True Crime Tirol
Der Fall Peter V. - Lieblingssohn und Blutverbrecher

- Die Leiche der ermordeten Martha V. wurde nie gefunden
- Foto: MeinBezirk Tirol
- hochgeladen von Laura Sternagel
Tirols düsterste Geheimnisse: Blutige Spuren in den Alpen, ungelöste Rätsel und grausame Verbrechen – in unserer neuen Serie tauchen wir tief in die schockierendsten Mordfälle Tirols ein. Wer waren die Täter? Welche dunklen Geheimnisse verbargen sich hinter den Verbrechen? Und wie wurden die Ermittler auf die Spur der Mörder geführt?
TIROL. Unser vierter Fall über wahre Verbrechen aus Tirol führt uns nach Absam in eine Zeit, des Kalten Kriegs. Im April 1959 erscheint die erste Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung. Im Kino wird der erste Edgar Wallace Film Der Frosch mit der Maske gezeigt. Zu dieser Zeit verschwand eine Frau in Absam spurlos.
Darum geht's
- Schwierige Kindheit
- Die verschwundene Mutter
- Dieb oder Mörder?
- Verdächtig, aber nicht überführt
- Wieder in alte Muster zurück
- Brutaler Ehemann und Vater
- Ein Haus um jeden Preis
- Umzug und Festnahme
- Wer hat die Mutti umgebracht
In diesem Beitrag verweisen wir häufig auf das Buch „Blutdelikte. Hintergründe und Aufklärung“ des ehemaligen Beamten des Gendarmeriepostens Wattens Hermann Hutwimmer. Im Laufe seiner Karriere war er zudem in der Kriminalabteilung tätig und leitete die Gruppe für Blut- und Sittlichkeitsdelikte, auch Mordkommission genannt. Hutwimmer war in diesem Bereich 30 Jahre lang tätig.
Kindheit in Armut
Peter V. war das einzige Kind in seiner Familie. Er wurde während des Zweiten Weltkriegs in Wien geboren und verbrachte die ersten sieben Jahre seines Lebens ohne Vater, da dieser an der Front war. Nach Kriegsende zog die Familie nach Tirol, in die Heimat seiner Mutter. Der Vater kehrte zurück, aber war wegen seiner schweren Arbeit auf Großbaustellen selten zu Hause. Die Mutter hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und arbeitete schließlich als Vertreterin für Devotionalien. Sie versuchte, für einen Verwandten Rosenkränze und Wallfahrtsartikel zu verkaufen. Trotz der Bemühungen seiner Eltern wuchs Peter in Armut auf. Das Ehepaar hatte eine komplizierte Beziehung, was der Psyche des Kinds nicht guttat.
Schwierige Verhältnisse
„Die Ehe der Eltern verlief nicht harmonisch. Im Gegenteil, zwischen der um neun Jahre älteren Frau und Julius kam es oft nicht nur zu lautstarken Streitigkeiten, sondern tätlichen Auseinandersetzungen. Die Eheleute lebten neben- und nicht miteinander. Sehr oft war Peter, der einzige Sohn, für den die Mutter eine Affenliebe zeigte und den sie verwöhnte, der Zankapfel. Der Vater konnte nicht mitansehen, welche Frechheiten sich der Heranwachsende anmaßte. Die Mutter duldete es, wenn Peter nächtelang wegblieb, und stritt mit ihrem Mann, wenn dieser ihn ermahnte oder züchtigte. Trotzdem kam Peter seiner Mutter nie entgegen. Er tat ihr nicht den geringsten Gefallen und nahm sie auch nie vor dem Vater in Schutz, wenn es Streit gab. Oftmals beschimpfte und frotzelte er sie sogar, wenn sie für ihn Partei ergriff. Die Zwistigkeiten zwischen den Eltern wußte Peter sehr bald für sich auszunutzen.“(Hermann Hutwimmer, ehemalige Beamte der Kriminalabteilung Wattens)
Die Mutter verschwand
Als Peter 18 Jahre alt war, verschwand seine Mutter, Martha V., spurlos. Dies geschah im April 1959. Damals kam es wieder einmal zu einem Streit zwischen ihr und ihrem Mann, den Peter miterlebte. Kurz darauf fuhr Martha nach Absam, um Pilgerläden zu besuchen und Rosenkränze zu verkaufen. Überraschenderweise erklärte sich Peter bereit, sie zu begleiten. Für ihn war es völlig untypisch, seiner Mutter zu helfen.
Doch bei Einbruch der Dunkelheit kehrte der Sohn allein zurück. Seinem Vater erzählte er, er wisse nicht, wo seine Mutter sei. Sie habe ihm angeblich zwanzig Schilling fürs Kino gegeben, und danach hätten sie sich getrennt.
Wenige Tage nach dem Verschwinden der Frau forderte der Vater Peter auf, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Der Junge stimmte zu, erschien jedoch nie bei der Polizei. Auf Nachfrage erklärte er, er habe einem Polizisten im Park davon erzählt und angenommen, dies gelte bereits als Anzeige.
