Waidhofen/Thaya
So wirkte sich der Eiserne Vorhang im Bezirk aus

Vor 36 Jahren fiel der Eiserne Vorhang. | Foto: Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt
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  • Vor 36 Jahren fiel der Eiserne Vorhang.
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Am 15. Mai 1955 unterzeichneten die alliierten Besatzungsmächte und Österreich im Wiener Belvedere den Staatsvertrag. Anlässlich des 70. Jahrestags blickt MeinBezirk darauf, wie dieser Tag die Situation der Menschen im Bezirk Waidhofen/Thaya über Jahrzehnte beeinflusst hat.

BEZIRK WAIDHOFEN/THAYA. Durch die Teilung in Ost und West entstand nach 1949 eine "Systemgrenze" im Norden des Bezirks, die die Region bis 1989 maßgeblich prägte. MeinBezirk bat Karl Wanko, Zeithistoriker und ehemaliger Bürgermeister von Karlstein, um einige Eindrücke aus dieser Zeit.

"Ich selbst kam 1944 in Kautzen zur Welt und war also etwa fünf Jahre alt, als der Eiserne Vorhang Realität wurde. Die Dörfer unmittelbar jenseits der Grenze waren verlassen und dem Verfall preisgegeben. An einigen Stellen nahe der Grenze, wo man einen Blick hinüberwerfen konnte, zeigte mir mein Vater die Überreste von Romau, Reichers und Gottschallings. Kain konnte man sogar von Kautzen aus sehen. Bald sah man auch die Waldschneisen, auf denen der Stacheldraht samt Kontrollstreifen angelegt wurde", erzählt Karl Wanko.

Das "Ende der Welt"

"Für uns bedeutete dann die Grenze das Ende der Welt. Es gab kein Hinüber und Herüber, man kannte auch keine Menschenseele von drüben. In der Zeit des Prager Frühlings (vor 1968) lockerte sich die Situation und man wagte manche Fahrt hinüber – mit Visum, verlustreichem Geldwechsel und strengen Grenzkontrollen. Nach Gmünd und Kleinhaugsdorf wurde erst spät auch der Grenzübergang Grametten geöffnet. Drüben sah man meist unfreundliche Gesichter oder auch neidvolle Blicke aufs Auto", so Wanko.

Reste des Eisernen Vorhangs | Foto: Archiv RMA/ Walter Fuchs
  • Reste des Eisernen Vorhangs
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Lang ersehnte "Wende"

"Als 1989 der Eiserne Vorhang fiel, war plötzlich alles anders und es wurden viele grenzüberschreitende Kontakte geknüpft. Man lernte Tschechisch, die Tschechen konnten aber bald viel besser Deutsch. Eine Vorreiterrolle spielte die Waldviertel Akademie: Im Herbst 1990 gab es in Karlstein das 1. Symposium „Grenze und Nachbarschaft“. Als wir bei der Abschlussmesse das „Großer Gott …“ zugleich in beiden Sprachen sangen, wurden manche Augen feucht, auch beim Rektor der Brünner Universität", erinnert sich der Historiker.

Kontakte intensiviert

"Weil diese Initiative so eingeschlagen hatte, beschloss man eine Fortsetzung auf tschechischer Seite – im Städte-Viereck Zlabings, Datschitz, Teltsch und Jamnitz. Zur Vorbesprechung trafen wir uns im Rathaus von Datschitz – es war wie ein Staatsempfang mit Abspielen der beiden Hymnen, wo wir beschlossen für das 2. Symposium ein Musikprogramm, im Mozartjahr 1991 eine Mozart-Messe. Es folgten die gemeinsamen Proben und Aufführungen von Telc bis Waidhofen. Diese „hudebni spoluprace“ (musikalische Zusammenarbeit) trägt bis heute Früchte", so Wanko.

Reste des Eisernen Vorhangs | Foto: Archiv RMA
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"Eine andere „spoluprace“ gab es auf schulischer Ebene, zwischen der Hauptschule Dobersberg und der ZS Slavonice, wobei sich die Schüler zu zahlreichen gemeinsamen Aktivitäten trafen (Sport, Musik, Sprache, Töpfern, Bäume pflanzen usw.). Mit diesem Projekt errangen wir 2003 den 1. Preis in NÖ und wurden nach Brüssel eingeladen. Schließlich gestalteten wir am 1. Mai 2004 am Grenzübergang Fratres-Slavonice die Feier der EU-Erweiterung mit der Europa-Hymne „Freude, schöner Götterfunken“ (Nad radost nic svete neni …)," so Karl Wanko abschließend.

In der Schule Thema

"Jubiläen finden genauso wie wichtige tagesaktuelle Ereignisse Eingang in den Geschichtsunterricht. Im heurigen Jahr sind es besonders viele Jubiläen – 80 Jahre Ende des 2. Weltkriegs, 70 Jahre Staatsvertrag und 30 Jahre EU-Beitritt. Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags wird auch immer der Beschluss zur Neutralität Österreichs erläutert. Besonders mit der Oberstufe werden hierzu Diskussionen über die Bedeutung der Neutralität in unserer heutigen Zeit geführt", informiert Iris Haslinger, Lehrerin am Gymnasium Waidhofen und Historikerin.

Ein historisch so wichtiges Foto: Leopold Figl hält den unterzeichneten Staatsvertrag am Balkon des Schlosses Belvedere der jubelnden Menge entgegen. | Foto: Votava
  • Ein historisch so wichtiges Foto: Leopold Figl hält den unterzeichneten Staatsvertrag am Balkon des Schlosses Belvedere der jubelnden Menge entgegen.
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"Eine klassische Assoziation zum Staatsvertrag ist das berühmte Foto vom Balkon des Oberen Belvedere, auf dem Außenminister Leopold Figl den unterzeichneten Staatsvertrag präsentiert. Auch die Schülerinnen und Schüler sollen dieses kennenlernen und einordnen können. Ebenso wichtige Dokumente sind Fotos vom Eisernen Vorhang – Stacheldrahtzäune und Wachtürme entlang der Grenzen. In einer Zeit des freien Personenverkehrs innerhalb der EU ist es für die meisten unvorstellbar, wie es damals gewesen sein muss. Bilder machen diese Zeit begreifbarer und regen auch zu Gesprächen in der eigenen Familie zu diesem Thema an", so Haslinger.

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