Über den Tellerrand
Potter, Comic, Fälschung: "sonderliche" Uni-Fächer

- "Wahlplakate im 20./21. Jahrhundert: zwischen Information und Emotion" oder "Gender, Sexualität und Körperlichkeit im Alten Testament" – für einige mag das skurril klingen, doch Studierende wissen, dass die Wissenschaft hier über den Tellerrand blickt.
- Foto: kuznezovrk
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An der Elite-Universität Yale können Studierende das Pop-Phänomen Beyoncé erforschen. Dabei geht es aber um weit mehr als die Person "Queen B", wie sie im Business genannt wird. Du denkst, dass das außergewöhnlich, sonderlich oder gar skurril klingt? Dann schauen wir uns doch das Vorlesungsverzeichnis der Uni Graz an ...
STEIERMARK. Beyoncé hat längst Musikgeschichte geschrieben und Einfluss nicht nur auf die Popkultur genommen. In Yale geht es aber um mehr – das besagte Seminar heißt nämlich "Beyoncé schreibt Geschichte: Geschichte, Kultur, Theorie und Politik der schwarzen radikalen Tradition durch Musik" und wird von Daphne Brooks (Professorin für Afroamerikanistik, Amerikanistik, Frauen-, Geschlechter- und Sexualitätsforschung und Musik) im kommenden Sommersemester angeboten. Wer die Uni-Bank schon einmal gedrückt hat, weiß, dass nicht alle Lehrveranstaltungen so interessant klingen. Aber: Die Uni Graz jedenfalls schaut immer wieder über den Tellerrand hinaus.

- Beyonce "fast zum Anfassen" gibt's in Österreich nur in Wien im Madame Tussauds.
- Foto: Madame Tussauds Wien/Christoph Kleinsasser
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Kabarettisten und Wissenschaft
Die Hörsäle sind voll – auch Studentinnen und Studenten, die den Studienfächern gar nicht angehören, wollen dabei sein, wenn die Kabarettisten des Landes an der Uni Graz Gastvorträge halten. Das kommt vor, und öfter als man denkt. Josef Hader zum Beispiel referierte bereits über "Figuren, Typen und die lustige Person auf der Bühne. Geschichte, Theorie, Soziologie" oder "Hader, Politik, Balkan", Alfred Dorfer über "Lachen verboten. Kabarett, Satire und die Zensur". Spaßveranstaltungen oder ein Gratis-Eintritt für ein Kabarettprogramm sind derartige Seminare und Vorlesungen aber nicht, man bekommt lediglich einen anderen Blick auf die Dinge und verbindet die Wissenschaft mit der Popkultur.
Jedes Jahr füllt sich ein Hörsaal auch für die "Nobel Lecture der BioTechMed-Graz", für die eine Nobelpreisträgerin, ein Nobelpreisträger geladen wird, die, der über das jeweilige Forschungsgebiet spricht. Heuer im Dezember wird es Ferenc Krausz (Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München) sein, der an der Technischen Universität einen Vortrag zu "Sub-atomic motions probe human health – How basic science addresses grand challenges" hält. Auch Bruce Beutler (Nobelpreis für Medizin, Immunologe und Genetiker), Harald zur Hausen (Nobelpreis für Medizin, erforscht u.a. Gebärmutterhalskrebs) oder Stefan Hell (Nobelpreis für Physik, forscht u.a. an hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie) waren schon Gastreferenten.
Vom Bösen bis zur gescheiterten Liebe
Solche Angebote lassen sich allerdings in den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen quer durch alle Institute finden. Am Institut für Religionswissenschaften gab und gibt es immer wieder "außergewöhnliche" Vorlesungen, Seminare, Proseminare und Co., die das Denken erweitern. "50 Shades of Anthropology - Gender, Sexualität und Körperlichkeit im Alten Testament" oder die Erforschung des Bösen bei Harry Potter sind da keine Seltenheit. Über Bibelkunde, Kirchenrecht, Ethik und Pastoralpsychologie wird hier gleichermaßen unterrichtet wie über Sterbekultur, das "Who is Who" im Christentum oder queere Perspektiven in der Kunst.

- Wenn die Darstellung des Bösen bei Harry Potter nicht eine Einladung dafür ist, das Konstrukt des "Widersachers" wissenschaftlich zu erkunden ...
- Foto: David Hofer
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Am Institut für Geschlechterforschung konnte man schon ECTS-Punkte sammeln für "Let’s talk about sex! – Feminismen, Pornografie und Protestpraxen", "Your Body Is A Battleground – Sichtbarkeit als Machtrepräsentation: Künstlerische Interventionen gegen (sexualisierte) Gewalt an Frauen* im öffentlichen Raum" oder "Männlichkeit – Begehren – Gewalt. Repräsentation und Organisation von Männerbund und Homosozialität".

- Als die Medien Wahlprogramme nicht so verbreiten konnten wie heute, waren Plakate ein gutes Werbemittel. Die Historie und der historische Kontext sind also mehr als interessant.
- Foto: Gewo/Gerhard Woger
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Noten am Geschichte-Institut gab es oder gibt es für Studierende für "Wahlplakate im 20./21. Jahrhundert: zwischen Information und Emotion", "Schießt Geld Tore? Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Sports" oder "Fälschungen im Mittelalter". Am Institut für Germanistik konnte und kann man mehr über die gescheiterte Liebe als Motiv in der Literatur, "Literatur und Medien: Comics, erzählte Bilder, Verfilmungen und Netzliteratur" oder über "Wut, Neid, Eifersucht in der Erzählliteratur des Mittelalters" erfahren. Punkte gab es am Institut für Slawistik etwa für "Wahnsinn in den slawischen Literaturen" oder "Gesundheit und Krankheit in der russischen Literatur".
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