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Damals & Heute - Ferdinand Raimund Gedenkstätte und Gedenktafel in Gaaden 1790 bis 2021

- hochgeladen von Robert Rieger
Ferdinand Raimund eigentlich Ferdinand Jakob Raimann (* 1. Juni 1790 in Wien-Mariahilf; † 5. September 1836 in Pottenstein) war ein österreichischer Schauspieler und Dramatiker. Gemeinsam mit Johann Nestroy war er Hauptvertreter des Alt-Wiener Volkstheaters.
Ferdinand Raimund war der Sohn des am 11. Juli 1745 in Prag geborenen Kunstdrechslers namens Jakob Raimann,[1] der seinerzeit Katharina Merz (*ca. 1753), die Tochter seines Meisters, geheiratet und den Betrieb übernommen hatte. Der Vater eröffnete später eine eigene Werkstatt im Haus Mariahilf 10 (heute: Mariahilfer Straße 45, Durchgang zur Windmühlgasse 14 - Passage), wo Raimund geboren wurde. Ferdinand Raimunds Urgroßeltern, Christian und Christine Raimann (die Großeltern seines Vaters Jakob), waren Pächter des Hofwirtshauses „Gasthaus zum Bären“ auf dem Mariahilferberg bei Gutenstein, also in dem Ort, in dem Raimund sich später sein Haus kaufte und auch begraben wurde.
Ferdinand Raimund wurde am 1. Juni 1790 geboren und war das 12. oder 13. Kind seiner Eltern. Neun Geschwister – davon zwei gleichnamige Söhne – waren bereits vorverstorben. Der spätere Schauspieler und Dramatiker wuchs mit zwei älteren Schwestern auf. Seine fast doppelt so alte Schwester Anna zog ihn nach dem frühen Tod der Eltern groß. Trotz bescheidener finanzieller Verhältnisse wurde Ferdinand auf die angesehene St.-Anna-Normalhauptschule geschickt. Nach dem Tode der Mutter am 26. März 1802 an Lungenbrand und des Vaters am 29. November 1804 musste der vierzehnjährige Ferdinand die Schule abbrechen und machte ab 1805 eine Lehre beim Zuckerbäcker Jung in der späteren k.u.k. Hofzuckerbäckerei (heute Konditorei Demel). Als „Numero“ bot er am Nationaltheater (dem späteren Burgtheater) Süßwaren seines Meisters in den Spielpausen an und machte dabei die erste Bekanntschaft mit dem Theater. Besonders imponierte ihm der deutsche Mime Ferdinand Ochsenheimer (1767–1822), der vom 9. bis zum 26. Mai 1807 in Wien gastierte und dessen Stil er einige Jahre lang bis ins kleinste Detail kopierte.
Ein früher Biograph Raimunds, D. F. Reiberstorfer, der Herausgeber des Taschenbuches für das k.k. priv. Theater in der Leopoldstadt, schrieb, der junge Theaterenthusiast habe mit allen Mittel versucht, jede Kleinigkeit seines Vorbildes nachzuahmen, sogar die eigenartige Form des Mundes:
„Mit fanatischer Beharrlichkeit stand Raimund täglich stundenlang vor dem Spiegel, die beiden Mittelfinger im Munde, und zerrte und dehnte auf wahrhaft grauenerregende Weise an den Mundwinkeln.“
Um ebenfalls Schauspieler werden zu können und weil Jung den Verkauf im Nationaltheater zurücklegte, lief er aus seinem Lehrverhältnis davon. Im Frühjahr 1808 machte er vergebliche Versuche, in Wien engagiert zu werden. An der Meidlinger Bühne von Direktor Kralitschek wurde er infolge eines Sprachfehlers abgelehnt und bald darauf in Pressburg einen Tag nach seinem Debüt gekündigt. Von 1809 an bis 1814 tourte er mit verschiedenen Schauspieltruppen durch Westungarn, darunter vom April bis Oktober 1809 in Steinamanger mit der Hainschen Gesellschaft. Dann spielte er bei der Fraselschen Gesellschaft und von April 1810 bis April 1814 bei Christoph Kunis in Ödenburg und Raab, wo er in der Rolle des Intriganten und des komischen Alten gefiel.
