Sprache im Wandel
Die Mundart am Leben erhalten

- Ein "Reimstoa" an einem Tor des Stifts Kremsmünster.
- Foto: Pfaffenhuemer
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Viele Ausdrücke, die früher gängig waren, sind aus dem Sprachgebrauch weitgehend verschwunden.
BEZIRK KIRCHDORF. Jeder von uns kann sagen, dass er zwei Sprachen spricht: die bairisch-österreichische Mundart und die deutsche Standardsprache. Das bedeutet aber bei Weitem nicht, dass man jeden Dialektausdruck versteht – vor allem dann, wenn sich die Altbauern miteinander unterhalten. Im Dialekt finden sich nämlich zahlreiche Begriffe aus der bäuerlichen Welt wieder, da Landwirtschaft und Handwerk früher das tägliche Leben bestimmten. "Das ‚Tretlert’ zum Beispiel", sagt Ernst Gösweiner, Obmann des Heimat- und Museumsvereins Windischgarsten. "Das war zusammengetretenes Gras, das man zum Saufüttern verwendete." Der Stiel einer Hacke war als "Hölb" bekannt, mit "Buiserl" bezeichnete man das Jungvieh, und "Knecht" bekam der fleißige Arbeiter in Form von Schwielen an den Händen.
"Schintreidl" und "Schepser"
Das "Schintreidl" war ein kurzer Schaber zum Entrinden eines Baumes, solange dieser im Saft stand. "Man hat damit großflächige Rindenstücke bekommen und sie teilweise den Gerbern verkauft", beschreibt Gösweiner. "Diese haben sie verwendet, um die Fäulnisgerüche einzudämmen." Zum Entfernen der Rinde konnte man auch ein längeres "Schepseisen" nehmen, dann sprach man vom "Schepsen" oder "Scherpfen". Heimatforscher Rudolf Kusché hat über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten typische Ausdrücke aus dem Garstnertal gesammelt und niedergeschrieben, um sie für künftige Generationen zu bewahren. Einige Kostproben aus seinem Manuskript "Windischgarstnerisch. Ergänzung und Anhang zum Wörterbuch zur oberösterreichischen Volksmundart" von Jungmair/Etz sind weiter unten angeführt.
Sprache im Wandel
Viele Gerätschaften und Tätigkeiten, die früher üblich waren, sind abgekommen, und mit ihnen die dazugehörigen Bezeichnungen. Fernsehen, Internet und soziale Medien beeinflussen den sprachlichen Wandel. Immer mehr Ausdrücke aus dem Hochdeutschen oder Englischen halten Einzug. Wobei: So neu ist der Einfluss des Englischen gar nicht – ganz im Gegenteil. Deutsch und Englisch haben dieselben sprachlichen Wurzeln. Vor allem in der Mundart wird diese Verwandtschaft nur allzu oft augenscheinlich. "‚Åft’ (‚after’ – nachher), ‚Foam’ (‚foam’ – Schaum), ‚Feia’ (‚fire’ – Feuer) oder ‚oiwei’ (‚always’ – immer) sind solche Ausdrücke", weiß Eva Gösweiner. Sie kennt sich einerseits mit dem Dialekt gut aus und ist andererseits Mitglied im Stelzhamerbund (siehe unten).
Steinerner Zeitzeuge
Auch beim Leonsteiner August Pfaffenhuemer vom Verein Kulturregion Eisenwurzen OÖ kann man in Sachen Mundart aus dem Vollen schöpfen. Abgesehen von seinem eigenen Wissen, hat er unter anderem im Buch "Aus da Hoamat" von Anton Schosser und Josef Moser geblättert. Eine Anmerkung: Moser, geboren 1812 in Grieskirchen, war nicht nur Heimatdichter, sondern auch 40 Jahre lang "Gmoabåder" – sprich Bergdoktor – in Klaus und im Steyrtal. Der Filmkreis Kremstal wird das Leben Josef Mosers heuer verfilmen.
August Pfaffenhuemer führt den sogenannten "Reimstoa" ins Treffen. Als "Reim" bezeichnete man eine scharfe Kurve. "Der ‚Reimstoa’ befand sich an einem Hauseck, damit die eisenbeschlagenen Räder keinen Schaden anrichteten." Noch heute findet man solche "Reimstoana" – oder zumindest Hinweise darauf in den Flurnamen. Die Reibensteinstraßen in Molln und Leonstein etwa zeugen davon.
Mundart pflegen und erhalten
Die Mundart zu pflegen, ist auch Intention des Stelzhamerbundes. Gut 60 Mitglieder von Kremsmünster bis Spital gehören zur Ortsgruppe Windischgarsten. Obmann Wilhelm Aigner erklärt: „Es geht darum, die Gemeinschaft zu fördern und darauf zu schauen, dass die Muttersprache lebendig bleibt." Aus diesem Grund organisiert er regelmäßige Lesungen. Die nächste im Mai 2025 widmet sich dem heimischen Mundartdichter Karl Rumplmayr – mehr über die Veranstaltung in Kürze auf meinbezirk.at/kirchdorf und in den gedruckten Ausgaben.

