Pflegedirektor Mannsberger im Gespräch:
"Gehalt ist nur ein Thema"

Der Pflegedirektor der Tirol Kliniken, Franz Mannsberger, kritisiert die Akademisierung im Pflegeberuf.
  • Der Pflegedirektor der Tirol Kliniken, Franz Mannsberger, kritisiert die Akademisierung im Pflegeberuf.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Franz Mannsberger ist Pflegedirektor der Tirol Kliniken. Er sieht das Pflegepersonal derzeit am Limit.
Wie sehr beeinträchtigt derzeit Omikron die Pflege in der Klinik?
Franz Mannsberger:
"Sehr. Über 100 Mitarbeiter sind nur durch COVID ausgefallen, aber es gibt natürlich auch andere Krankenstände. Und das mögliche Freitesten am fünften Tag funktioniert in den meisten Fällen nicht. Und einen Dienst trotz noch positiven Tests nach dem fünften Tag befürworte ich sicher nicht."

Aber ein symptomloser Positiver könnte doch auf der Coronastation arbeiten?
"Schon, aber da braucht es einheitliche Richtwerte nach dem fünftenTag. Und der Dienst muss dann auch freiwillig sein."

Gerade in der Pandemie wurde das Pflegepersonal groß beklatscht, die Bedingungen wurden aber noch schwerer. Auch ein Grund für fehlendes Personal?
„Insgesamt ist die Pflege ein immens wichtiger und auch sehr schöner Beruf. Aber die vergangenen zwei Jahre haben die Situation sehr verschärft. Speziell auf den Normalstationen fehlt auf Grund von Corona Personal. Ein Beispiel: Früher hatte ich etwa 80 Schwangerschaften pro Jahr, 2021 waren es bereits über 130. Das Pflegepersonal ist müde, das Einspringen funktioniert nicht mehr so."

Ist aber nicht auch die Bereitschaft zum Jammern beim Personal gestiegen oder ist die Situation wirklich so prekär?
"Nein, das glaube ich nicht, denn es sind sehr schwierige Situationen im Pflegebereich durch Corona entstanden. Das Beklatschen ist eine andere Seite, Belohnungen und Prämien eine andere. Aber gerade solche Zuwendungen hat nicht das gesamte Pflegepersonal bekommen. Auch das hat zu Diskussionen geführt."

Gibt es durch die Akademisierung der Pflege zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer?
"Die Akademisierung der Pflege ist eine große Herausforderung. Jetzt glaubt jeder, die Matura ist eine notwendige Voraussetzung, um in der Pflege zu arbeiten. Früher gab es bis zu vier Kurse pro Jahr, nun sind es zwei. Hier fehlen mindestens 100 Leute pro Jahr, die nicht irgendwoher nachzubesetzen sind und der Pflegefachassistent wird bei weitem nicht so angenommen wie gewünscht. Wir brauchen die jungen Leute, die Pflege aus Überzeugung machen – dazu braucht es keine Matura. Und jeder kann – auch ohne Matura – noch Diplompfleger werden!"

Wäre die Pflegelehre eine interessante Alternative?
"Mit 15 sind die Leute zu jung, um sie an ein Krankenbett zu stellen. Und man muss auch aufpassen, dass junge Menschen nicht verheizt werden."

Bei der Regierungsklausur im Jänner wurde ein umfangreiches Pflegepaket präsentiert. Zu wenig umfangreich?
"Das Pflegepaket ist ein Teil der Unterstützung. Aber es braucht noch weitere Maßnahmen. Man muss zusehen, wie man Menschen generell in den Pflegeberuf bekommt, das ist derzeit das Schwierige. Wir holen eigentlich die 17-Jährigen ohne Matura nicht ab, weil bei vielen der Pflegeassistent eher als eine niedrige Tätigkeit gesehen wird. Aber man kann als Pflegeassistent mit Ergänzungsprüfungen auch diplomierter Pfleger werden."

Die Kritik am Management der Pflege aus dem Betriebsrat geht durch die Medien. Hat man es in der Vergangenheit versäumt, auf die Gegebenheiten zu reagieren? Stichwort Pensionierung oder demographische Entwicklung.
"Nein, wir sind sehr aktiv, auch um Personal zu rekrutieren. Aber es gibt derzeit einfach zu wenige Interessierte für den Pflegeberuf, darum muss dieser auch attraktiver gestaltet werden. Und natürlich reden wir mit Pensionsabgängern, ob sie nicht noch arbeiten wollen. Auch bieten wir jungen Pflegekräften die Möglichkeit des Schnupperns in vielen Bereichen und setzen auf Fortbildung. Gleichzeitig gibt es mehrere Strategieprozesse, die wir evaluieren und auch mit der Landespolitik abstimmen. So diskutieren wir gerade eine Pool-Lösung, um Ausfälle leichter verkraften zu können."

Aber auch Pflegeheime oder mobile Pflegen klagen über zu wenig Personal.
"Ja, das ist für die Kliniken erst wieder ein großes Problem, da Patienten, die bereits vom Gesundheitszustand nach Hause oder ins Heim zurückkehren könnten, an der Klinik bleiben müssen, weil das Personal auch dort fehlt."

Scheitert es auch am schlechten Gehalt?
"Das Gehalt ist nur ein Thema, genauso wichtig sind aber geregelte Arbeitszeiten, regelmäßige Freizeit und weniger Einspringdienste."

Der Bedarf an Pflegepersonal wird sich – bedingt durch das Älterwerden der geburtenstarken Jahrgänge – dramatisch erhöhen. Keine guten Aussichten für die Generation Babyboomer?

"Es wird sehr stark darauf ankommen, dass genügend Menschen wieder in den Pflegeberuf einsteigen, darum muss dieser attraktiviert werden. Auch müssten Umschulungen viel mehr möglich sein."

Wird es mittelfristig überhaupt eine Entlastung geben?
"In den kommenden zwei Jahren wird es schwierig werden. Danach hoffe ich, dass die Maßnahmen, die wir vorbereiten und auch mit der Politik besprechen, greifen."
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