Burgenland-Legenden
Die versenkte Stadtkasse im Neusiedler See
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- Der Steppensee war nicht nur ein beliebter Ort, um die Angel auszuwerfen, sondern er galt auch als gutes Versteck für die Stadtkasse.
- Foto: Stadtarchiv Rust
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Legenden, Mythen und Volksmärchen ranken sich um den Neusiedler See. So war der Steppensee nicht nur ein beliebter Ort, um die Angel auszuwerfen, sondern er galt auch als gutes Versteck für die Stadtkasse. Die eiserne Kasse bleibt bis heute in den Tiefen des Sees verborgen.
RUST. Franz II. Rákóczi von Felsővadász (1676-1735) gilt heute als Nationalheld in Ungarn und war seinerzeit der reichste Adelige im gleichnamigen Königreich. Er war Anführer der letzten und größten Erhebung des ungarischen Adels gegen die Habsburger. Als er 1704 mit seiner aus knapp 60.000 Reitern bestehenden „Kuruzen-Armee“ gegen Wien zog, plünderten seine Truppen in den Dörfern des westungarischen Raumes und trieben somit auch in Rust ihr Unwesen.
Die Freistadt Rust verfügte schon damals über eine solide Finanzgebarung, die durch ausreichend vorhandene Barmittel besichert war. Aufbewahrt wurden die in großer Zahl vorhandenen Gold- und Silbertaler in einer eisernen Kasse, die den gefürchteten Soldaten keinesfalls in die Hände fallen durften. Nach langen und intensiven Beratungen erinnerten sich die Stadtväter, dass der Neusiedler See als ideales Versteck dienen könnte.
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- Franz II. Rákóczi von Felsővadász trieb im Jahre 1704 sein Unwesen in Rust. Um die Stadtkasse vor den Plünderern zu schützen, versteckte man sie im Neusiedler See.
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Sicheres Versteck für kostbaren Schatz
Die Rebellen unter Rákóczys Führung waren bereits im Anmarsch. Da hieß es, rasch die eiserne Stadtkasse mit all den vielen Gold- und Silbertalern in Sicherheit zu bringen. Schnell entschlossen luden die Herren Stadtväter die schwere Truhe auf ein Boot und fuhren sie hinaus auf den See, um sie dort zu versenken. Weit draußen auf der schier unübersehbaren Wasserfläche angelangt, hielten sie an und begannen den kostbaren Schatz den schützenden Fluten zu übergeben. Da fiel zum Glück noch in letzter Minute einem der Stadtväter ein, dass der See die Kasse zwar sicher vor den Augen der Rebellen verbergen werde, dass aber auch sie wahrscheinlich ihre Goldfüchse niemals wiedersehen werden, wenn sie die Stelle nicht genauestens bezeichnen.
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- Aufbewahrt wurden die in großer Zahl vorhandenen Gold- und Silbertaler in einer eisernen Kasse.
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"Gut versteckt, aber nie wieder gefunden"
Nach langer Beratung entschied man sich dazu, vorerst in das Boot eine Kerbe zu schneiden und dann an der so gekennzeichneten Stelle die Truhe zu versenken. Gesagt, getan. Die Herren ruderten mit ihrem Boot wieder an Land, in dem Glauben, ihre Taler gut versteckt zu haben. Als die Rebellen endlich abgezogen waren, gingen die Stadtväter zu ihrem Boot, um die Taler wieder zurückzuholen. Jedoch befand sich Kerbe noch am Boot, die Kasse aber ruhte weit draußen im See, wo sie angeblich heute noch liegen soll. "Gut versteckt aber nie wieder gefunden", resümiert Wolfgang Bachkönig, der Leiter des Ruster Stadtarchivs.
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- Noch heute spricht die Ruster Bevölkerung von der versenkte Stadtkasse im Neusiedler See. Ob sie jemals gefunden wird?
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Wassertiefe einmal anders gemessen
Heute kann unmöglich gesagt werden, wo der Ruster Schatz im Neusiedler See begraben liegt. Allerdings geben auch die Wasserstandsmessungen zur damaligen Zeit Rätsel auf. Während heutzutage Sensoren auf unterschiedlichen Messpunkten im See rund um die Uhr den aktuellen Wasserstand (über Adria) millimetergenau anzeigen, so gehörten manuelle Wasserstandsmessungen damals zum Alltag.
Dokumente der letzten Jahrhunderte beweisen, dass der Wasserstand im Neusiedler See immer sehr unterschiedlich war. Von der Austrocknung sowie einer Wassertiefe von bis zu fünf Metern wird berichtet. Die Ruster haben dies genau dokumentiert und die Messpunkte einfach den Gegebenheiten angepasst.
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- Dokumente der letzten Jahrhunderte beweisen, dass der Wasserstand im Neusiedler See immer sehr unterschiedlich war. Die Ruster haben dies genau dokumentiert und die Messpunkte einfach den Gegebenheiten angepasst.
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Die versetzte Höhenmarke
Eine Reisegesellschaft war in Rust eingetroffen. Der Bürgermeister zeigte höchstpersönlich den Teilnehmern die Sehenswürdigkeiten der Stadt und führte sie dabei unter anderem auch zu einer Höhenmarke, die den Wasserstand des Sees in einem längst verflossenen wasserreichen Jahre anzeigen sollte.
Da die Marke an einem Haus in etwa Mannshöhe angebracht war, wunderten sich die Fremden sehr und fragten, ob es denn überhaupt möglich sei, dass das Wasser damals bis zu dem angebrachten Strich gereicht habe? Der Bürgermeister aber antwortete gelassen: „Ach nein, der Strich, der den Wasserstand anzeigt, war früher ohnedies viel weiter herunten, aber weil ihn da die Kinder immer wegkratzten, setzten wir ihn einfach weiter hinauf.“
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