Unigruppe-Chef Haider
"Kaufmann wie früher statt anonymer Supermarkt"

Andreas Haider tritt mit seiner Unigruppe gegen die großen Handelskonzerne an und setzt dabei vor allem auf Regionalität. Die Filialen sollen künftig von selbstständigen Händlern betrieben werden. | Foto: Unimarkt Gruppe
  • Andreas Haider tritt mit seiner Unigruppe gegen die großen Handelskonzerne an und setzt dabei vor allem auf Regionalität. Die Filialen sollen künftig von selbstständigen Händlern betrieben werden.
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Die Unigruppe mit zuletzt 474 Millionen Euro Umsatz (2023/24) will künftig auf Franchisenehmer statt eigene Filialen setzen, hat die Uniboxen ohne Personal und den eigenen Online-Shop geschlossen. Was die Hintergründe sind, und welche neuen Wege Eigentümer und Geschäftsführer Andreas Haider einschlagen will, erzählte er BezirksRundSchau-Chefredakteur Thomas Winkler im Interview.

BezirksRundSchau: Warum will die Unigruppe ihre Filialen nicht mehr selbst betreiben, sondern sie an Franchisenehmer abgeben?
Haider: Wir haben 1989 den ersten Pilot-Franchisemarkt getestet und dabei gesehen, dass solche Supermärkte mit bis zu 600 Quadratmetern gut funktionieren. Das System selbstständiger Händler ist so wettbewerbsfähig gegenüber den marktbeherrschenden Handelskonzernen. Ihr Vorteil ist, dass sie Produkte im Markt haben, die die Ketten nicht anbieten, dass sie anders agieren. Der Kunde verspürt Wärme, Kompetenz – alles was man sich wünscht, wenn man einkaufen geht. Darum gehen wir mit lokalen Unternehmern in die Zukunft, weil deren Performance deutlich besser ist, als in unseren Eigenfilialen.

Auch der Rewe-Konzern hat verkündet, auf das Franchise-Konzept zu setzen – ist auch der Personalmangel ein Beweggrund dafür?
Die Entscheidung ist sicher mit dem Personalmangel verbunden. Für die Unternehmer vor Ort ist es leichter, gutes Personal zu finden. Sie sind Teil der Gemeinschaft, kennen ihr Umfeld, kennen möglicherweise das Elternhaus von Bewerbern und sind in der Ansprache neuer Mitarbeiter viel treffsicherer. Trotzdem ist es auch für sie nicht leicht, neues Personal zu finden.

Wie weit ist die Unigruppe bei der Umstellung auf selbstständige Händler? Und bis wann sollen alle Filialen umgestellt sein?
Wir haben derzeit 68 Franchisepartner und noch 56 Eigenfilialen. In den nächsten zwei bis drei Jahren wollen wir komplett umgestellt haben, dann soll es also keine Eigenfilialen mehr geben – auch weil manche Franchisenehmer eine zweite Filiale dazunehmen. Das muss natürlich passen. Es ist was anderes, die Verantwortung für zwei Filialen zu haben und nicht immer selbst im Geschäfts zu stehen.

Fokus auf echte Nahversorgung

Es wurden zuletzt ja auch Filialen geschlossen – kommt da noch mehr?
Es wird wahrscheinlich noch weitere Schließungen geben, weil sich einfach die Attraktivität einzelner Standorte verändert – etwa wenn es zu einem massiven Wettbewerb kommt, wenn eine Verlegung einer Straße die Anbindung verschlechtert. Es wäre nicht zielführend, stur an Standorten festzuhalten. Wir haben jedes Jahr Standorte geschlossen, aber auch welche aufgemacht. Von der Größe her soll das Netzwerk ungefähr gleich bleiben.