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Ein kleines Mundart-Nachschlagewerk
„Wiadawö, åft ziag i ma vurdla mei Pfoad au und geh mit da Müli-pitschn scharwärts zan Baun. Sunst kriag i aum Erchtag eppa koan Bazbunkö", ließ der "Rundschauer" in der Ausgabe Nr. 10 von MeinBezirk Kirchdorf wissen. Wer nicht alles auf Anhieb verstanden hat, hier die Übersetzung: "Wie auch immer, dann ziehe ich mir überhaupt mein Hemd an und gehe mit der Milchkanne querfeldein zum Bauern. Sonst bekomme ich am Dienstag vielleicht keinen Cremekuchen."
Beispiele aus der Sammlung "Windischgarstnerisch" von Rudolf Kusché:
anstöckln: wenn sich an Sohle und Absatz Schnee ansetzt
a(b)migli: alt, gebrechlich
anboazi: zudringlich (Frauen gegenüber)
anhasna: eine bucklige Fläche eben machen
aufglein: auftauen
Barchtlert: Kehricht, Unrat
bean´n: surren (a beanade Weaschn)
Bedel: Schnupfen (der hod owa an Bedel)
Benl: kleiner Bub
blangeln: von allem ein bisschen kosten/naschen
brennäugeln: zwinkern
brunnliacht: nüchtern
dalodern: nass machen, in einen Regenguss geraten
demi: heiß
destern: Er kimt ned z´destern: Er weiß nicht, wie er das anpacken/angehen soll
dusn: dämmerig
ei(n)mugeln: sich warm gegen Kälte einhüllen
Eisglodern: die Eisglätte
feindsi: feindselig
fledrizn: von flattern
gameri: heißhungrig
geima: loben
ghoirucki: höhenrauchig (schönes Wetter, aber schlechte Sicht im Gebirge)
glungizen: die Glocken glungizen
gugahell: ganz munter
hamisch: lebhaft, resch (des is a gaunz a Hamische)
hoanzln: krumm gehen, hinken
Hudern: Fetzen, etwas Zerrissenes
Huzn: a Huzn Wäsch´: ein Haufen
idäln: sinnierend vor sich hinstarren
inner werden: etwas erfahren
kangizn: sudern, keppeln
kleim: nahe, eng
Modi: Der hod koan Modi: kein Benehmen, keine Bildung
oanletzi: einzeln
pfausn: schnauben
pfnoten: mocken, schmollen
rogel/rogi werden: nicht mehr bleiben wollen
scharwärts - querfeldein
schnageln: naschen
schrefeln: plauschen, ratschen
sper: trocken, aber auch blass, kümmerlich
ziesn: gespreizt schön (schau, wia d´Nochbarin ziesn dahergeht)
zsammspeanzln: liebäugeln
Beispiele aus dem Wörterbuch zur oberösterreichischen Volksmundart von Jungmair/Etz* und von August Pfaffenhuemer:
a(b)göln: abgleiten, abrutschen (er is mitn Messer abgölt und hat si gschnidn)
a(b)paschn: sich aus dem Staub machen
anlögn: anziehen
anzöttn: sich beim Essen anpatzen
a(r)schlings: rückwärts, rücklings - Gegenteil: vürschling
a Äuzerl: ein bisschen , eine Kleinigkeit
Bahäl: Lärm, Aufsehen (moch ned so an Bahäl)
Batznlippl: ungeschickter Mensch
Birl: Heuboden
Bissgurn: böses, zänkisches Weib
bizlad: zornig
Bosnigl: boshafter Mensch
dagln: schmieren, schlampig schreiben
drent: drüben – Gegenteil: herent
Eicht: eine kurze Zeit: Wart an Eicht(l))!
enk: euch
etla: einige, etliche, so manche
feanzn: foppen
feigln: Schwierigkeiten machen (des feiglt: es funktioniert nicht)
foast: dick
födeln: umziehen
gach: plötzlich, steil
glecka: ausreichen (es hod ned gleckt)
Gwirkst: Schwierigkeit (So a Gwirkst!)
häu(l): glatt, eisig
harb: böse, verärgert
heifti: vieles
hinvür: nach vorne
iawigs mal: manchmal
karnifln: sekkieren
lealn: lehnen, ausruhen
liegerhaftig: bettlägerig
mä/mö: warum (mä des?)
meamln: unverständlich sprechen
mudlwarm: angenehm warm
neili: kürzlich erst
niftn: wetzen
parterr sein: schlecht beisammen sein
peankad: grob
ruablig/ruawig: ruhig
schluderad: lose, locker, schlampig
stadschauad: schwer von Begriff, geistlos dreinschauend
talkert: dumm, unbeholfen
tamisch: verwirrt, wütend
Tetschn: Ohrfeige
überhaps: übereilt
umwärts: quer
vagradn: misslingen
zhechst: ganz oben
* Wörterbuch zur oberösterreichischen Volksmundart. Gesammelt von Otto Jungmair, für die Drucklegung bearbeitet von Albrecht Etz. 33. Band des Sammelwerks "Aus da Hoamat", herausgegeben 1978 vom Stelzhamerbund
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