Fehlender Applaus
Von der großen Konzertbühne zur Haustürklingel

Thomas Heißbauer ist künstlerischer Leiter der Salzburger Kulturvereinigung. Mit dem Stadtblatt sprach er über die derzeitige Situation und gibt Ausblick auf das Salzburger Straßentheater.  | Foto: SKV/Leopold
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  • Thomas Heißbauer ist künstlerischer Leiter der Salzburger Kulturvereinigung. Mit dem Stadtblatt sprach er über die derzeitige Situation und gibt Ausblick auf das Salzburger Straßentheater.
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Das Publikum lechzt nach Kultur. Doch die Bühne ist verlassen, die Säle leer und die Musiker liefern Speisen aus. Thomas Heißbauer kennt den Schmerz der Künstler, die deswegen umschulen müssen

SALZBURG. Junge Menschen haben andere Interessen. "Karriere, eine Familie, eine Wohnung oder ein Haus. Später im Leben wird es spannend wieder Zeit für sich selbst zu nutzen und in ein Konzert zu gehen", sagt Thomas Heißbauer von der Kulturvereinigung und ergänzt:

"Unsere Musik ist Musik, für die man sich Zeit nehmen muss. Man muss sich darauf einlassen."

Dass die Sehnsucht nach Kultur in beide Richtungen funktioniert, erklärt Heißbauer an einem anschaulichen Beispiel. Ein Orchester, das ohne Zuschauer spielt, sei in etwa so, wie ein Tennisspieler, der kein Match hat und nur trainiert: Etwas Entscheidendes fehlt. Es ist diese Energie, die sich mit vielen Menschen aufbaut, die im Publikum sitzen. Und auch wenn die Zuhörer während der Vorstellung ruhig sitzen, ist diese Spannung doch greifbar. Jeder, der bei einem Konzert oder einem Schauspiel dabei war – sei es als Zuschauer oder auf der Bühne – kennt diese besondere Atmosphäre. Und dann jetzt – Corona, das Orchester spielt vor leeren Stühlen und wenn die letzten Töne verklingen, passiert nichts. Stille. Der Applaus tritt nicht ein.

"Ein Konzert ist immer ein Geben und Nehmen. Während des Konzerts geben die Musiker und der Zuhörer nimmt.

Zum Schluss dreht es sich dann um, die Hörer spenden Applaus und die Musiker nehmen diesen dankbar entgegen", erklärt Heißbauer, der selbst beide Seiten gut kennt.

Die Aufführung des Mozarteumorchester 2018 im Festspielhaus zeigt, wie viele Menschen in Salzburg hungrig nach Kultur sind. | Foto: SKV/ErikaMayer
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Vom Konzert zur Leitung der Kulturvereinigung

Heißbauer war 20 Jahre als Hornist im Mozarteumorchester tätig und stand auf der Bühne. 2018 übernahm er die künstlerische Leitung der Kulturvereinigung, die auf drei Säulen fußt: den Konzerten, der Georg-Trakl-Gedenkstätte und dem Straßentheater.

"Corona hat für uns alle dramatische Veränderung gebracht. Der Lockdown war einschneidend.

Es trifft uns besonders hart, weil bei symphonischen Konzerten viele Musiker auf der Bühne und viele Menschen im Publikum sitzen. Große Säle müssen angemietet werden", sagt der 52-Jährige, der erklärt, dass sich deshalb ein Streaming-Konzert für die Kulturvereinigung nicht finanzieren lasse. Und trotzdem sei ein Live-Stream für Musiker eine ähnliche Situation wie ein Konzert. Die vielen digitalen Möglichkeiten, die sich im Lockdown österreich- wie auch weltweit aufgetan haben, kommen allerdings an das Live-Erlebnis nicht heran. Als Musiker hört Heißbauer genau hin, sein Anspruch an die Tonqualität ist hoch und das sei über das Internet nun einmal nur halb so gut wie in der Realität vor Ort. "Streaming ist kein adäquater Ersatz."

Leidenschaft für Musik im Herzen

"Ich habe so viel Leidenschaft für Musik und sehne mich wieder danach Konzerte zu hören", schwärmt Heißbauer, der mahnt, die Kultur nicht als etwas Alltägliches zu sehen. "Wir hoffen alle, zu einer gewissen Normalität zurückzukommen und dass das Publikum die Live-Erlebnisse wieder sucht.

Vor der Pandemie war der Konsum von Kunst und Kultur jederzeit möglich, fast eine Selbstverständlichkeit. Corona lässt uns bewusst werden, wie kostbar diese Erlebnisse sind."

In der Brust des gebürtigen Oberösterreichers schlagen zwei Herzen. Auf der einen Seite der logische Verstand, der viele Krankheitsfälle sieht und die Maßnahmen in gewisser Weise nachvollziehen kann, auf der anderen Seite der Musiker, dem das Herz für seine Kollegen blutet. "Für viele Künstler ist das Einkommen weggebrochen, sie sind jetzt im Contact-Tracing oder als Essenszusteller tätig – das tut mir wahnsinnig weh."

Hilfe für die Kultur

Die Unterstützung des Publikums war letztes Jahr enorm. Viele Abonnenten haben ihr Geld nicht zurückverlangt oder gespendet "Hier ist eine große Hilfsbereitschaft da", freut sich der künstlerische Leiter, der zugibt, dass das Bewerben von Konzerten derzeit schwierig sei – aber Gutscheine waren gerade zur Weihnachtszeit ein gutes Mittel, da wurden so viele wie noch nie verkauft.

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Das Straßentheater rollt an

2020 feierte das Straßentheater sein 50-Jahr-Jubiläum. Coronabedingt musste auf den Theaterwagen verzichtet werden, Zählkarten wurden verteilt, man musste den Zugang beschränken und absichern.

"Das entsprach eigentlich nicht dem Geist des Straßentheaters, bei dem jeder kommen kann"

, erklärt Heißbauer und gibt Grund zur Freude: "Heuer gelangt das ursprünglich geplante Stück vom letzten Jahr mit dem Theaterwagen zur Aufführung und wir wollen wieder alle Spielorte in Stadt und Land bespielen." Man sei allerdings darauf vorbereitet und stelle sich darauf ein, dass wiederum eine Zugangs- und Abstandsregelung vorgeschrieben sein könnte.

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Wenn Künstlerseelen langsam zerbrechen

Thomas Heißbauer ist künstlerischer Leiter der Salzburger Kulturvereinigung. Mit dem Stadtblatt sprach er über die derzeitige Situation und gibt Ausblick auf das Salzburger Straßentheater.  | Foto: SKV/Leopold
Die Aufführung des Mozarteumorchester 2018 im Festspielhaus zeigt, wie viele Menschen in Salzburg hungrig nach Kultur sind. | Foto: SKV/ErikaMayer
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