Fasten mal anders
Das Leben ohne Handy

Ganz oder gar nicht. | Foto: Plavec-Liska
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WIENER NEUSTADT. Ein Leben ohne Handy. Das wäre für die meisten Menschen unvorstellbar. Nicht ständig erreichbar sein, keine Nachrichten lesen können und kein Zugriff auf das Internet haben, wenn man unterwegs ist.
Doch bis vor 40 Jahren war das alles noch Normalität. Da gab es all das nämlich noch gar nicht. Wenn man sich mit jemandem verabredet hat, ist man entweder erschienen oder nicht, Punkt. Nicht so wie heute, dass man sich ewig lange hin und her schreibt, weil man nicht weiß ob man Zeit hat.

Egal wo man gerade ist, egal was man gerade macht, das Handy ist so gut wie immer und überall präsent. Ja, sogar auf der Toilette, auf die man früher eine richtige Zeitung mitnahm, um die Zeit zu vertreiben.
Viele sind auf dieses kleine Gerät angewiesen und werden schon nervös wenn sie merken dass die Akkuleistung nachlässt.

Wie wäre es also, wenn unser heiß geliebtes Handy nicht mehr existieren würde? Wäre es stressiger oder sogar angenehmer? Wäre die Kommunikation mit anderen dann besser oder eher nerviger?
Und wer wäre bereit, sein Handy für längere Zeit weg zu legen oder zumindest seinen Handykonsum etwas runter zu schrauben?

Die BezirksBlätter starteten eine Umfrage

ÖVP Bezirksgeschäftsführer David Diabl sagt dazu: "Privat würde ich bei Freunden oder Bekannten einfach auf gut Glück vorbeischauen, wie früher in meiner Jugend. Ich versuche aber schon jetzt, soweit es geht, aufs Handy zu verzichten, um stattdessen mit meiner Familie und Kindern die Zeit zu genießen.
In meinem Job hätte ich jedenfalls große Probleme ohne Telefon. Das wäre kaum zu bewältigen. Vermutlich müsste ich mich irgendwo als Koch bewerben. Wenn wer Hunger hat muss derjenige halt persönlich vorbeikommen."

ÖVP Bezirksgeschäftsführer David Diabl. | Foto: Privat

"Ohne Handy käme ich nicht aus, weil es mein Arbeitsgerät ist und ich auch erreichbar sein will. Natürlich gibt es Zeiten, an denen ich versuche, darauf zu verzichten. In der Nacht habe ich es nie bei mir, am Wochenende und im Urlaub versuche ich, mich mehr meiner Familie zu widmen", so Selina Prünster, Obfrau der Grünen Wiener Neustadt.

Selina Prünster, Obfrau der Grünen Wiener Neustadt. | Foto: Zezula
  • Selina Prünster, Obfrau der Grünen Wiener Neustadt.
  • Foto: Zezula
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Judith Hönig, Obfrau des Unternehmervereins: "Für mich ist es noch nicht notwendig. Geschäftlich ist es oft erforderlich, dass ich erreichbar bin bzw. zeitnah zurückrufen kann. In meiner Freizeit habe ich mein Handy aber fast nie bei mir."

Obfrau des Unternehmervereins Judith Hönig. | Foto: Privat

Auch Dompropst Franz Xaver Brandmayr gab ein Statement dazu ab:  "Ich bin sehr dankbar für das Handy, weil es mir eine größere Erreichbarkeit sichert, ohne mich an einen bestimmten Ort zu binden. Ich habe es mir gewünscht, bevor es existiert hat. Ja, so alt bin ich.
Ich habe auch meine Gebete am Mobiltelefon, bin froh über die rasche Information, die ich abfragen kann und zum Zeitvertreib quizze ich gerne. Es ist mir nur eine Hilfe, es stresst mich nicht, weil ich es stumm schalte, wenn ich meine Ruhe will.
Meine Gemeinde werde ich in der Predigt allgemein darauf hinweisen, dass wir uns von allem lösen sollen das uns versklavt, kann auch das Handy sein".

Franz Xaver Brandmayr, Dompropst von Wiener Neustadt. | Foto: Machowetz
  • Franz Xaver Brandmayr, Dompropst von Wiener Neustadt.
  • Foto: Machowetz
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Was eine Psychologin zu diesem Thema sagt

"In Bezug auf den Handykonsum ist ja bekannt, dass vor allem mit der Pandemie die tägliche Nutzungszeit (vor allem bei Kindern und Jugendlichen) massiv gestiegen ist. Wir alle verbringen sehr viel Zeit mit Social Media wie WhatsApp, Instagram, Facebook usw. Bei den Kindern und Jugendlichen sind es vor allem TikTok, SnapChat und Youtube. Das birgt natürlich Gefahren, einerseits gesundheitliche (weniger Bewegung und Sport, Probleme mit den Augen, usw.) aber auch soziale (weniger persönliche Kontakte mit Freunden, aber auch innerhalb der Familie) und persönliche (z.B. negative Auswirkungen auf den Selbstwert wegen ständiger Präsenz von Schönheitsidealen, Suchtpotential usw.). Man darf natürlich auch nicht vergessen, dass auch Missbrauch einfacher möglich ist.

Aber die Nutzung des Mobiltelefons ist auch nicht per se schlecht. Es gibt sehr viele Vorteile, auf die wir nur sehr ungern verzichten würden.

Sollte es aber tatsächlich einen längerfristigen Ausfall geben, würde es zunächst für alle eine große Umstellung bedeuten, weil wir uns eben schon so sehr daran gewöhnt haben (man denke nur daran, wie es uns geht, wenn wir das Telefon vergessen haben oder der Akku leer ist). Man kann niemanden mehr erreichen (abgesehen davon, dass wir die Telefonnummern auch nicht wissen würden), Mails sind nicht abrufbar, man kann sich nicht gleich über etwas in Suchmaschinen informieren usw. Man reagiert wie in einer Stresssituation, ist nervös, angespannt, weiß sich vielleicht in manchen Situationen nicht zu helfen (z.B. wenn kein Google Maps zur Verfügung steht). Studien zeigen aber, dass sich durch den Verzicht (aber auch schon durch die Reduktion der Handykonsumzeit) positive Effekte ergeben: man verbringt wieder mehr Zeit mit der Familie (was zu weniger Konflikten führen kann), macht mehr Bewegung und Sport, versucht wieder andere Aktivitäten auszuüben usw.

Da vor allem Jugendliche aber auch ihr gesamtes soziales Leben mit dem Internet verbinden, teilweise auch Kontakte nur über Social Media haben, hätte ein Ausfall aber auch negative Folgen. Die sozialen Beziehungen würden darunter leiden und daraus können große Ängste und Unsicherheiten entstehen. Menschen mit depressiven Symptomen oder Sozialphobien würden dadurch wichtige, stabilisierende Ressourcen verlieren.

Man kann also keine generellen Aussagen treffen, ob ein Wegfall des Handykonsums gut oder schlecht ist. Eine zeitliche Reduktion wäre aber für uns alle besser", so Psychologin Sandra Rädler in Wiener Neustadt.

Wiener Neustädter Psychologin Sandra Rädler. | Foto: Rädler

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