt. In der Formel 3000 hätten wir zwar wegen des bestens Teams und des guten Autos Erfolgschancen gehabt, aber die ambitionierten Fahrer blieben aus.“ Nachdem in der Formel 3000 Einheitsautos zum Einsatz kommen, war er nach 4 Jahren auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Nach einem Zwischenstopp in Kärnten bei einem kleinen Nissan Team landete er in der Hochststeiermark. Er war zuerst bei Pankl Racing in Kapfenberg, wo er die Getriebemontage leitete, danach folgten weitere Arbeitgeber im privaten Motorsport.

2019 fasste er den Entschluss, sich selbstständig zu machen. Doch so leicht machte es man ihm nicht: Zuvor musste er noch die Schulbank drücken. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass meine englischen Zeugnisse und Ausbildungen, die hier eigentlich einem Meister in der Mechanik gleichkommen, nicht angerechnet werden. So habe ich beim Wifi die Schulbank gedrückt und die Unternehmerprüfung abgelegt. Das war aufgrund der Sprachbarriere eine anstrengende, aber auch eine interessante Zeit mit vielen Bekanntschaften. Auch die Lehrer waren super und die Beratung in der Wirtschaftskammer Bruck war top.“

Mit den Kunden zu Rennen unterwegs, aber nie als Fahrer selbst

In der Saison von Frühjahr bis Herbst ist Waldron beinahe jedes Wochenende mit seinen Kunden an der Rennstrecke. Kürzlich kam er vom Histo Cup in Rijeka, nach dem Gespräch mit der Woche standen der Pannoniaring in Ungarn und Zandvoort in Holland am Programm.
Für den zweifachen Familienvater (seine Frau hat er bei Pankl kennen gelernt) ist diese Selbstständigkeit nun perfekt, um Privates und Berufliches unter einen Hut zu bekommen. Auf die abschließende Frage, wie oft er selbst mit solchen Autos fährt, kam eine überraschende Antwort: „Noch nie probiert! Ich war immer von der Mechanik, aber nicht vom Selber Fahren begeistert. Es ist teuer und gefährlich und ich habe über die Zeit auch einige Freunde verloren.“

Andrea Stelzer

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