80 Jahre Kriegsende in Wien
Der letzte Widerstand des NS-Regimes

 Sogenannte "Trümmerfrauen" beim Schutträumen in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg. Um 1946. | Foto: Votava / brandstaetter images / picturedesk.com
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  • Sogenannte "Trümmerfrauen" beim Schutträumen in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg. Um 1946.
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Seit rund 80 Jahren leben die Menschen in Österreich in Frieden, denn 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Der Krieg von 1939 bis 1945 hat jedoch bis heute Auswirkungen.

WIEN. Anschluss, Schlacht um Wien & NS-Regime. Das sind einige Schlagwörter, die vielen in den Kopf kommen, sobald man sich mit der Thematik des Zweiten Weltkrieges und dessen Bezug zu Österreich bzw. speziell zu Wien beschäftigt.

Das Ende dieses Krieges liegt nun 80 Jahre in der Vergangenheit, ist jedoch nach wie vor bedeutend. MeinBezirk hat sich aufgrund dieses 80. Jahrestages genauer mit dem Zweiten Weltkrieg befasst und wird in der Reihe "80 Jahre Kriegsende in Wien" auf unterschiedliche Aspekte und Facetten dieser Zeit in der Bundeshauptstadt eingehen.

"Besonders große Zerstörung" in Wien

Den Anfang macht ein Interview mit Stefan Benedik, Leiter der Abteilung Public History im Haus der Geschichte Österreichs (hdgö), der die Bedeutung des Zweiten Weltkrieges sowie dessen Endes für Wien erklärt: "Wien ist ein wichtiger Schauplatz der letzten Tage des Krieges. Der Zweite Weltkrieg ist an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten zu Ende gegangen. Wien ist einer der ersten Orte in Österreich, der befreit wird, wo die NS-Herrschaft sehr früh zu Ende ist. Gleichzeitig ist Wien aber auch eine jener Städte, die in den letzten Tagen und Stunden der Gefechte besonders große Zerstörungen erleidet."

Schlacht um Wien: Ein aussichtsloser Kampf

Die Rote Armee der Sowjetunion rückte über Jahre hinweg stetig aus dem Osten auf das Gebiet des Deutschen Reichs vor. Aufgrund der geografischen Lage sowie der allgemeinen Bedeutung Wiens kam die Stadt schon relativ früh ins Visier der anrückenden Truppen. Die Lage war aussichtslos, das NS-Regime gab sich jedoch nicht kampflos geschlagen.

So erklärt Benedik: "Es tobt aber eine erbitterte Schlacht, die damit zu tun hat, dass sich die lokalen NS-Größen weigern, die Stadt friedlich zu übergeben. Deshalb kommt es dann zu einer Menge von Toten, auch unter der Zivilbevölkerung. Es gibt viele Straßenschlachten, die schnell entschieden sind, aber in manchen Gegenden auch lange Kämpfe um einzelne Häuser, beispielsweise am Donaukanal. Es dauerte vier Wochen, bis die Stadt wirklich vom Nationalsozialismus befreit wird."

Sowjetische Soldaten während eines Straßenkampfes in Wien. | Foto: Yevgeny Khaldei / Tass / picturedesk.com
  • Sowjetische Soldaten während eines Straßenkampfes in Wien.
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Jedoch war diese Zeit auch von Grausamkeiten vonseiten des noch herrschenden Regimes geprägt. "Wie immer im Kontext des Zweiten Weltkrieges ist Krieg nicht einfach nur Soldaten, die aufeinander schießen. Und das sieht man auch in dieser Schlacht um Wien. Dieser Krieg bedeutet auch immer politische Massenverbrechen, so auch hier."

Das prägnanteste Beispiel spielte sich laut dem Historiker im 2. Bezirk ab. "Da gehen eigene SS-Einheiten von Keller zu Keller und ermorden noch Menschen, die sie für Jüdinnen und Juden halten. Das passiert wenige Minuten bevor diese Häuser als Teil einer ganzen Straße von der Roten Armee befreit werden. Und an diesem Beispiel sieht man, dass hier der Fanatismus der Anhänger des Nationalsozialismus wirklich bis in die letzten Minuten dauert", erklärt der Experte des hdgö.

