Interview mit Gabi Plattner
Ort der Hilfe für Frauen
Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem. In Tirol sorgen Frauenhäuser für Schutz. Der Bedarf an solchen Einrichtungen ist hoch, nach neuen Standorten wird in allen Bezirken dringend gesucht.
TIROL. Seit 1981 gibt es das Tiroler Frauenhaus, eine Unterkunft für misshandelte Frauen und Kinder und eine Beratungsstelle. Gabi Plattner, seit 2006 Geschäftsführerin, kämpft seit ihrer Jugend um Gleichberechtigung und ist um jede Unterstützung froh.
Dazu gehört auch die jährliche Benefizaktion in Affenhausen: Am Sonntag, 11.8., rührt die Familie Stecher erneut die Werbetrommel für die Benefiz-Lithografie und sorgt dafür, dass der Spendenfluss nicht versiegt - Vorschau dazu hier: Stecher & Stecher helfen auch heuer Tiroler Frauen
Das Geld wird auch dringend für das neue Frauenhaus benötigt, das jetzt eingerichtet wird, und Plattner zeitlich fordert. "Ich bin den ganzen Tag durchgetaktet, muss viel organisieren", so Plattner – trotzdem nahm sie sich Zeit für das Interview:
BEZIRKSBLÄTTER: Wie kam es dazu, dass Sie sich so für Frauen einsetzen, die Gewalt erfahren?
GABI PLATTNER: Ich bin so aufgewachsen, habe früh gelernt, dass man sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen muss. In Beziehungen, die nicht gleichberechtigt sind, kommt es viel häufiger zu Gewalt.
Diese "Rollenverteilung" ist z.B. bei Muslimen ausgeprägt, oder?
Nein, das kann man so nicht sagen. Im Frauenhaus haben wir zwar mehr Frauen mit Migrationshintergrund, aber nur deswegen, weil sie eher das Frauenhaus aufsuchen als dass sie das Gewaltschutzgesetz beanspruchen. Sie sind aber nicht vermehrt von Gewalt betroffen. Auch in der Tiroler Kultur gibt es patriarchische Familiensysteme, wo die Gefahr hoch ist, Gewalt zu erleben.
In kleinen Orten ist die Hemmschwelle bei Frauen höher, sich beraten zu lassen ...
Das würden ev. betroffene Frauen im ländlichen Gebiet so beantworten, aber da habe ich keine seriöse Statistik. Wenn der Partner gewalttätig wird, wird das oft verschwiegen. Daher ist es gut, wenn das Frauenhaus ein anonymer Ort ist, wohin Frauen flüchten können, ohne dass es wer mitbekommt.
Wie kann das Frauenhaus helfen?
Wir bieten in erster Linie Schutz sowie Unterstützung, Beratung, Begleitung und Hilfe in sozialarbeiterischen Dingen, Rechtsberatung, Prozessbegleitung. Es geht darum, die Situation zu verbessern, mit dem Ziel, ein gewaltfreies Leben zu haben. Frauen müssen wissen, welche existenziellen und auch rechtlichen Möglichkeiten sie haben. Welchen Weg die Frau einschlägt, ob sie wieder zum Partner zurück geht, das entscheidet die Frau alleine. Es gibt auch sog. "High Risc Victims", also Frauen, bei denen ein hohes Risiko besteht, schwer verletzt oder getötet zu werden, darauf wird besonders geachtet, das betrifft auch die Kinder. Bei den Frauenmorden war Österreich im Vorjahr EU-weit an der traurigen ersten Stelle. Es ist ein Problem, das alle Kulturen betrifft. Weltweit erlebt jede dritte Frau körperliche Gewalt.
Gibt es über die Jahre gesehen ein Kernproblem, warum Frauen ins Frauenhaus kommen, ändert sich das?
Seit Beginn der Frauenhäuser hat sich das Kernproblem leider nicht verändert, nämlich dass Abhängigkeitsverhältnisse gewaltvoll missbraucht werden. Deshalb macht es Sinn, sich für die Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. Wenn es Abhängigkeitsverhältnisse gibt, heißt es zwar nicht unbedingt, dass es immer zur Gewalt kommt, aber die Gefahr ist hier viel größer.
Wie viele Frauen sind im Frauenhaus beherbergt?
Es gibt auch andere Einrichtungen, die Schutzplätze anbieten. Wir im Tiroler Frauenhaus haben derzeit nur Platz für acht Frauen und zehn Kinder. Für ganz Tirol ist das sehr wenig. Deshalb kämpfen wir schon so lange für ein neues Haus. Wir haben derzeit neun Mitarbeiterinnen die zudem sieben Übergangswohnungen und die Beratungsstelle betreuen.
Wie weit ist das neue Haus?
Wir werden voraussichtlich im September den Betrieb starten. Großer Wunsch wäre ein Frauenhaus auch im Oberland, der Bedarf ist im ganzen Land groß. Im neuen Haus, das jetzt fertig wird, bieten wir 16 Wohneinheiten, wir werden sozusagen doppelt so groß.
Da hilft auch das Afra-Fest in Wildermieming ...
Die Öffentliche Hand sollte den Hauptteil beisteuern. Mit Spenden kann man nicht kalkulieren, wir brauchen aber das Geld für Frauen, die mittellos sind, die keinen Anpruch auf Sozialleistungen haben. Die geplante Mindestsicherung ist eindeutig eine Schlechterstellung besonders für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Die Afra-Benefizaktion hilft uns sehr dabei, zu helfen (Beitrag hier: 140 "Strohsäcke" für Tiroler Frauen).
Interview: Georg Larcher
Spenden für das Tiroler Frauenhaus
Gerne nimmt der Verein Tiroler Frauenhaus Spenden zur Finanzierung der Innenausstattung im neuen Haus entgegen: Spendenkonto "Neues Haus" bei der Tiroler Sparkasse, IBAN: AT11 2050 3000 0004 6797
Die Spenden sind steuerlich absetzbar.
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