Sechs Kärntner Spitzenkandidaten nehmen Stellung wichtigen Themen
WOCHE-Podiumsdiskussion in Klagenfurt: Die Spitzenkandidaten der sechs größten Parteien nehmen vor Publikum Stellung zu Gesundheit, Wirtschaft, Abwanderung Bildung - und nötige Reformen in Kärnten.
KÄRNTEN. Die WOCHE lud - gemeinsam mit der Antenne Kärnten - zur Podiumsdiskussion in das Klagenfurter Seepark-Hotel. Die Spitzenkandidaten aller wahlwerbenden Fraktionen, die entweder im Landtag oder im Nationalrat vertreten sind, stellten sich den Fragen von Moderator Timm Bodner. Hier die Stellungnahmen zu den großen Themen für das Land Kärnten:
Die Zukunft der Kinderbetreuung
Peter Kaiser (SPÖ): Wir wollen eine elternbeitragsfreie Betreuung. Geschätzt kostet das rund 14 Mio. Euro. Haben in der mittelfristigen Finanzperiode für Flüchtlingspolitik mehr Mittel bereitgestellt als wir brauchen.
Die Ersparnisse sind 10,9 Millionen Euro. So wären schon drei Viertel der ersten elternbeitragsfreien Kinderbetreuungseinrichtungen finanziert.
Gernot Darmann (FPÖ): LH Kaiser stellt die gleiche Forderung auf, wie 2013. Wer hat ihn daran gehindert, das umzusetzen. Die FPÖ hat einen Sonderlandtag zum Thema eingefordert und die SPÖ hat gegen ihr Versprechen stimmt. Das Thema wäre bereits abgehakt.
Christian Benger (ÖVP): Die Betreuung muss flexibel sein und auf Eltern reagieren. Wir müssen der Jugend Perspektive geben – wenn alles abwandert und Geburten zurückgehen, werden wir das Thema Kinderbetreuung vielleicht gar nicht mehr bearbeiten können. Wir müssen Freiräume schaffen, Erneuerungen und Reformen schaffen.
Rolf Holub (Grüne): Wenn wir eine frauenfeindliche Politik haben, gehen die Frauen weg und gründen woanders eine Familie. Das Geld muss da sein - am besten für eine Bildungseinrichtung von null bis 14 Jahren.
Gerhard Köfer (Team Kärnten): Gratis-Betreuung wäre positiv, aber es ist nicht finanzierbar. Wir haben den höchsten Schuldenstand in der Geschichte und machen 100 Mio. Euro neue Schulden jedes Jahr. Mir sind angepasste Öffnungszeiten wichtig und die Abstimmung mit den Gemeinden, weil die werden es mitzahlen müssen.
Markus Unterdorfer-Morgenstern (Neos): Wir sind für einen Rechtsanspruch auf einen Platz ab dem ersten Geburtstag des Kindes. Wir haben in Kärnten 31 Schließtage, 22 sind es im Bundesschnitt. Da müssen wir auch ansetzen, und auch den Unternehmern helfen, damit sie Plätze anbieten können.
Einsparungen in der Kärntner Verwaltung
Kaiser: Wir haben einiges erreicht in der ersten Periode. Unser Ziel war: auf 3.500 Planposten zu kommen. Wir haben bei 3.750 übernommen – bis Ende 2018 werden wir die Zahl erreichen. Wir brauchen eine Dienstrechts- und Besoldungsreform, dass wir die besten Kräfte auch in den öffentlichen Dienst bekommen. Das ist mit der Gewerkschaft ausverhandelt. Wir brauchen einen Beschluss. Wir werden einige Verbesserungen haben: die wirkungsorientierte Haushaltsreform.
Darmann: Wir müssen das Geld in der Gesundheit wieder zum Patienten bringen und in der Verwaltung sparen. Die Kabeg hat 120 Mitarbeiter in der IT. Da gibt es viel Potenzial zu heben. Auch die Bürokratie muss man abbauen, damit wir Investoren anlocken und nicht abschrecken.
