Lavanttaler Mentaltrainer
"In Österreich kann sich jeder Coach nennen"
Spitzensportler vertrauen sich dem St. Andräer Mentalcoach Hermann Tatschl an, um in Wettkampfsituationen das Beste aus sich herauszuholen. Der Mentaltrainer warnt vor Abzockern im Internet.
Daniel Polsinger
Dass Top-Athleten auf die Fähigkeiten von Mentalcoaches vertrauen, wenn es darum geht, ihr Potential im Wettkampf voll auszunutzen, ist heute eine ganz normale Sache. Doch das war nicht immer so, wie der erfahrene Lavanttaler Mentalcoach Hermann Tatschl (72) zu berichten weiß. „Ich wurde von Sportlern oft verleugnet und wurde als ‚Freund der Familie‘ oder ‚Cousin‘ vorgestellt. Mentaltrainer waren früher was für Leute, die einen ‚Huscher‘ hatten. Erst mit dem Selbstmord des deutschen Fußballtorwarts Robert Enke 2009 hat sich das zu ändern begonnen. Man erkannte langsam, dass nicht nur der körperliche, sondern auch der psychische und emotionale Zustand der Sportler berücksichtigt werden musste“, sagt der St. Andräer, der im Laufe der Jahrzehnte mit zahllosen Spitzenathleten und deren Trainerin, vor allem im Tennissport, aber auch im Motorsport, alpinen Skilauf und Straßenradsport, zusammengearbeitet hat.
Erfolgsmentalität
Das Leistungsniveau im Spitzensport ist mittlerweile dermaßen hoch, dass zwischen den technischen Fähigkeiten der Athleten kaum noch Unterschiede auszumachen sind. Entscheidend sind dann nur noch die Tagesverfassung und die Erfolgsmentalität. „Das unterscheidet die wirklich Großen von den Guten“, meint Tatschl. Und er ist sich sicher: Erfolgsmentalität lässt sich erarbeiten. „Nicht nur im Sport, auch in vielen anderen Lebensbereichen“, versichert er. Tipps dafür, wie das gelingen kann, gibt er in seinem Buch „Erfolgsmentalität – mit der Kraft des Geistes Grenzen überwinden“, das im Vorjahr am „novuum“-Verlag erschienen ist.
Das Beste herausholen
„Jeder Mensch, der ein Ziel hat und bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen, persönliche Grenzen zu erweitern und Neues in sein Leben zu bringen, kann von Mentalcoaching profitieren, egal ob im Sport, in der Schule, im Studium, im Beruf, in der Kunst oder in der Politik“, so der Lavanttaler. „Mein Job ist es, gemeinsam mit dem Coachee einen Wunsch zu einer Vision und danach die Vision zu einem Ziel weiterzuentwickeln. Gemeinsam wird dieses Ziel gefestigt und wir entwerfen einen Weg dorthin, auf dem es immer auch gilt, mehrere Zwischenziele zu erreichen.“ Es gehe nicht darum, einen Menschen zu verändern, sondern das aus ihm herauszuholen, was in ihm steckt.
Große Namen, junge Talente
Tatschls Laufbahn nahm nach seiner Ausbildung zum Mentalcoach durch die Freundschaft mit der ehemaligen Nummer 18 der Tennisweltrangliste, Horst Skoff, so richtig Fahrt auf. „Ich stand mit Horst praktisch täglich in Verbindung und lernte dabei, welche körperliche, psychische und mentale Intensität und Präsenz Erfolg im internationalen Spitzensport erfordert. Das hat mich nicht mehr losgelassen“, erinnert sich Tatschl. Seine Ausbildung absolvierte er gemeinsam mit Ronnie Leitgeb, ehemaliger Trainer von Thomas Muster. „Leider sind Horst und Ronnie viel zu früh verstorben“, blickt Tatschl zurück. Seit elf Jahren verbindet ihn eine enge Freundschaft mit der früheren österreichischen Spitzenspielerin und jetzigen Verbandstrainerin Babsi Schwartz, zweifache Viertelfinalistin bei den French-Open. Auch heimische Nachwuchssportler wie die Tennisspielerin Elena Karner und Ski-Ass Oscar Heine arbeiten mit ihm zusammen.
Nicht alle sind seriös
Der Coachbegriff wird mittlerweile inflationär verwendet. Im Internet locken zwielichtige „Coaches“ mit kostspieligen Programmen und leeren Versprechungen. „Der Begriff ‚Coach‘ ist in Österreich nicht geschützt. Jeder, der ein paar Wochenendkurse absolviert, nennt sich heute so“, meint Tatschl. Seine eigene Ausbildung umfasste drei Jahre Studium in Bregenz sowie 710 dokumentierte, praktische Arbeit unter Supervision. „Es gibt in Österreich nur wenige seriöse Ausbildungen zum Mentalcoach. Man sollte sich hier vorher genau erkundigen“, rät Tatschl.
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