Pudel, Malteser & Co.
Kürzen der Tasthaare ist jetzt streng verboten
Ein neues Gesetz sorgt für Aufregung bei Hundebesitzern und -frisören: Das Kürzen der sogenannten Vibrissen ist seit September verboten.
LAVANTTAL. Seit es Hunderassen wie Pudel, Malteser oder Yorkshire-Terrier gibt, werden diese an der Schnauze geschoren bzw. geschnitten. Ein neuer Zusatzparagraph im Tierschutzgesetz besagt nun aber, dass nicht nur wie bisher das Abscheren, sondern schon das bloße Kürzen der sogenannten Vibrissen – also der Fühl- und Tasthaare – ab sofort verboten ist. Diese Haare befinden sich an der Schnauze, oberhalb der Augen und am Hals des Hundes. Der Grund: Man würde den Hunden damit ein zusätzliches Sinnesorgan, das sie für die Umgebungswahrnehmung benötigen, verstümmeln. Hundefrisören, die diese Praktik weiterhin betreiben, drohen hohe Geldstrafen, die im schlimmsten Fall bis zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen können.
"Was geht mich das an?"
Mit dem neuen Gesetz kommt auf die Hundefrisöre eine ganze Kaskade von Problemen zu – und es sorgt für viel Verunsicherung. Das wurde auch im Zuge der Recherchen zu diesem Artikel schnell klar – denn bis auf einen Wolfsberger Hundefrisör weigerten sich vier weitere kontaktierte Branchenkollegen aus dem Lavanttal, Auskunft darüber zu geben. Die Aussagen reichten von „Was geht mich dieses Gesetz an?“ bis hin zu „Ich will nicht, dass über mich geschrieben wird.“ Eine Hundefrisörin, die uns sogar bereits ein Interview zu dem Thema gegeben hatte, meldete sich tags darauf und zog ihre Einwilligung wieder zurück.
Kunden schneiden selbst
Einzig Felix Rabensteiner von Dog Couture in Wolfsberg vertritt seine Meinung in der Öffentlichkeit. „Das ist derzeit ein wichtiges Thema für alle Hundefrisöre. Die genannten Rassen machen etwa zwei Drittel unserer gesamten Kundschaft aus. Bei anderen Rassen wird die Schnauze ohnehin nicht geschoren“, sagt Rabensteiner. „Wir halten uns natürlich an das Gesetz und klären die Kunden darüber auf, dass wir die Schnauzen der Hunde nicht mehr scheren dürfen. Die sind darüber wenig erfreut. Die meisten sagen, sie würden es dann eben selbst machen.“ Aber auch das könnte im Endeffekt auf den Hundefrisör zurückfallen: „Wenn wir eine Anzeige bekommen, wie sollen wir beweisen, dass nicht wir die Tasthaare geschoren haben, sondern der Kunde selbst?“
Gefährliches Gesetz?
Rabensteiner, selbst Hundehalter, hätte noch nie bemerkt, dass ein Hund mit geschorener Schnauze an einer schlechteren Wahrnehmung leiden würde. Im Gegenteil befürchtet er durch das Gesetz eine Gefahr für die Gesundheit der Hunde: „Wenn man die Schnauze nicht schert, ist das Fell rund um das Hundemaul immer feucht vom Speichel. Es können sich durch das Lecken des Hundes Lefzenekzeme bilden. Sie beginnen zu stinken und werden eitrig. Zudem verschmutzt und verfilzt das Fell im Gesicht viel schneller.“
Im Alltag nicht üblich
Rabensteiner vermutet, dass das Gesetz seinen Ursprung im Wettbewerbsbereich hat, wo die Schnauze bei Pudeln teils extrem kurz geschoren wird und Tiere mit längeren Haaren schlechtere Bewertungen bekommen. „Doch im Alltag werden Hunde nie so kurz geschoren. Der Tierschutz sollte sich lieber um die wirklich wichtigen Themen kümmern, wie zum Beispiel Hundeimporte aus dem Ausland, Qualzuchten und Tiertransporte“, so Rabensteiner.
"Gesetz macht Sinn"
Aus rein tierärztlicher Sicht macht das neue Tierschutzgesetz, das das Schneiden der Vibrissen bei Hunden verbietet, durchaus Sinn, wie Tierarzt Patrick Volgger von der Tierarztpraxis am Steinberg in St. Georgen bestätigt: „Die Vibrissen sind Tast- und Fühlorgane. Sie haben an der Basis bestimmte Rezeptoren, die Wahrnehmungen an das Tier weiterleiten. Dies ist nicht nur bei Hunden, sondern auch bei Wildtieren so. Mit den Vibrissen kann sich das Tier in bestimmten Situationen, beispielsweise bei Dunkelheit, besser zurechtfinden. Die Natur hat sich also durchaus etwas dabei gedacht.“
Nicht auf leichte Schulter nehmen
Doch Volgger relativiert auch: „Ein Schoßhund, der Tag und Nacht in Obhut seines Frauchens oder Herrschens von allen Hindernissen und Gefahren ferngehalten wird, braucht keine Vibrissen mehr. Das Abschneiden löst auch keine Qualen oder Schmerzen aus, aber es handelt sich dennoch um ein Organ. Darum sollte man das Verbot nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
Ausnahmefälle
Dennoch kann es vorkommen, dass sich die Haare nachteilig auf das Tier auswirken, etwa wenn sie zu lange werden und ins Auge stechen oder wenn das normale Hundefell, dass die Vibrissen umgibt, verfilzt. Wenn es gesundheitlich begründet ist, dürfen die Haare geschnitten bzw. gekürzt werden – allerdings weder vom Halter oder vom Hundefrisör, sondern nur vom Tierarzt. „Hundefriseure, die mit solchen Fällen konfrontiert sind, können sicher in Absprache mit einem Tierarzt eine Lösung im Sinne der Gesundheit des Hundes finden“, meint Volgger.
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