Benger: Einfach ist das nicht, aber angehen muss man es. Wir sind unter den Bundesländern Spitze, was die Kosten betrifft. Wir müssen Kosten senken. In Kürze ist wieder die Sommersaison: da kommen sieben bis neun Leute auf den Campingplatz jedes Jahr zur Abnahme – da gibt es Einsparungspotential, da sollten wir ansetzen.
Holub: Wir haben langfristige Verträge, besetzen nur jeden dritten Posten nach. Deshalb haben wir auch HCB ohne neue Mitarbeiter abgewickelt. Mit immer weniger Leuten werden wir so günstig, dass die Arbeit nicht mehr gemacht werden kann.
Köfer: Damals schon als Bgm. haben wir mehrere Gemeinden zusammengefasst und Gehälter über die Stadt Spittal abgerechnet. Wir sollten die Gemeinden schon für sich selbst belassen: Aber wir können über Feuerwehren nachdenken, die gemeindeübergreifend arbeiten, über die Zusammenlegung von Bauhöfen, Maschinendienst.
Unterdorfer.-Morgenstern: Wir brauchen eine Transparenz sämtlicher Geldflüsse. Dann wird der Umgang mit Steuergeld so sein wie in Unternehmen. Auch das e-Government sollte man endlich umsetzen: Gläserner Staat, nicht gläserner Bürger.
Soll die öffentliche Hand transparenter werden?
Köfer: Es wäre wichtig, Beschlüsse der Regierung, des Gemeinderats und Stadtrats öffentlich zu machen. Wähler sollen wissen, wie der, den sie gewählt haben, sich verhalten hat. Das Amtsgeheimnis vorzuschieben, ist unnötig. Die Transparenz sollte deutlich erhöht werden.
Kaiser: Nehme das alles zur Transparenz gerne auf. Wenn aber Transparenzdatenbank: Dann alles offenlegen (alle Förderungen jeder einzelnen Person, jedes Betriebes) – für alle Steuerzahler, dann wird so Mancher die heute zu Tage gelegte Offenheit etwas relativiert sehen.
Benger: Zur Transparenz: Im Agrar- und Kulturbereich habe ich das umgesetzt – die Anderen sollen nachziehen.
Holub: Meine Leute haben die Datenbank fertig. Es muss nur noch eingespielt werden. Es wird bei dem Thema aber unfassbar gemauert - da sind hunderte Millionen Euro zu holen.
Darmann: Das Problem ist, dass der Bund nicht weiß, wie viel die Länder etwa für Integration zahlen. Es braucht eine Verpflichtung in die Bundes-Transparenzdatenbank einzumelden.
Zu den Bezirkshauptmannschaften
Benger: Ich bekenne mich zu BHs, wenn wir hier Entwicklungsschritte mit Verfahrenskonzentrationen machen, wie in Hermagor passiert. Das ist der richtige Wege für eine Effizienzsteigerung.
Köfer: BHs reduzieren von 8 auf 4 – Die BH könnte zu den Kunden kommen und Kleinigkeiten vor Ort erledigen. Wir haben eine aufgeblähte Zahl von Hofräten in Kärnten - das erscheint mir zuviel, da alle wiederum einen Gutachter mit haben.
Kaiser: Wir brauchen Verwaltungs- und Verfahrenskonzentrationen auf den verschiedenen Ebenen, ich bekenne mich aber gleichzeitig ganz klar zu den BHs.
Holub: Standortkoordinationen machen Sinn, da man dann Spezialisten hat.
Darmann: Ich bin für Schwerpunktsetzungen in den BHs, wie im Burgenland mit dem Glücksspiel. Die Zahl der BHs soll erhalten bleiben.
Unterdorfer-Morgenstern: Auf längere Sicht kann man bestimmt eine Einheit einsparen - da gibt es sicher großes Potenzial.