Später informierte Peters Vater, dass der Sohn nach seiner Rückkehr aus Absam etwas Hartes in seine verschließbare Schublade gelegt hatte. Spätere Ermittlungen in einem anderen Fall förderten aus dieser Schublade Beweise zutage, die zeigten, dass Peter V. eine Straftat begangen hatte.
Dieb oder Killer?
Drei Wochen nach dem Verschwinden seiner Mutter wurde der 18-jährige Teenager in Innsbruck überraschend festgenommen. Eine Jugendbande war überführt worden. Peter V. galt als Drahtzieher mehrerer Diebstähle. Zudem hatte er einen bewaffneten Überfall auf einen Postboten versucht. Bei seiner Festnahme wurde eine Pistole sichergestellt.
Die Ermittlungen ergaben, dass Peter bereits zum Zeitpunkt des Verschwindens seiner Mutter im Besitz dieser Waffe war und sie vermutlich von seinen kriminellen Aktivitäten wusste. Außerdem stellte sich heraus, dass er an jenem Nachmittag gar nicht im Kino in Absam gewesen sein konnte – es fand dort keine Vorstellung statt.
Im Herbst 1959 mussten sich Peter V. und seine Komplizen vor Gericht verantworten. Sein Zellengenosse behauptete, Peter habe ihm anvertraut, dass er seine Mutter erschossen und vergraben habe. Wegen der Diebstähle wurde er zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.
Verdächtig, aber nicht überführt
Doch die Schuld am Verschwinden der Mutter konnte dem 18-Jährigen nicht bewiesen werden. Trotz mehrerer Widersprüche und weiterer Hinweise ließ sich keine direkte Verbindung zum Verschwinden seiner Mutter nachweisen. Zahlreiche Vernehmungen, Gegenüberstellungen und Durchsuchungen brachten keine eindeutigen Beweise. Im Jahr 1961 wurde Peter V. schließlich vom Vorwurf des Mordes an seiner Mutter freigesprochen.
„Das war etwa zu der Zeit, als ich der Kriminalabteilung, Gruppe Blutdelikte unter Leitung von Rudolf von Slop, zugeteilt wurde und dieser mir den Fall schilderte. In den folgenden Jahren wurden immer wieder Hinweise überprüft, und man versuchte festzustellen, was Peter wirklich tat. Oft kam der Vater, Julius V., zu uns und erzählte jedesmal eine andere Version, verdächtigte auch andere Leute, aber auch seinen Sohn. Ziemlich genau zehn Jahre nach dem Verschwinden von Martha V. wurde Peter in Hall wieder verhaftet“, erinnerte sich Hermann Hutwimmer.
Wieder in alte Muster zurück
Nach seiner ersten Haft kehrte Peter nicht mehr zu seinem Vater zurück, sondern zog nach Wien, wo er erneut straffällig wurde. Er beging zahlreiche Delikte, war aggressiv, und seine Angriffe führten oft zu schweren Verletzungen der Opfer. Wegen einer dieser Taten wurde er zur Fahndung ausgeschrieben und floh nach Tirol, wo er bald darauf erneut verhaftet wurde.
Dies veranlasste die Tiroler Ermittler, ihn erneut zum Verschwinden seiner Mutter zu befragen. Es waren bereits zehn Jahre seit dem Verschwinden von Martha V. vergangen, doch die Polizei arbeitete weiterhin an dem Fall. Als Peter den Inspektor sah, wirkte er erfreut und versprach, ihm einen Gefallen zu tun. Doch über seine Schuld schwieg er. Peter behauptete, dass ihr etwas zugestoßen sei. Er wisse zu 90 Prozent, was passiert sei, könne aber nicht darüber sprechen, da es niemandem nütze. Wäre seiner Mutter geholfen worden, würde er alles sagen.
Weder gutes Zureden noch die Taktik der erfahrenen Polizisten halfen – Peter legte kein Geständnis ab. Er deutete lediglich an, zu wissen, wo seine Mutter begraben sei. Doch auch diese vagen Hinweise reichten nicht aus, um neue Ermittlungen einzuleiten.
Brutaler Ehemann und Vater
Peter wurde oft verhaftet, erhielt jedoch nie lange Haftstrafen. Zwischenzeitlich zog er nach Rekawinkel bei Wien, wo er als Gärtner arbeitete. Er hatte geheiratet und war Vater von drei Kindern, doch die Beziehung zu seiner Ehefrau war schwierig. Der Ermittler Hermann Hutwimmer besuchte Peter V. einmal, stellte aber keine wirkliche Verbesserung im Verhalten von Peter fest.
