Grazer Experte mahnt
"Die Leute müssen mit den Schlangen leben lernen"

- Keine Angst: Die im Großraum Graz heimische Schling- oder Glattnatter ist harmlos, wird aber häufig mit der giftigen Kreuzotter verwechselt.
- Foto: Werner Stangl
- hochgeladen von Christoph Lamprecht
Sie sind da, ob man es will oder nicht. Warum der Abtransport von Schlangen sinnlos ist, erklärt Reptilien-Experte Werne Stangl. Sein Ratschlag: "Menschen müssen akzeptieren, dass sie ihren Lebensraum mit Schlangen teilen."
GRAZ/GRAZ-UMGEBUNG. "Es ist jedes Jahr das gleiche Lied", schmunzelt Werner Stangl, Leiter des Reptiliennotdienstes des Steirischen Reptilien- und Amphibienvereins, "Leute, die seit Jahrzehnten mit Schlangen in ihrem näheren Umfeld leben, ohne es zu bemerken, bekommen im Frühjahr dann doch einmal ein Exemplar zu sehen und der Aufschrei ist groß." Bereits seit Mitte der 1980er-Jahre kümmert sich der Fachmann für alles, was kreucht und fleucht, sowohl um das Wohl der Tiere als auch die psychische Verfassung ihrer Entdecker.
"Mit unserem in Europa einzigartigen Service sind wir täglich 24 Stunden erreichbar, kommen bei Bedarf vorbei und bringen Tiere, die sich in Gefährdungslagen befinden, in Sicherheit – und das Ganze ehrenamtlich", so Stangl, "sogar aus dem Urlaub in Kroatien oder Griechenland schicken uns die Leute Fotos, um diese zu identifizieren." Eine zeitintensive Tätigkeit, die mit viel Idealismus – Bezahlung gibt es keine – einen wertvollen Beitrag zur heimischen Artenvielfalt leistet.

- Werner Stangl kümmert sich seit Jahrzehnten um das Wohlergehen heimischer Schlangen-Populationen.
- Foto: privat
- hochgeladen von Christoph Lamprecht
"Alleine im letzten Jahr habe ich rund 150 Anrufe, Nachrichten und Mails beantwortet", verrät der Schlangen-Experte, der mit einer falschen Vorstellung aufräumen möchte, "viele glauben, wenn sie anrufen, dass wir automatisch kommen und die Tiere mitnehmen. Das geht aber von unseren Ressourcen her nicht und hat auch ökologisch keinen Sinn, weil es ja einen Grund hat, wenn wo eine Schlange lebt. Wird die entfernt, nimmt eine andere deren Platz ein." Daher gehören, wie Stangl erläutert, viele Überzeugungsgespräche zu seinem Job: "Wir telefonieren oft eine Dreiviertelstunde, Stunde, um die Leute zu überzeugen, dass sie lernen müssen, mit den Tieren zu leben. Das sind teilweise fast Psychotherapien, die auch nicht immer erfolgreich sind."
Schlangen in und um Graz
Eine Entwarnung vorweg: Im Großraum Graz leben mit Ringelnatter, Äskulapnatter, Schlingnatter und Würfelnatter vier Schlangenarten, die weder giftig sind noch in einer anderen Weise dem Menschen gefährlich werden. Aufpassen müssen hingegen neben Kröten und Fischen vor allem Mäuse und Ratten, deren Zahl die Kriechtiere gekonnt in Schach halten – nicht unwichtig nach einem milden Winter, der das Wachstum der Nagetierpopulation begünstigt hat.

- Die giftige Kreuzotter kommt im Großraum Graz nicht vor und lebt nur in alpinen Gefilden.
- Foto: Werner Stangl
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Wovor man dennoch keine Angst haben müsse, ist eine Schlangenplage, wie Stangl festhält: "Einerseits stehen sämtliche heimische Arten unter strengem Schutz, und das nicht ohne Grund, andererseits sind Schlangen Einzelgänger, die sich keinesfalls zusammenrotten, sondern über Gebiete hinweg verteilen." Was dennoch vorkommen kann: "Dass zum Beispiel in einem Komposthaufen ein Gelege mit 10 oder 15 Jungtieren schlüpft, aber auch die gehen danach alle ihre eigenen Wege." Nach einem ersten Schreck brauche also niemand in Panik zu geraten, rät Reptilien-Fachmann Werner Stangl zur Gelassenheit: "Die Menschen müssen einfach akzeptieren, dass sie ihren Lebensraum mit Schlangen teilen. Im Grunde sind wir eine Bedrohung für sie und nicht umgekehrt."
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