100. Geburtstag Heinz Traimers 2021
Plakat-Kunst für den Weltspartag der Sparkassen

- Sparefroh Plakat der Sparkasse, Zentralsparkasse und Erste Österreichische Sparcasse um 1960 von Heinz Traimer.
- Foto: Sammlung Heinz Traimer Wien (Foto: P. Hoiß)
- hochgeladen von Matthias Bechtle
Er lehnte einst das in erster Linie der Prominenz der Wiener Gesellschaft vorbehaltene dreistellige Auto-Kennzeichen und den Ehrentitel Professor ab, was ihm seitens der Politik für besondere Verdienste um Werbe-Erfolge angedient worden war. Er bevorzugte es, weiterhin unabhängig und freischaffend arbeiten zu können. Die Rede ist vom 1921 geborenen Gebrauchsgrafiker Heinz Traimer, einem Bayern, der Wiens Sparkassen und Zentralsparkassen-Werbung in den 1950-er und 1960er-Jahren maßgeblich beeinflusste.
Ausstellung zum 100.Geburtstag 2021
Die Familie des Künstlers zeigte vor Kurzem, passend zum Weltspartag 2021, im Pop Up Store bei Frank in der Wiener Himmelpfortgasse eine Auswahl an Kunst-Plakaten und Originalen des 2002 verstorbenen Grafikers. Dabei setzte man auf Zusammenarbeit mit der Wiener Galerie Krinzinger und Vermehrt Schönes! (Kultur-Sponsoring - Erste Bank).
Auch die Erste Österreichische Spar Casse (heute Erste Bank) , Zentralsparkasse (heute Bank Austria) und der Sparkassen Verband Österreichs können mit richtiger Plakat-Kunst in Ihrer Historie aufwarten.
Besonders das Weltspartags-Plakat von 1955 und die Sparfroh-Plakate zeigen eine andere Einstellung zum Thema Geldumgang, Wirtschaften und Sparen als heute.
Es sind die poppigen, humorigen, fröhlichen und leicht eingängigen Motive des Grafikers, die beim Publikum jeden Alters sofort gut ankamen.
Wer will und kann schon sparen?
Zehn Jahre nach dem 2. Weltkrieg kamen gerade einmal 8.000 Interessierte zum Weltspartag. 1955, der 1925 erstmals in Österreich stattgefunden hatte. Dieser „Feiertag“ der Sparkassen wurde von den anderen Banken des Landes belächelt.
Der geringe Erfolg um 1955 verwundert nicht, die ältere Bevölkerung hatte bisweilen zwei Kriege und Inflationen erlebt, die schwierige wirtschaftliche Situation im nicht souveränen Österreich schlug sich auf die niedrige Sparquote durch.
Die Sparkassen waren in den beginnenden 50er-Jahren noch nicht so präsent im Stadtbild wie heute. Ihre Werbetätigkeit war stark reglementiert. Der offene Umgang mit dem Thema Geld galt als unsittlich seitens politischer Strömungen und mit der russischen Besatzungsmacht wollte man es sich auch nicht verscherzen.
Vornehmstes Ziel der Institute Anfang der 1950er-Jahre waren das Sparen für Notfälle und Anschaffungen aller Art und das Fernhalten der Menschen vor Überschuldung. Appelle etwas „erwarten im Sinne von etwas „er“sparen zu können, bevor ein Kauf getätigt wird, waren vermutlich wichtige Instrumente zur Beruhigung und Ermunterung einer Bevölkerung, die sich sehr viel weniger leisten konnte als es die heutige Überfluss-Gesellschaft gewohnt ist. Denn woher nehmen, wenn nicht stehlen? So war das Sparen an sich also ein edler Akt und gleichzeitig Beweis für einen langen Atem.
Zugleich gibt es freilich Stimmen, die betonen, die große Geld-Einsammlung der Banken geschah damals auch aus Eigenmittel-Mangel der Geldhäuser, die sich damit Liquidität sicherten. Die Sparkassen selbst gaben für Private Anfang der 50er-Jahre grunsätzlich keine Kredite, wenn überhaupt allenfalls für Hausrat und Wohnung, Anschaffungen, die man penibel nachweisen musste.
Frischer Wind für die Bankwerbung in Österreich um 1955
Die ersten Sparkassenplakate 1954 zeigen noch keine wirkliche Linie (Corporate Identity), überzeugen aber bereits durch zeichnerisches Können, sowie mit passenden Sprüchen. Besonders Kinder und junge Menschen wurden in den Filialen der Sparkassen durch die Motive in den Bann gezogen und als kommende Kundschaft gewonnen.
Traimer wusste um die sehr schwierige Umsetzung des abstrakten Themas des Geldes und des Sparens. Sparen war Vertrauenssache in eine Institution, die sich für den Erhalt der Geldeinlage und bestenfalls deren Verzinsung einsetzte. Humor in der Grafik galt als der gut gelaunte Gruß einer lächelnden Verkäuferin, stellte ein herzliches Willkommen dar, um sympathisch zu erscheinen.
Nachweisbar ist das Plakat von 1955, wenige Tage nach dem Staatsvertrag affichiert , mit dem Slogan„Sparen - frei sein!“. Ein Baum ist gewachsen und sprengt die Manschette eines Pfostens, an dem er angebunden war. Am Gehölz selbst blühen S (Sparkassen-Logo) Buchstaben. Den Wurzelballen bildet eine Erdkugel die auf den internationalen Weltspartag verweist. Das künstlerisch wertvolle Plakat zeigt eindrucksvoll das Können des Grafikers. Im Hintergrund die schwarze Farbe, die damals als ultimativ in der Vermittlung von Werbung angesehen wurde – auch in Sujets unserer Zeit findet sie sich seit ungefähr 10 Jahren häufig wieder, bis hin zu Bäckerei-Filialen. Traimer weicht dann aber doch wieder auf einfachere Comic-Sprache aus, da diese von allen Bildungsgraden schnell, also plakativ, gelesen werden konnte.