„Ganz offensichtlich hatte sich die Aggressivität des Mannes mit zunehmendem Alter und wahrscheinlich auch wegen seines Umfeldes gesteigert. In den folgenden Jahren wurde er immer wieder angeklagt und verurteilt. Meist war er im Verwandtenkreis in Schlägereien verwickelt. Das Zusammenleben mit seiner Frau muß jedenfalls sehr turbulent gewesen sein. Auch sie ist wiederholt gegen den Mann tätlich geworden. Peter wurde mehrfach verurteilt, da er seine Kinder vernachlässigte.“ (Hermann Hutwimmer, ehemaliger Beamter der Kriminalabteilung Wattens)
Ein Haus um jeden Preis
Im Jahr 1989 kam Peter V. wieder einmal aus dem Gefängnis frei. Er und seine Familie waren pleite und hatten keine Wohnung. Der frisch entlassene Ehemann und Vater wollte das Problem lösen und wurde teilweise von seiner Frau dazu gedrängt. Sie schlug vor, eine Wohnung bei dem 67-jährigen Bildhauer Friedrich Sattler anzumieten, einem alten Freund der Familie und Paten ihrer Kinder.
Das Paar wusste, dass Sattler plante, nach Spanien zu ziehen, um dort seinen Ruhestand in seinem Strandhaus zu verbringen. Ein Umzug in sein österreichisches Haus wäre für sie äußerst praktisch gewesen. Allerdings verlangte der alte Freund eine Miete, die für die Familie unerschwinglich war.
Dann beschloss Peter, sich das Haus „auf seine eigene Art“ zu sichern. Er schrieb selber einen Mietvertrag nach seinen Vorstellungen und kaufte sich ein Kleinkalibergewehr. Da er kein eigenes Auto besaß, weihte er seinen Freund Thomas K. in seinen Plan ein. Gemeinsam fuhren sie zu Sattler, der jedoch erneut nicht bereit war, von seinen Mietforderungen abzurücken.
Daraufhin zog Peter V. eine Waffe, zwang Sattler zur Unterschrift unter den Vertrag und schoss anschließend dreimal auf ihn. Das Opfer starb noch am Tatort. Um Spuren zu verwischen, beseitigten Peter und sein Komplize Blutspuren sowie beschädigte Möbelstücke. Anschließend wickelten sie die Leiche in eine Decke und vergruben sie im Park eines Sanatoriums. Laut Staatsanwaltschaft war das Grab bereits am Vortag ausgehoben worden.
Umzug und Festnahme
Wenige Stunden nach dem Mord zogen Peter V. und seine Familie in das Haus ein und verbreiteten das Gerücht, Sattler sei für immer verreist. Aufmerksame Nachbarn meldeten jedoch sein Verschwinden und wiesen auf verdächtige Umstände hin.
Nach intensiven Ermittlungen wurde der Komplize Thomas K. festgenommen und gestand schließlich die Tat. Auch Peter V. legte ein Geständnis ab, nachdem sein Freund ihn verraten hatte.
Er änderte seine Aussage mehrmals. Im Hauptprozess erklärte er sogar, dass sein verstorbener Vater der Mörder gewesen sei – obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits zu krank war, um nach Wien zu reisen.
Wer hat die Mutti umgebracht?
Drei Monate nach seiner Festnahme wurde Peter zu Allerseelen erneut zu seiner Mutter befragt. Inspektor Werner Windisch und die Mordkommission sprachen stundenlang mit ihm. Schließlich gestand Peter, dass er seine Mutter im April 1959 in einem Wald bei Absam mit einer später bei ihm gefundenen Pistole erschossen und die Leiche dort vergraben hatte. Er gab zu, den Ort in den folgenden Jahren immer wieder besucht zu haben.
Kurz bevor er nach Tirol gebracht werden sollte, um den Fundort zu zeigen, lehnte er ab und behauptete erneut, die Mutter nicht getötet zu haben.
Peter V. wurde wegen des Mordes an Friedrich Sattler zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Verfahren wegen des Verschwindens seiner Mutter wurde jedoch aufgrund der Verjährung eingestellt. Die Leiche der Frau wurde nie gefunden.
Bist du ein Zeitzeuge? Willst du uns zu diesem Kriminalfall etwas erzählen? - Dann melde dich bei uns unter online.tirol@regionalmedien.at
Unseren nächsten Fall aus der Serie True Crime Tirol gibt es am Dienstag, den 6. Mai. So viel wird schon verraten: Dieses Mal geht es in den wunderschönen Schlosspark des Schloss Ambras - wo Mitte der 1890er Jahre ein grausiges Verbrechen begangen wurde.
Du wurdest Opfer von Gewalt oder du bist Zeuge von Gewalt? - Hier bekommst du Hilfe
- Im Notfall für schnelle Hilfe: Polizei: 133
- Rund um die Uhr erreichbar: Frauenhelpline: 0800 222 555
- Rund um die Uhr erreichbar: Männerinfo Krisenhotline: 0800 400 777
- Rat auf Draht: Notruf für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen: 147
- Opfernotruf: 0800 112 112
- Gewaltschutzzentrum: +43 512 571313
- PsychosozialerKrisendienst - Hotline: 0800 400 120




Link einfügen
Video einbetten
Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.
Karte einbetten
Social-Media Link einfügen
Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.
Code einbetten
Beitrag oder Bildergalerie einbetten
Foto des Tages einbetten
Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.