Oberwart
Wehoferbach-Wiese mit seltenen Tier- und Pflanzenarten
Die Pfeifengraswiese in der Nähe des Modellflugplatzes ist seit 2010 ein Geschützter Lebensraum.
OBERWART. Per Verordnung erklärte die Burgenländische Landesregierung am 12. Mai 2010 die "Wehoferbachwiese" zum "Geschützten Lebensraum". Die Pfeifengraswiese - der Wiesentypus wird nach der dominanten Grasart benannt - beheimatet zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten und konnte als Besonderheit bewahrt werden.
"Es war hier geplant, eine Teichanlage und später einen Holzlagerplatz für die Biomasseanlage zu errichten. Nach Interventionen bei der Gemeinde konnte dies verhindert werden. Da war neben mir damals vor allem auch der Oberwarter Stadtrat Josef "Joschi" Wild sehr engagiert. Ihm ist bei der Erhaltung dieser Feuchtwiese sehr viel zu verdanken. Zunächst hat die Stadtgemeinde die Wiese als "Naturschutzfläche" deklariert und danach die Landesregierungoffiziell als „Geschützten Lebensraum", berichtet Naturschutzorgan Josef Weinzettl vom Naturschutzbund Burgenland bzw. von der Naturschutzorganisation.
Viele Besonderheiten
"Diese Wiesenfläche ist extrem wertvoll. Derartige Wiesentypen gibt es im Burgenland nur noch sehr selten. Sie ist die Heimat von einigen ganz besonderen Vertretern aus Flora und Fauna, darunter auch Blumen und Tiere, die schon sehr selten sind. Hervorzuheben sind da bei den Pflanzen die Sumpf-Schafgarbe oder der im Spätsommer blühende Lungen-Enzian, der eine fast einzigartige Rarität darstellt. Es gibt hier auch das Groß-Pfeifengras, den Schlangen-Köterich, Kriechweide oder die Niedrig-Schwarzwurzel, Teufelsabbiß, den raren Langblatt-Blauweiderich oder die Trollblume, die als Relikt der Eiszeit vor allem in den kühlen Tagen im Frühsommer blüht", berichtet Weinzettl.
Im Bereich der Fauna streicht Weinzettl verschiedene Schrecken-Arten (u.a. Gestreifte Zartschrecke, Roesels Beißschrecke, Große Schiefkopfschrecke, Großes Heupferd), verschiedene Falterarten, den seltenen Lungenenzian-Ameisenbläuling oder Schwarzblauer Bläuling hervor.
Sibirische Schwertlilie und Wiesenknopf
Eine Blume, die sich auf dieser Wiese besonders wohl fühlt, ist die Sibirische Schwertlilie. "Der bekannte "Pflanzenpapst" Univ. Prof. Manfred A. Fischer hat gemeint, als er das erste Mal die Wehoferbachwiese sah: "Dieses Vorkommen der Sibirischen Schwertlilie hier ist bald interessanter als auf den Iris-Wiesen im Ennstal." Diese Aussage streicht die Bedeutung dieser Feuchtwiese hervor", betont Weinzettl.
Der Große Wiesenknopf ist hier ebenso zu finden und bietet Heimat für den "Wiesenknopf-Ameisenbläuling". "Dieser stellt eine große Rarität dar und ist gleichzeitig mit einer faszinierenden Geschichte behaftet. Der Schmetterling legt seine Eier auf dem Großen Wiesenknopf ab. Die Raupe ernährt sich von dieser und ist sie dann vollgefressen, lässt sie sich fallen und von einer bestimmten Ameisenart (Rote Gartenameise) in den Ameisenhaufen transportieren. Sie nimmt dort den Geruch der Ameisen an und wird deshalb von diesen nicht angegriffen. Die Raupe lebt im Haufen, ernährt sich von der Ameisenbrut und überwintert dort. Hält sie den Ameisengeruch aufrecht, kann sie dann unbehelligt von Ameisen im Frühjahr schlüpfen. Diese Abhängigkeiten zwischen Pflanzen und unterschiedlichen Tiere ist schon sehr interessant", schildert der Naturexperte.
Pflege der Wiese
Um die geschützte Wiese zu erhalten, ist eine regelmäßige Pflege notwendig. "Die große Fläche wird von der Firma Haller aus Markt Allhau gemäht. Kleinere Flächen bzw. Pflegemaßnahmen übernehmen wir vom Naturschutzbund und die Naturschutzorgane im Bezirk. Ein Problem in den letzten Jahren stellt die Goldrute dar, die sich auf der Wiesenfläche stark verbreitet und heimische Gräser und Blumen verdrängt. Da müssen wir intensiv darauf achten, dem entgegenzuwirken", schildert Weinzettl.
In den nächsten Wochen ist wieder eine Pflegemaßnahme unter Leitung des neuen Bezirksleiters der Naturschutzorgane Hans Leitner geplant. "Dieser übernahm die Leitung Ende des Vorjahres von mir. Ich war fast 30 Jahre Leiter der Naturschutzorgane im Bezirk. Aktuell haben wir 43 geprüfte und beeidete Naturschutzorgane sowie zwei Anwärterinnen im Bezirk Oberwart. Hauptamtliches Naturschutzorgan ist Martin Strobl", so Weinzettl.
Gefahren für Wiesenflächen
In den letzten Jahrzehnten kam es zu einem massiven Verlust einst landschaftsprägender Wiesen, wobei insbesondere Feuchtwiesen, Streuobstwiesen, Magerwiesen und Trockenrasen unter die Räder kamen. "Damit einher ging ein sukzessives Verschwinden zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Zusätzlich spielt auch der Klimawandel eine nicht unbedeutende Rolle in Bezug auf die Veränderung der noch bestehenden Wiesenflächen", erläutert Weinzettl.
"Heute müssen wir danach trachten, die noch wenig verbliebenen Wiesenareale zu erhalten und vor allem auch Trittsteinbiotope und Korridore zu schaffen, um diese verbliebenen Flächen miteinander soweit es geht zu vernetzen, damit es nicht zur Verinselung und somit zur genetischen Degeneration kommt, was die Aussterberate vor allem in der Insektenwelt noch einmal dramatisch erhöhen würde", betont er.
Vergößerung geplant
Derzeit umfasst der "Geschützte Lebensraum Wehoferbach-Wiese" 2,7842 Hektar, davon umfasst die Pfeifengraswiese eine Fläche von 1,6180 Hektar und eine Ackerfläche gibt es in der Größe von 1,1662 Hektar. Nun gibt es Bestrebungen, die Gesamtfläche um zwei angrenzende Grundstücke zu erweitern.
"Im Osten geht es da um eine Fläche von 4.912m2 und im Westen von 10.690,25m2. Es gab dazu bereits einen Antrag von Anton Koó, Referatsleiter für Arten- und Lebensraumschutz der Burgenländischen Landesregierung, an die Stadtgemeinde Oberwart als Grundstückseigentümer. Eine Erweiterung wäre zum Schutz der Artenvielfalt mehr als wünschenswert. Diese Pfeifengraswiese ist eine der sehr wenigen ihrer Art im Burgenland", so Weinzettl.
Wanderung in Markt Neuhodis
Am 4. Juni findet in Markt Neuhodis eine weitere Ausbildungsreihe für neue Naturschutzorganinteressenten statt – mit dem Modul „Pflanzenartenschutz“ mit anschließender Exkursion in den Schutzgebieten um Rechnitz (Vortragender und Exkursionsleiter: Josef Weinzettl).
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