Die "Vier im Jeep"

Nach der Befreiung Wiens wurde die Stadt aufgeteilt. Jede der vier alliierten Mächte, Frankreich, Großbritannien, USA sowie Sowjetunion, erhielt eine eigene Verwaltungszone. Ausnahme war der 1. Bezirk, welcher gemeinsam verwaltet wurde. Selbst die Soldaten der verschiedenen Mächte gingen hier gemeinsam auf Patrouille. "Hier gibt es dann auch ein ikonisches Bild der gemeinsamen Patrouille, nämlich der sogenannten 'Vier im Jeep', wo ein französischer, ein britischer, ein amerikanischer und ein sowjetischer Soldat gemeinsam durch den ersten Bezirk fahren", erklärt Benedik. Er führt weiter aus: "Das hat sich so als Sinnbild der alliierten Verwaltung in Österreich festgesetzt, obwohl es nur in Wien und hier nur in der Inneren Stadt zu beobachten war."

"Hier gibt es dann auch ein ikonisches Bild der gemeinsamen Patrouille, nämlich der sogenannten vier im Tip, die eben gemeinsam, wo ein französischer, ein britischer, ein amerikanischer und ein sowjetischer Soldat gemeinsam fahren im ersten Bezirk. Das hat sich so als Sinnbild der alliierten Verwaltung in Österreich festgesetzt", so Benedik. | Foto: BV7
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Doch die Siegermächte verwalteten die Zonen auch unterschiedlich und versuchten teils auch, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Benedik erklärt etwa die Bedeutung des Ortes, an dem sich das hdgö befindet: "Das Haus der Geschichte Österreich befindet sich in der Neuen Burg am Heldenplatz. Hier hat etwa die sowjetische Kontrollmacht sehr früh offenes Kino angeboten oder Unterhaltungsveranstaltungen. Hinter uns im Burggarten, die bewusst auch für die Wiener Bevölkerung gedacht waren. Also einerseits Kontrolle, andererseits der Versuch, auch die Menschen mit Propaganda und Unterhaltung zu erreichen".

Erinnerung lokal unterschiedlich geprägt

In Verbindung mit dem Zweiten Weltkrieg ist das hdgö ein Ort der Erinnerung. Das hängt auch damit zusammen, dass das hdgö inmitten Wiens vorhanden ist. ""Wien ist sicher als Hauptstadt Österreichs der zentrale Ort der Erinnerung an den Nationalsozialismus, an seine Verbrechen, auch an den Zweiten Weltkrieg. Aber nicht nur hier, sondern auch über ganz Österreich verstreut, gibt es immer Erinnerungszeichen. Warum? Diese Geschichte ist oft eine regionale oder sogar eine lokale Geschichte, und daher sind diese Initiativen vor Ort so unerlässlich, weil sie sich für regionale Erinnerung einsetzen".

Im Interview mit MeinBezirk erklärt Stefan Benedik, Leiter der Abteilung Public History am Haus der Geschichte Österreichs (hdgö) die Bedeutung des Zweiten Weltkrieges sowie dessen Endes. (Archivfoto) | Foto: Haus der Geschichte Österreich
  • Im Interview mit MeinBezirk erklärt Stefan Benedik, Leiter der Abteilung Public History am Haus der Geschichte Österreichs (hdgö) die Bedeutung des Zweiten Weltkrieges sowie dessen Endes. (Archivfoto)
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So gibt es Ereignisse, welche die lokale Erinnerung an gewisse Zeiten besonders prägen. Beispiele sind etwa Goldegg in Salzburg, wo sich Deserteure der deutschen Wehrmacht versteckten oder der Süden Kärntens, welche als einzige Region Österreichs durch die eigene Bevölkerung von der NS-Herrschaft befreit wurde. In Wien gibt es andererseits seit wenigen Jahren ein zentrales Mahnmal für die ermordeten Jüdinnen und Juden. "Aber es fehlen auch noch einige Gedenkzeichen, beispielsweise an die sehr große Zahl der ermordeten Roma und Romnja aus Österreich", erklärt Benedik.

Im nächsten Teil der Serie liefert ein weiterer Historiker spannende Einblicke in die Bedeutung des "Roten Salons" im Wiener Rathaus und die Wiedergründung der Sozialistischen Partei Österreichs.

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