1814 kehrte er nach Wien zurück, an das Theater in der Josefstadt, wo er erstmals am 13. April auftrat. Sein künstlerischer Durchbruch gelang ihm am 28. März 1815 in dem Stück Die Musikanten am Hohen Markt seines späteren Schwiegervaters Josef Alois Gleich, einer Alt-Wiener Posse. Der Erfolg, den er als eifersüchtiger Geiger Adam Kratzerl hatte, war überwältigend. Dazu schrieb der Literaturhistoriker Otto Rommel:
„Er tut einem leid und man muß doch zugleich über ihn lachen. Diese Rolle wurde für Raimund ein Erfolg, der über sein Leben und seine Kunst entschied. Sie war von einer Komik, wie sie nur entsteht, wenn Komik zugleich Selbstdarstellung und Selbstbefreiung ist, mag der Darsteller das wissen oder nicht.“
Ab Jänner 1816 übernahm er zusätzlich zu seinen Bühnenrollen die Aufgaben eines Regisseurs, wobei er sich für seine Forderung nach präziser Probenarbeit und Werkstreue manchmal sogar mit Handgreiflichkeiten durchzusetzen versuchte. Am 6. September 1817 beendete er seine Tätigkeit in der Josefstadt.
Ab 4. Oktober 1817 gehörte Raimund dem Ensemble des Leopoldstädter Theaters an, wo er schon vorher in Gastrollen aufgetreten war. Sein erster Bühnenauftritt erfolgte am 11. Oktober, wieder in einem Stück von Gleich, nämlich Herrn von Weißvogels Witwerstand. Hier spielte er nicht nur, unter anderen zusammen mit seinen damals sehr beliebten Kollegen Ignaz Schuster und Friedrich Josef Korntheuer, sondern führte auch Regie. Das Publikum reagierte zum Teil etwas reserviert, da besonders Schuster viele fanatische Anhänger hatte. Hier begann Raimund, selbst Stücke für seine Benefizabende zu schreiben und entwickelte sich immer mehr zum begehrten Bühnenautor. In diese Zeit fiel auch seine Bekanntschaft mit Toni Wagner und seine unglückliche Ehe mit Luise Gleich (siehe Kapitel Raimund und die Frauen).
Im Sommer 1826 verfiel Raimund zum ersten Male seiner panischen Angst vor einer Tollwut-Ansteckung, weswegen er ein Gastspiel in München überstürzt abbrach. Von dieser Phobie kam er bis zu seinem tragischen Ende nicht mehr los.
Raimunds Grab in Gutenstein, Porträtbüste von Josef Alois Dialer
Von April 1828 an war er artistischer Direktor des Leopoldstädter Theaters, dessen Eigentümer Rudolf Steinkeller ihn zwar berief, ihm in der Folge jedoch durch Eingriffe in den Personalstand stets große Probleme bereitete. Schuster und Korntheuer, aber auch Katharina Ennöckl und Therese Krones waren gegangen. Im August 1830 legte er deshalb frustriert seinen Posten zurück und verlegte sich auf Gastrollen im Theater an der Wien, in München und Hamburg.
Seine Liebesaffären und seine Vorstellung von der idealen Liebe prägten ebenso in starkem Maße seine Stücke wie seine Hypochondrie und der Ehrgeiz, eigentlich zum „Tragiker“ geboren zu sein:
„Ich bin zum Tragiker geboren, mir fehlt dazu nix als die G'stalt und 's Organ.“
Trotz seines Ziels, des tragischen Charakterfachs, errang er seine großen Erfolge in komischen Charakterrollen. Immer wieder wurde er deshalb, aber auch wegen seiner Hypochondrie, von Depressionen heimgesucht. Er trat immer seltener auf und zog sich 1834 auf sein Gut Pernitz (Raimundvilla) zurück, das er im September dieses Jahres erworben hatte. Seine Freunde machten sich große Sorgen um ihn, so schrieb Karl Ludwig Costenoble (1769–1837) schon 1832 in sein Tagebuch:
„Der wird noch toll oder bringt sich um.“
1835 plante er einige neue Stücke, von denen außer den Titelangaben (Der Wanderer, Eine Nacht auf dem Himalaja) allerdings nichts überliefert ist. Am 1. Mai 1836 stand er zum letzten Male – als Valentin – während eines Gastspieles in Hamburg mit Missfallenskundgebungen auf der Bühne. Dies machte ihm den Abschied vom Schauspielberuf leicht.
Als Raimund am 25. August 1836 von seinem – von ihm fälschlicherweise für tollwütig gehaltenen – Hund gebissen wurde und seine alte Furcht vor der Tollwut wieder erwachte, versuchte er sich auf der Reise nach Wien zu seinem Arzt in der Nacht vom 29. auf den 30. August 1836 mit einer Kugel in den Mund zu erschießen, die ihn jedoch nur unglücklich traf. Am 5. September verstarb Ferdinand Raimund im Alter von 46 Jahren an den Folgen seiner Schussverletzung in einem Gasthof in Pottenstein. Er liegt auf dem Bergfriedhof zu Gutenstein begraben.
Archiv: © Robert Rieger
Quelle: Wikipedia
Fotos: © Robert Rieger Photography
© Circus & Entertainment Pics by Robert Rieger
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