Wetter in Tirol
Muren - Ursachen, Schutzmaßnahmen, Zahlen und Fakten

- Nach den starken Regenfällen in den frühen Morgenstunden ist im hinteren Valsertal am Sonntag erneut ein Erdrutsch abgegangen.
- Foto: zeitungsfoto.at
- hochgeladen von Tamara Kainz
In Tirol kommt es immer wieder zu Murenabgängen. Manche sind klein und werden kaum bemerkt, andere wiederum hinterlassen massive Schäden an Wald und Infrastruktur. Diese Geröll- und Schlammlawinen sind eine Mischung aus Wasser, Geröll und Holz, die sich mit großer Gewalt ins Tal bewegen.
TIROL. Sobald die Temperaturen wärmer werden, häufen sich die Meldungen über Murenabgänge. Einige dieser Muren haben weitreichende Folgen für Menschen und für Infrastruktur, wie beispielsweise im Sommer 2022 im Stubaital (wir berichteten). Aber auch kleinere Muren können Straßen und Wege verlegen - auch wenn sie keine Gefahr für Menschen darstellen. Die meisten Muren gehen in Tirol in den Sommermonaten Juni, Juli und August ab. Das ist auch die Zeit, in der am häufigsten große Regenmengen in relativ kurzer Zeit fallen. Wobei es hier bedingt durch Klimawandel und besondere Wetterereignisse zusehends zu Verschiebungen kommt.
Darum geht's
- Muren - eine große Naturgefahr
- Hang- und Talmuren
- So entstehen Muren
- Auswirkungen von Muren
- 100 Millionen Euro zum Schutz vor Naturgefahren
- Gefahrenzonen in Tirol
- Landesgeologe zur Gefahreneinschätzung
Muren - schnell und gewaltig
Anders als bei einem Erdrutsch, bei dem Gesteins- und Bodenmasse auf einer Gleitfläche abrutschen, versteht man unter einer Mure oder Schlamlawine eine Mischung aus Wasser, Geröll, Gesteinsmaterial, Holz und Erdmaterial, das sich in Richtung Tal bewegt. Der Feststoffanteil einer Mure liegt zwischen 40 und 70 Prozent. In einem steilen Gelände können Muren eine Geschwindigkeit von bis zu 10 Metern pro Sekunde erreichen. Der Druck, der dabei entsteht, kann bei rund 20 Tonnen pro Quadratmeter liegen. Je länger eine Mure fließt, desto mehr Material nimmt sie mit. Eine Mure entwickelt daher häufig viel mehr Kraft als ein Hochwasser. Deswegen richten sie auch viel mehr Schaden an und können Häuser, Verkehrswege und Brücken zerstören. Aufgrund der Kraft von Muren besteht selbst innerhalb von Häusern eine Gefahr für Menschen.
Hangmuren und Talmuren
Hangmuren
Hangmuren bilden sich oberhalb der Vegetationszone, in einem Bereich, in dem Bäume mehr wachsen. Bei starkem Regen oder Schneeschmelze kann sich Geröll lösen und ins Tal abgehen, vorausgesetzt der Hang ist steil genug. Dabei spielt der Zustand des Bergwalds kaum eine Rolle, da die Mure unabhängig davon entsteht. Ein gesunder Wald hilft nur dann, wenn die Mure noch nicht genügend Tempo aufgenommen hat. In diesem Fall kann das Geröll zwischen den Bäumen hängen bleiben und die Mure so gestoppt werden.
Talmuren
Talmuren entstehen entlang steiler Bergbäche bei starkem Regen oder Schneeschmelze. Uferkanten brechen ab und die Mure reißt Geröll, Schlamm und Bäume mit ins Tal. In diesem Fall ist ein gesunder Bergwald wichtig, denn er kann hier helfen: In einem Bergwald kann das Wasser langsam versickern, anstatt direkt in kleinen Bäche abzufließen. Die Wurzeln stabilisieren den Boden, wodurch die Uferkanten weniger leicht abrutschen.
Hang- und Talmuren
Ob es sich um eine Hangmure oder Talmure handelt, ist abhängig davon, wo sie entsteht. Das heißt, sie entstehen an unterschiedlichen Orten. Voraussetzung für Muren ist in der Regel jedoch das Wasser.
Wie Muren entstehen
Muren entstehen, sobald es warm wird durch Schneeschmelze und starke Niederschläge. Das Wasser dringt in den Boden ein und weicht diesen auf. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Hang steil ist und es wenig Vegetation gibt. Außerdem muss dort auch viel Geröll und anderes Material liegen. Dies führt dazu, dass sich der Boden vom Untergrund löst und dann am Weg nach unten Geröll, Erde und Holz mitnimmt. In jüngster Zeit begünstigt auch das Abschmelzen von Gletschern oder Auftauen von Permafrostböden durch die Erderwärmung die Entstehung von Murengängen.