Oberösterreich ist ja im internationalen Vergleich mit Supermärkten sehr gut ausgestattet. Es gibt gleichzeitig eine hohe Konzentration – wie kann sich die Unigruppe in Zukunft gegen die großen vier behaupten?
Die großen Vier teilen sich 94 Prozent des Marktes auf. Wir können uns behaupten, indem wir künftig eben nicht mehr alles selbst machen und mehr in Kooperation gehen, wie das auch mit unseren selbstständigen Händlern der Fall ist. Und indem wir uns mehr auf Standorte fokussieren, wo es um echte Nahversorgung geht. Im städtischen Bereich haben wir weniger Chancen, dort ist der Persönlichkeitsfaktor nicht so wichtig. Am Land ist das Thema Lebensmittelversorgung dagegen noch emotionaler aufgeladen. Die Unternehmer vor Ort übernehmen Verantwortung, das Geschäft ist Treffpunkt, weil die Gastronomie auch nur mehr die halbe Zeit geöffnet hat. Diese Stoßrichtung wollen wir verstärken: Der Kaufmann wie früher statt der anonyme Supermarkt. 

Lebensmittel bleiben Domäne stationären Handels

Sie waren Vorreiter im Online-Lebensmittelhandel, haben Ihre Plattform aber nun wegen fehlender Erfolgsaussichten stillgelegt. Bleiben Lebensmittel eine Domäne des stationären Handels oder gibt es noch Fantasie für eine Online-Alternative?
Wir waren Pioniere, aber leider ist der erhoffte Hype beim Online-Bestellen von Lebensmitteln ausgeblieben – österreichweit liegt der Anteil derzeit deutlich unter zwei Prozent. Schon bevor die Kosten explodiert sind und der Preis das entscheidende Kriterium geworden ist, war der Onlinehandel mit Lebensmitteln defizitär – jetzt gibt es gar keine positive Perspektive mehr. Und deswegen haben wir die Plattform eingestellt. Lebensmittel bleiben eine Domäne des stationären Handels, das hängt mit Themen wie Frische und Vertrauen zusammen. Die Generation der aktuellen Haushaltsführer besteht noch nicht aus Heavy-Online-Usern. Es kann sein, dass der Anteil des Online-Lebensmittelhandels mit dem Generationenwechsel steigt, aber was bleibt, ist, dass die letzte Meile zum Konsumenten in der Lebensmittelzustellung sehr viel kostet. Das ist nur im urbanen Bereich abbildbar, dort kann man über das Zustellservice Foodora bei unseren städtischen Märkten bestellen.

Ist das Kapitel Online-Lebensmittelhandel damit für die Unigruppe endgültig beendet?
Es gibt Phantasie, durch Onlinepräsenz unsere Positionierung in Sachen Lokalität und Regionalität zu stärken, aber das ist momentan nicht das Gefragteste. Zukünftig könnte es aber unsere Position stärken

Das Unibox-Konzept wurde ja beendet, weil der Gesetzgeber Öffnungszeiten über jene normaler Supermärkte hinaus nicht erlaubt hat ...
Völlig unverständlich. Die Überlegung war, in ländlichen Regionen ohne Nahversorger wieder ein Angebot zu schaffen, wo ein Supermarkt wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Leider wollte man das vom Gesetz her nicht. Es blieb bei der Beschränkung auf 72 Stunden Öffnungszeit pro Woche. Deshalb lassen wir's.

Preis bleibt vorerst entscheidend

Die Unigruppe hat immer stark auf lokale und regionale Produkte gesetzt –aktuell reden aber alle nur über den Preis und nicht über den Wert von Lebensmitteln. Kann sich das wieder ändern?
Kurzfristig bleibt der Preis das entscheidende Thema. Erst wenn die Menschen merken, dass sich das mit dem Haushaltsbudget ausgeht, kommen das Umdenken und die Lust, sich etwas zu gönnen, der Zeitpunkt, wo ich bewusster überlege: Wie ernähre ich mich, was tut mir gut? Lebensmittel sind sehr emotional belegt. Bis es so weit ist, wird es noch dauern. Wir haben erst ein paar Monate mit höheren Einkommen und sinkender Inflation – die Menschen spüren es noch nicht richtig. Wichtig ist jetzt aber, dass Politik und Medien beginnen, wieder Optimismus zu verkünden. Und was mich mittelfristig zuversichtlich stimmt: Die nächste Generation, die in die Haushaltsführerschaft kommt, ernährt sich bewusster, hinterfragt die Produktionsbedingungen und den ökologischen Fußabdruck von Lebensmitteln.

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