Zur Finanzierung von Pflege und Gesundheit
Kaiser: Wir haben ein Prinzip in der Regierung beschlossen: So lange wie möglich zuhause bleiben können mit betreubarem Wohnen, dann Hilfe für die pflegenden Angehörigen. Wenn es nicht anders geht, ambulante, mobile Pflegehilfe und wenn nichts mehr geht, brauchen wir Pflegeheime. Parallel dazu brauchen wir ein Gesundheitssystem, bei dem Prävention an erster Stelle zu stehen hat. Dann brauchen wir ambulante Versorgung – jeder Kärntner geht im Durchschnitt zwei Mal pro Jahr in eine Ambulanz. Und dann den stationären Aufenthalt, den brauchen wir flächendeckend.
Darmann: Weil sich Menschen die 24-Stunden-Pflege nicht leisten können, werden sie ins Heim gedrängt. Die Unterstützung für die 24-Stunden-Pflege soll von 275 Euro auf 600 Euro angeboben werden, anstatt das Geld in Heime zu stecken - da kostet ein Platz 1.500 Euro. Das wäre menschlich und kostet weniger.
Holub: Wir müssen den Pflegeberuf attraktiver machen, damit nicht nur billige Kräfte aus dem Ausland zu uns kommen - das ist weder fair noch gescheit. Da brauchen wir eine Priorisierung: Wir haben Geld für nicht einmal die Hälfte von dem, was nötig ist. 90 Prozent der Pflege wird von Frauen unentgeltlich geleistet. Wir decken nur die Spitzen ab, das wird uns auf den Kopf fallen.
Kaiser: Wir brauchen eine klare Sicht: 84 Prozent der zu Pflegenden werden zuhause gepflegt und die wenigsten davon mit der 24-h-Hilfe, sondern vor allem durch Angehörige. Hier müssen wir Verbesserungen schaffen. Und mit den mobilen Hilfen auch in der Nacht und rund um die Uhr sollten wir so aufgestellt sein, dass 24-h-Hilfen in manchen Bereichen so nicht mehr notwendig sein werden.
Darmann: Das Pflegegeld wird als Einkommen gewertet, sodass die pflegende Mutter keinen Anspruch auf weitere Sozialleistungen hat. Diese Ungerechtigkeit müssen wir abschaffen.
Benger: Wir haben überdurchschnittlich viel chronisch Kranke und hohe Kosten – Verwaltungskosten im Kabeg-Bereich. Die ambulante Behandlung kostet in Kärnten 247 Euro, 103 Euro weniger in Tirol. Die 103 Euro versickern im System und kommen nicht beim Kranken an. Hier gilt es, die Effizienz zu heben – damit wir nicht das teuerste Gesundheitssystem haben, sondern das beste und das flächendeckend. Die mobile Pflege gilt es zu forcieren, um die Pflegeheime zu entlasten.
Köfer: Wir sollten die maximale Freiheit, was die Betreuungsform betrifft. Ich bin für die Verbesserung der 24-Stunden-Pflege. Wir haben im Landtag eingebracht, dass es notwendig wäre, eine Pflegelehre einzuführen – das wäre eine zukunftsweisende Berufsperspektive. Wir brauchen eine verpflichtende Qualitätssicherung in den Pflegeheimen.
Zu Wirtschaft, Abwanderung und Infrastruktur
Benger: Was macht einen Wirtschaftsstandort aus? Wettbewerbsfähige Unternehmen, die sich entwickeln können und nicht in der Entwicklung behindert werden. Die Politik kann Rahmenbedingungen setzen: für Infrastruktur – im Straßen- und Datenverkehr. Wir müssen dem Wirtschaftsstandort die entsprechende Ausbildung liefern, nämlich technische Ausbildung für die Jugend, damit sie in Kärnten bleibt.