Sobald das Gelände wieder flacher wird, wird die Mure langsamer bis sie schließlich ganz stoppt - und meist Verwüstungen hinterlässt. Muren können auch entlang an steilen Bergbächen entstehen. Nach starkem Regen können dann Uferbereiche abbrechen und so nimmt die Mure Geröll, Holz und Schlamm mit.
Auswirkungen von Muren
Zahlen und Untersuchungen zeigen, dass die Zahl dieser Schlammlawinen in der jüngsten Zeit gestiegen sind. Gleichzeitig haben aber auch die Wildbach- und Lawinenverbauungen sowie sonstige Schutzmaßnahmen zugenommen. Dadurch ergibt sich der Widerspruch, dass laut einer Studie der BOKU (Universität für Bodenkultur Wien) und ZAMG ( Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) aus dem Jahr 2021 die Zahl der schadbringenden Muren in den vergangenen Jahren nicht zugenommen habe. Auch wenn Starkregenereignisse und die Bebauung zugenommen haben, hat sich gleichzeitig die vom forsttechnischen Dienst der Wildbach- und Lawinenverbauung errichtete Zahl an Schutzbauten in Österreich nahezu verdreifacht.
Auch nach Einschätzung der Tiroler Landesgeologie lassen sich in Tirol keine pauschalen Trends und Prognosen ableiten. So gibt es - abhängig vom Wetter - trockenere Jahre mit weniger Muren und Jahre mit mehreren Ereignissen. Allerdings gilt auch für Tirol, dass bedingt durch den Klimawandel das vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen nicht auszuschließen ist und so auch zu mehr Murenabgängen führen kann. Alleine im Bereich der Landesstraßenverwaltung wurden im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre jährliche Katastrophenschäden in der Höhe von 17,7 Millionen Euro verzeichnet. Allerdings betrifft das Schäden nicht nur von Muren sondern auch Schäden unter anderem durch Steinschlag, Lawinen oder Hochwasser.
100 Millionen Euro zum Schutz vor Naturgefahren
Im Jahr 2023 gab es zahlreiche Ereignisse, die die Bedeutung des Schutzes von Naturgefahren aufzeigten. Die Anforderungen an Wildbach- und Lawinenverbauung, Wasserbau und Forst sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Aus diesem Grund werden im Jahr 2024 werden mehr als 110 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt.
„Die Arbeit im Naturgefahrenmanagement hat sich ob des Klimawandels verändert. Flexibilität und rasches Handeln nach Ereignissen werden immer wichtiger.“ (LH-Stv. Josef Geisler)
Die Mittel stellen das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, das Land Tirol, die beteiligten Gemeinden sowie die Grundeigentümerinnen und -eigentümer sowie Waldbesitzerinnen und -besitzer bereit.
Dabei teilen sich die Gelder für die Schutzmaßnahmen wie folgt auf:
- rund 31 Millionen Euro für den Hochwasserschutz (Tal- und Hauptwässer)
- rund 29 Millionen Euro für den Schutz vor Wildbächen
- 6,6 Millionen Euro für den Erosions- und Steinschlagschutz
- rund 30 Millionen Euro in den Schutzwald und
- 14,5 Millionen Euro in den Lawinenschutz
Gefahrenzonen in Tirol
Auch für Tirol gibt es sogenannte Gefahrenzonenpläne der Bundeswasserverbauung und der Wildbach- und Lawinenverbauung. Diese Pläne enthalten Informationen über bestehende Gefährdungen. Die Pläne umfassen
- die Gefahren durch Talgewässer, erstellt von der Bundewsserbauverwaltung
- die Gefahren durch Wildbäche, erstellt von der Wildbach- und Lawinenverbauung
Die Pläne liegen in den Gemeindeämtern, Bezirksverwaltungsbehörden, Landesregierung und Gebietsbauleitungen der Wildbach- und Lawinenverbauung auf. Das heißt, es besteht jederzeit die Möglichkeit der Einsichtnahme. Auch online können diese Gefahrenzonen abgerufen werden.

- In Tigris kann man sich sehr detailliert die Gefährdung für jedes Gebäude in Tirol ansehen.
- Foto: Screenshot Tigris
- hochgeladen von Sabine Knienieder
Landesgeologe zur Einschätzung der Lage
Neben den Schutzmaßnahmen wie Hochwasserschutz, Investitionen in Schutzwälder, Lawinenverbauungen etc. stehen auch die Landesgeologen laufend im Einsatz. Dieser beobachtet sämtliche Entwicklungen: hier liegen vor allem jene Bereiche, in denen es bereits zu mehreren oder größeren Ereignissen gekommen ist, im Fokus. Zu diesen Überwachungen zählen regelmäßige Befahrungen der Landesstraßen durch den zuständigen Streckendienst der jeweiligen Baubezirksämter, Lokalaugenscheine, Nutzung von Vermessungssystemen und hochkomplexen Vermessungsmethonden sowohl am Boden als auch aus der Luft.
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