Über Ausdauer und Humor: "Fragebogen" mit Sigrid Maurer
Was die ORF-Redakteurin denkt, wenn sie sich selbst
im Fernsehen sieht, und was sie der Stadt Graz verordnen würde.
Was verbinden Sie mit dem Wort „weiblich“?
Für mich war Schauspielerin Christine Neubauer immer schön „weiblich“. Seit sie erschlankt ist, hat sie an Weiblichkeit eingebüßt. Weiblichkeit hat für mich mit weichen Rundungen zu tun, die Wärme und Geborgenheit ausstrahlen.
Ist man als Frau manchmal mit anderen Erwartungshaltungen konfrontiert als ein Mann?
Ja, eigentlich immer. Eine Frau hat sich prinzipiell „gut“ zu benehmen. Ein Mann zwar auch, doch wenn er „aus der Rolle fällt“, wird ihm dies nicht so übel genommen.
Wofür müssen Frauen noch kämpfen?
In vielen Ländern für ihre Menschenrechte. Bei uns wünsche ich mir, dass es keine Frauenquote braucht, damit Frauen bestimmte Jobs bzw. Führungspositionen bekommen.
Als TV-Redakteurin: Welche Dreharbeiten waren für Sie besonders einprägsam?
Im Kosovo, im tiefsten Winter, begleiteten wir Maryla Herman, die sich um Arme und Kranke kümmert. Wir waren bei einer Familie, die mit acht Kindern in einem verfallenen Haus lebt – ohne Strom und fließendem Wasser. Ein 4-jähriger Bub hatte vor Kälte rote Hände und trug zerrissene, zu große Plastikschlüpfer ohne Socken. Im Hilfspaket war nur eine zu große Hose, die wir ihm trotzdem gaben. Die Freude und der Stolz in seinem Gesicht hat sich bei mir für immer eingeprägt.
Was denken Sie, wenn Sie sich selbst im Fernsehen sehen?
Jedes Mal denke ich mir, worauf ich das nächste Mal achten muss. Meist sind es zuviel Mimik und Bewegung vor der Kamera. Ich quatsche dann einfach drauf los. Andererseits denke ich mir: Ich bin, wie ich bin, nicht stoisch, sondern ständig in Bewegung... (lacht)
Was ist an Ihrem Beruf am herausforderndsten?
In Interviews gute Antworten zu bekommen: Interviewpartner muss man derart in ein Gespräch verwickeln, dass sie Kamera und Mikrofon vergessen.
Was würde Nicht-Fernseh-Redakteure überraschen?
Wie viel Arbeit in einem 1:30-Minuten-Beitrag steckt. An einer guten Story arbeitet ein Redakteur meist einen Tag, weil wir neben den Interviews auch für Recherche, Dreharbeiten, Texten und Schnitt zuständig sind.
Wenn Sie einen anderen Beruf hätten, welcher wäre es?
Theater-Schauspielerin. Ich wollte immer in verschiedene Rollen schlüpfen. Die Aufnahmeprüfung an der heutigen Kunstuni habe ich aber nicht bestanden. Heute weiß ich, dass es spannender ist, Journalistin zu sein. Denn dabei kann ich in viele echte Rollen schlüpfen.
Was ist Ihre größte Stärke?
Ausdauer gepaart mit Humor. Das kann ich immer gebrauchen.
Wann verlieren Sie die Nerven?
Wenn man mir das Wort im Mund umdreht und auch bei Machtmenschen, die ihre Macht ausspielen.
Was würden Sie Ihrem jüngeren Selbst raten?
Rückblickend würde ich nichts anders machen. Ich könnte mir nur raten, dass ich bei manchen Dingen nicht nur einmal sondern zwei Mal „darüber schlafen“ sollte. Aber das gelingt mir heute auch nicht immer…
Sie kennen bestimmt viele Seiten von Graz: Was fehlt der Stadt?
Die Herrengasse und die Mur haben leider keinen Charme. Der Herrengasse würden kleine Läden, wie es sie vereinzelt noch gibt, gut tun. Die Mur sollte man verschönern und beleben, sodass man es genießen kann, am Wasser zu sitzen.
STECKBRIEF
- geboren am 26. Februar 1967
- absolvierte ein Dolmetschstudium, lebte ein Jahr in Paris
- seit 1996 beim ORF Steiermark, arbeitet für Radio und
Fernsehen. Die Stationen
dabei: etwa Society-Reporterin und Redakteurin für „Steiermark heute“
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