Der Weltspartag und seine Slogans
Weltspartage durften vom Grafiker textlich und grafisch nicht so frei entworfen werden wie die übrigen Plakate. Hier saßen alle Sparkassen-Vorstände zusammen und überboten sich an geplanten „Kampf-Slogans“. Sparen, erwerben, besitzen. Oder: „dass es uns weiterhin gut geht - sparen!“. Man wollte und konnte hier keinen Deutungsfehler begehen. Dies führte zum Brauch, drei verschiedene Plakate zu lancieren, eines für Kinder, eines für die reifere Jugend und ein Textplakat für Erwachsene.
Weltspartags-Höhepunkt in den 1970-er Jahren
Im Laufe der Jahre wuchs der Weltspartag zu einem Massen-Spektakel an. Bundespräsidenten, Kanzler und Minister, Bürgermeister hielten Reden. Kinder zogen mit der „Groschensparen / Schulsparen Spardose“ zur Bankfiliale. In Lichtspieltheatern, Fernsehen und Rundfunk, in Bussen, Bahnen Straßenbahnen, in Gemeindeämtern, auf Poststempeln, Kalendern, Plakatwänden wurde nun geworben. 1975 begrüßte alleine die „Z“ - Zentralsparkasse bereits 600.000 Besucher. Angestellte durften keinen Urlaub nehmen, jede Hand wurde gebraucht um die Unmengen an Banknoten und Münzen zu erfassen und verstauen.
Besucher berichten heute von der Freude eines Geschenkes, am besten eine prestigeträchtige große Sparefroh-Figur erhalten zu haben.
Schulden statt Sparen
Mit dem einsetzenden Wohlstand sanken die Sparquoten, man vertraute nun darauf, dass alles immer nur noch besser werden würde. Ratenzahlungen bei Versand- und Autohäusern, Hypothekarkredite wurden Usus. Die Sparkasse warnte vermehrt mit Haushaltskursen, Haushaltsbüchern und Sparbuchwerbung.
Vita: Heinz Traimer
Am 30. September 1921 in Bayern geboren als Sohn eines Lehrer-Paares, wurde der ältere Bruder von zwei Schwestern alsbald Halbwaise. Die Mutter erzog die Kinder in Augsburg und München im betont musisch und wissenschaftlichen Sinne groß. Als angehender Maturant wurde Heinz Traimer als Funker zur Wehrmacht eingezogen.
Nach der Kriegsgefangenschaft in Russland kehrte er schwer an Polio erkrankt zurück. Vorbei war die Zeit des passionierten Sportlers und angehenden Mediziners. Sein vorhandenes zeichnerisches Talent baute er in der Reha-Zeit aus und bewarb sich erfolgreich an der renommierten Grafischen Akademie in München, wo er eine umfassende und hochprofessionelle Ausbildung genoss. Er konnte nun sein ganzes Wissen einbringen.
Zunächst fühlte er sich im noch besetzten Österreich ein wenig unwohl, Wien war weit weg von West-Europa und dessen wirtschaftlich aufstrebenden Ländern. Mit Traimer fand sich nun ein Werbe-Mann für die Sparkassen, der trotz seines schweren persönlichen Schicksals immer an das Positive glaubte und dies in den Grafiken auch deutlich zeigte.
Mit einer Prise Humor, aber nie derbem Witz konnte er schnell bei einem Atelier in Wien, das für die Sparkassen und die Zentralsparkasse arbeitete, eine Anstellung finden. Innerhalb von zwei Jahren gelang es ihm große Teile der Werbematerialien grafisch und textlich zu gestalten. Mit seiner Frau Gertraude, einer Wirtschaftsjuristin, wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit. Die „Kahlenberg-Graphik“, eine kleine Siebdruckerei, entwickelte sich zu einem florierenden Betrieb. Traimer blieb trotz der Nähe der Zentralsparkasse politisch und finanziell stets unabhängig.
Zwischen 1970 und 1975 zog sich der Grafiker zurück. Die Werbeabteilungen der Sparkassen erklärten ihn für nicht mehr zeitgemäß, Fotografie mit Lifestyle und Luxus, Geld ausgeben, Kredit und schöne „Mädchen“ waren nun ein wichtigstes Ziel, um das Image der Bank zu ändern. Nachdem jedoch die Imagewerbung der Bankhäuser als Institute für die gehobene Gesellschaft und Konsumgüter nicht die erwünschten Erfolge mit sich brachte und ratlose Kundschaft zurückblieb - die Sparkassen sfielen sogar hinter die Konkurrenz -, wurde Traimer erneut herangezogen und erhielt nahezu freie Hand für die Werbung. 1976 wurde ihm der Staatspreis für Werbung seitens der Bankengruppe zugesprochen.
Zwischen 1975 und 1980 entwarf Traimer große Kampagnen, die das ganze Land eindeckten. 1979 veranlasste ihn der Tod seiner Ehefrau sich beruflich zurückzuziehen. Bis 1990 arbeitete Traimer nur mehr an kleinen Aufträgen.
Der Nachlass
Das grafische Erbe mit 350 Plakaten und 2.500 weiteren Grafiken ist beachtlich und wurde 2012 in einer Diplomarbeit wissenschaftlich aufgearbeitet. Die Sammlung ist nicht öffentlich zugänglich aber im Internet unter: traimer.at abrufbar.
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