Armut wird aus Scham versteckt
SALZBURG (lg). Armut und Not spielen sich aus Schamgefühl oft im Stillen ab, hinter verschlossenen Türen - und dennoch sind auch in einer Stadt wie Salzburg viele Menschen tagtäglich damit konfrontiert. 92.000 Menschen sind in Salzburg arm oder armutsgefährdet. Nach wie vor sind besonders viele Frauen betroffen, insbesondere Alleinerzieherinnen. "Diese Frauen sind einem finanziellen, aber auch emotionalen Druck ausgesetzt. Sie können ihre Wohnungen nicht mehr entsprechend heizen, die Mieten oder den Strom nicht mehr bezahlen und für Kleidung fehlt auch das nötige Geld", erklärt der Direktor der Caritas Salzburg, Johannes Dines zum Auftakt der Caritas Inlandskampagne.
Beengte Wohnverhältnisse
In Salzburg lebt bereits jede zehnte Familie unter der Armutsgrenze. Das sind 24.000 Personen, für die alltägliche Ausgaben zum Problem werden. "Wenn man sich den Anstieg an den Mietkosten in den letzten Jahren anschaut, dann verwundert das nicht. Eigentum bleibt sowieso eine Utopie. Kinder müssen oft in beengten Wohnverhältnissen aufwachsen, wo dann auch der nötige Platz zum Lernen und zum Rückzug fehlt", betont Dines.
Alleinerziehende Mütter
Zwei Frauen, die selbst in Not geraten sind und auf die Unterstützung der Caritas angewiesen sind, sind Julia Priester und Bianca Kieninger. Aufgrund prekärer Familienverhältnisse musste Priester nach der Trennung der Eltern in ein Heim und in betreute Wohngemeinschaften. "Ich war mal hier mal dort, ich bin überall rausgeflogen und schließlich in der Caritas-Notschlafstelle Exit7 gelandet. Mit 16 wurde ich dann schwanger und kam ins Mutter-Kind-Heim, mit 20 bekam ich mein zweites Kind. Derzeit mache ich eine Ausbildung zur Bürokrauffrau, aber zum Leben bleibt natürlich viel zu wenig", erzählt die 26-Jährige, die von der Caritas Unterstützung bei Zahnarztrechnungen oder Stromzahlungen bekommt. Anders das Schicksal der 30-jährigen Bianca Kieninger. "Mit 25 wurde ich schwanger, meine Tochter kam mit dem sogenannten Vacterl-Syndrom auf die Welt, wodurch ihre motorische Entwicklung verzögert wurde. Mein Mann hat uns dann nach zwei Jahren verlassen und ich stand allein da. Leider hat sich durch dieses psychische Belastung auch mein Gesundheitszustand verschlechtert, ich nahm innerhalb kürzester Zeit 60 Kilo ab und mehrere Operationen folgten. Dadurch konnte ich mich nicht allein um mein Kind und den Haushalt kümmern und ich habe mich an die Familienhilfe der Caritas gewandt", erzählt Kieninger.
Soziale Schere geht weiter auseinander
Dines befürchtet, dass die soziale Schere immer weiter auseinander gehen wird. "Die Mittelschicht dünnt immer mehr aus, es bedarf hier einer sozialen Absicherung, die über die Mindestsicherung hinausgeht, etwa bei den alleinerziehenden Müttern. Es muss ein Umdenken stattfinden, in dem präventiv gehandelt wird und den Menschen rechtzeitig geholfen wird, damit sie wieder auf eigenen Beinen stehen können", so Dines.
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