Faszinierende Baumpilze
Die Schönheit von Wachsen und Sterben

- Prachtvoller Pilzgarten auf einem Holzstoß: Ein Naturwunder vor der Haustür, das auch die 12-jährige Livia nachhaltig faszinierte.
- Foto: Eckhart Herbe
- hochgeladen von Eckhart Herbe
LANGENSTEIN. "Selten so viele, so schöne und so große Schwammerl auf einem Fleck gesehen!" Das war die einhellige Meinung beim Familienspaziergang nahe der Ruine Spilberg. Ein Holzstoß gefällter Pappeln entpuppte sich als Nährboden eines wahren Pilzgartens. Anlass genug, eine ganze Bildergalerie zu erstellen, denn die Vielfalt, welche alleine auf diesem paar Festmetern Holz sprießt, ist schlichtweg beeindruckend. Birkenporlinge, Stielporlinge und Schmetterlingsgrameten sind offenbar dabei, eventuell auch Halimasch und sparriger Schüppling.
Große Vielfalt und medizinisches Potential
Wer zur Bestimmung ein Pilzlexikon aufschlägt, merkt schnell, wie viele oft täuschend ähnliche Doppelgänger es alleine unter den genannten Arten gibt. Ohne detaillierte Begutachtung durch einen Pilzexperten ist daher dringend davon abzuraten, die Schwammerl zu pflücken und zu verarbeiten. Denn ein guter Teil davon ist giftig, ein weiterer ungenießbar.
Aber sind auch viele Heilpilze darunter. Birkenporlinge etwa besitzen antibakterielle, antivirale, antiparasitäre und vitalisierende Eigenschaften. Zudem wirken sie Tumoren entgegen. Den Schmetterlingstrameten wird gar die Aktivierung der zellulären Abwehr und die Produktion von Killerzellen, welche Viren und Bakterien bekämpfen, zugeschrieben. Ebenso die Hemmung von Krebszellen und Metastasen. Auch gegen HIV, Grippe, Herpes sowie schmerzhafte Aphthen und Entzündungen im Mund-Kiefer-Zahnbereich sollen die Inhaltsstoffe wirken. Dennoch - die Hebung dieser Potentiale als Arzneimittel und die exakte Dosierung der Wirkstoffe ist Expertensache. Sie sollte keinesfalls im Selbstversuch oder auf Basis ungeprüfter Tipps aus dem Internet erfolgen, die es leider zuhauf gibt und die immer wieder zu schweren, teils sogar tödlichen Vergiftungen führen.
Schönheit wächst aus Vergehen
Wir sollten uns also besser an der optischen Pracht dieser "Juwele des Waldes" erfreuen, welche ja nur die Fruchtkörper des eigentlichen Pilzes im zerfallenden Holz sind. Eine gute Parabel zum Werden und Vergehen, gerade rund um Allerheiligen. Was einst blühte und Früchte trug, wird in seinem Absterben zur Basis neuen Lebens. Der Pilz zersetzt im Verborgenen den toten Baum und bereitet aus diesem den Boden für einen jungen Nachfolger, der vielleicht irgendwo schon als Same keimt. Nicht zu vergessen die unverzichtbare Wirkung von Pilzen im Boden generell, welche viele Nährstoffe für das Pflanzenökosystem überhaupt erst zugänglich machen.
Untrennbar miteinander verbunden
Für eine kurze Zeit zeigt dieses weitverzweigte Netzwerk in Holz und Untergrund dann selbst seine ganze Pracht. Treibt in vielfältigsten Farben und Formen an die Oberfläche, um sich mittels Sporen zu vermehren. Das Sterben des Alten bedingt am Ende das Leben des Jungen. Was bei Bäumen Jahrzehnte dauert, währt bei den sichtbaren Schwämmen nur wenige Tage. Die Existenz allen Lebens - Pilze, Pflanzen, Fauna bis hin zum Menschen - im Ökosystem in der langen Zeit dazwischen ist ohne diese Wechselwirkung nicht möglich.
Eigentlich ein schönes Bild für einen Lebenszyklus, dessen untrennbarerer Teil auch wir Menschen sind. Individuen mit Emotionen und Intelligenz, welche uns seit Anbeginn unseres Denkens mit den Sinnfragen zu Schöpfung, Leben und Tod hadern lassen. Grundlage für Glauben und Religionen. Etwas, über das sich der gigantische Rest unserer Mitlebewesen im Universum keine Gedanken macht. Es lohnt in gewisser Weise also, genauer hinzusehen, den Blick zu weiten, nicht im beschränkten Sichtfeld das eine vom anderen zu trennen. Besser eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Den großen Plan als Ganzes zu erkennen und darin Trost und Hoffnung zu finden.
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