Darmann: Wir brauchen einen Standortpolitik, die den Namen auch verdient und nicht die Arbeit verunmöglicht und Investoren abschreckt. Deshalb sind wir für eine Projektentwicklungsgesellschaft, die Projekte duschentwickelt und Investoren das Verfahrensrisiko nimmt.
Unterdorfer-Morgenstern: Man kann die Regionalstellen der Wirtschaftskammer ausweiten und Profis für Ansiedlungen einbauen. Außerdem müssen wir den Förderdschungel lichten und Unternehmer vernetzen.
Holub: Reiche Leute beuten immer aus; wir haben eine Verteilung von Unten nach oben. Wir könnten eine Milliarde Euro in Kärnten lassen, wenn wir auf fossile Brennstoffe verzichten und auf Biomasse umstellen. Das ist auch ein Vorteil für die Bauern, weil sie ihr Holz verkaufen.
Köfer: Wir brauchen ein Bildungsangebot mit Fachkräften, die die Wirtschaft benötigt. Die Kärnten-Werbung soll die Wirtschaft im Ausland mitvermarkten - wir brauchen auch Fachkräfte aus dem Ausland. Investitionen in die Bildung sind nötig: Es gibt Überlegungen, in Spittal einen Chemie-Zweig zu errichten. Und zentral ist die Infrastruktur: analoge Straßen aus Asphalt und digitale in Breitband.
Benger: Ich habe die klare Vision für die Jugend: Wir brauchen Infrastruktur für Straßen- und Datenverkehr. Da sind Mittel einzusetzen. Wir müssen die Kosten runterbringen, die Effizienz steigern.
Mir schwebt ein Betrag von 200 Millionen Euro vor: Der setzt sich aus Einsparungen im Gesundheitsbereich und in der Verwaltung zusammen. Die Digitalisierung hilft uns jeden Tag mehr. Wenn wir nicht groß denken, werden wir nicht groß vorankommen.
Köfer: Ich muss die Milliarde hinterfragen: Das ist undenkbar. Man hat zu Geld keinen Bezug. Wir haben derzeit ein Infrastrukturpaket von 18 Mio. Euro für Straßen. Wir müssen auch Katastrophen, 1.700 Brücken, 3.500 Mauern, 1.000 km Radwege bedienen, es gerecht aufteilen. 40 Millionen wäre ein Ansatz. Das ist auch finanzierbar. Aber eine Milliarde ist nicht machbar.
Kaiser: Bei den Infrastruktur-Maßnahmen sind die Hauptthemen die Verkehrswege und die Bildung. Im Bereich der Verkehrswege werden wir einen völligen Wechsel der Paradigmen haben, wenn die Koralmbahn fertig ist – sowohl Klagenfurt-Graz als auch umgekehrt in 45 Minuten. Wir werden mit dem Ausbau der zweiten Röhre beim Karawankentunnel gute Grenzverbindungen in den Alpen-Adria-Raum haben. Der Flughafen ist zu halten, auszubauen, mehrfach zu nutzen, an die Eisenbahn anzubinden. Wir haben mit dem Logistikcenter in Fürnitz große Chancen, bis zur chinesischen Seidenstraße miteingebunden zu werden. Und letztendlich brauchen wir bei den Bildungsstandorten Verbesserungen im tertiären Sektor: spezifische Schulen im Oberstufenbereich – Industrie-HAK Althofen oder eine zweite HTL in Spittal.
Darmann: Eine Agebtur ist eine Riesenchance. Die Entwicklungsagentur hat bis zu ihrer Einstellung viele Ansiedlungen geschafft. Da gibt es jetzt massive Rückgänge. Es geht um fertige Projekte, das wünscht sich die Wirtschaft.
Kaiser: Zur Entwicklungsagentur: Wir haben Doppelstrukturen aufgelöst und zusammengeführt, eine eingespart. Die Babeg hat dieselbe Aufgabenstellung. Sie ist die einzige Agentur in Österreich, wo der Bund mit drinnen ist. Der Bund hat die besten Kontakte.
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